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       # taz.de -- +++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Waffendebatte im Westen öffnet sich
       
       > In die Debatte um den Einsatz westlicher Waffen durch die Ukraine auf
       > russischem Boden kommt Bewegung. Russland will China als
       > Friedensvermittler.
       
   IMG Bild: US-Außenminister Antony Blinken in Moldau
       
       ## Blinken für Flexibilität in der Waffendebatte
       
       In der [1][Debatte um den Einsatz westlicher Waffen] durch die Ukraine
       gegen militärische Ziele in Russland hat US-Außenminister Antony Blinken
       Flexibilität angedeutet. Seit Beginn des Krieges habe die US-Regierung ihre
       Unterstützung für die Ukraine an die sich verändernden Bedingungen
       angepasst, sagte Blinken am Mittwoch während eines Besuchs im kleinen
       Nachbarland Moldau. Und er sei „zuversichtlich, dass wir das auch weiterhin
       tun werden“.
       
       Blinken war bei einer Pressekonferenz mit Moldaus Präsidentin Maia Sandu in
       der Hauptstadt Chisinau von einem Journalisten gefragt worden, ob
       US-Präsident Joe Biden zu einer Aufhebung der bestehenden Einschränkungen
       bewegt werden könne. Blinken entgegnete, die US-Regierung habe Angriffe mit
       US-Waffen auf Ziele außerhalb der Ukraine weder ermöglicht noch dazu
       ermutigt. Die Ukraine müsse selbst entscheiden, wie sie sich am besten
       verteidigen könne. „Wir werden dafür sorgen, dass sie die dafür notwendige
       Ausrüstung erhält.“
       
       Wörtlich betonte Blinken, ein Kennzeichen der US-amerikanischen
       Unterstützung für die Ukraine in den mehr als zwei Jahren seit Kriegsbeginn
       sei es stets gewesen, „sich anzupassen, wenn die Bedingungen sich
       verändern, wenn das Schlachtfeld sich ändert, wenn Russland sein Handeln
       verändert (…). Wir haben uns ebenfalls daran angepasst und verändert, und
       ich bin zuversichtlich, dass wir das auch weiterhin tun werden.“
       
       Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte am Dienstag deutlich gemacht,
       der Ukraine erlauben zu wollen, militärische Stellungen auf russischem
       Territorium auch mit westlichen Waffen anzugreifen. Zuletzt hatte auch
       Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg Druck gemacht, bestehende
       Beschränkungen in dieser Frage aufzuheben.
       
       Die USA stellen der Ukraine ihre Waffen bislang zur Verfügung, damit diese
       ihre besetzten Gebiete befreit, aber nicht für Angriffe auf Russland
       selbst. Offiziell geändert hat die US-Regierung ihre Position nicht.
       
       „Es gibt keine Änderung unserer Politik: Wir ermutigen weder dazu, noch
       ermöglichen wir den [2][Einsatz von US-Waffen auf russischem Boden]“, sagte
       der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby, am
       Mittwoch. Er äußerte sich vor Journalisten, während Blinken noch in Moldau
       war. Gleichzeitig betonte auch Kirby, dass die USA ihre Unterstützung schon
       bisher an die sich verändernden Bedingungen auf dem Schlachtfeld und die
       Bedürfnisse der Ukraine angepasst hätten. Dies werde auch künftig der Fall
       sein.
       
       Die New York Times hatte vor einigen Tagen berichtet, Blinken werbe
       innerhalb der Regierung dafür, der Ukraine den Einsatz von US-Waffen gegen
       Ziele innerhalb russischen Gebiets zu ermöglichen. Er wolle Präsident Biden
       dazu bewegen, die Einschränkungen aufzuheben, hieß es. Das Außenministerium
       wollte den Bericht damals weder dementieren noch bestätigen. (dpa)
       
       ## Pistorius äußert sich zurückhaltend zu Waffeneinsatz
       
       Verteidigungsminister Boris Pistorius äußerte sich zu der Diskussion mit
       Blick auf von Deutschland gelieferte Waffen derweil zurückhaltend. „Klar
       sollte sein, im Interesse auch militärischer Taktik und Strategie, dass man
       nicht öffentlich darüber diskutiert, was geht, was erlaubt ist und was wir
       möchten oder sehen möchten oder nicht“, sagte der SPD-Politiker beim Besuch
       der Flugabwehrraketengruppe 21 in Sanitz in Mecklenburg-Vorpommern, die das
       Waffensystem Patriot einsetzt. „Das Völkerrecht lässt das alles zu. Was
       dann im Einzelnen geregelt ist zwischen den Staaten, das hat der Kanzler
       gestern gesagt, ist eine Regelung zwischen den Staaten.“
       
       Im Deutschlandfunk sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des
       Bundestags, [3][Michael Roth] (SPD), der Ukraine müsse der Einsatz
       westlicher Waffen für Angriffe auf Ziele in Russland erlaubt werden. Er
       rate sehr, dem NATO-Generalsekretär Stoltenberg zu folgen.
       
       Die Diskussion dürfte ein zentrales Thema beim Treffen der
       Nato-Außenminister ab Donnerstag in Prag sein, bei dem es über die weitere
       Unterstützung der Ukraine gehen soll.
       
       Mit Blick auf die [4][Äußerungen des französischen Präsidenten Macron] hieß
       es im Vorfeld des Treffens aus diplomatischen Kreisen eines
       Nato-Mitgliedsstaats, die „Ideen von Präsident Macron“ seien „eindeutig
       hilfreich“ für diejenigen Nato-Mitglieder, die glaubten, dass „diese Regel
       geändert werden sollte“. Es sei „zu hoffen, dass bei den Debatten in den
       USA Macrons Ideen berücksichtigt werden“.
       
       Die Außenministerinnen und -minister der 32 Mitgliedsländer kommen am
       Donnerstagabend auf der Prager Burg zu einem informellen Abendessen
       zusammen. Die eigentlichen Beratungen sind für Freitag geplant.
       (dpa/afp/taz)
       
       ## Selenskyj optimistisch vor Schweizer Friedensgipfel
       
       Rund zweieinhalb Wochen vor dem geplanten Ukraine-Friedensgipfel in der
       Schweiz äußerte sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj derweil
       hoffnungsvoll mit Blick auf die Veranstaltung. Russland übe zwar Druck auf
       Staaten aus, damit diese nicht teilnehmen, sagte Selenskyj in seiner
       abendlichen Ansprache am Mittwoch. Es sei aber „nicht länger in der Lage,
       den Gipfel zu stören, auch wenn es sich große Mühe gibt, das zu tun“.
       
       Die Schweiz organisiert das Treffen auf Wunsch der Ukraine am 15. und 16.
       Juni auf dem Bürgenstock bei Luzern. Der Gipfel soll mehr internationale
       Unterstützung für das von Russland angegriffene Land mobilisieren. Die
       Ukraine hofft, neben Unterstützerländern auch neutrale oder gar mit
       Russland befreundete Staaten von ihrer Position zu überzeugen. Vor allem
       China wird umworben.
       
       Es geht bei dem Treffen nicht um direkte Verhandlungen mit Russland,
       sondern in einem ersten Schritt um die Ausarbeitung von
       Friedensperspektiven. Moskau ist nicht eingeladen, lehnt eine Teilnahme
       aber ohnehin ab. (dpa)
       
       ## Russland bringt China als Friedensvermittler ins Spiel
       
       Unterdessen hat Russland China als Ausrichter einer Friedenskonferenz im
       Ukraine-Krieg ins Spiel gebracht. China könnte eine Friedenskonferenz
       einberufen, an der Russland und die Ukraine teilnehmen würden, sagte
       Außenminister Sergej Lawrow der russischen Nachrichtenagentur RIA in einem
       am Donnerstag veröffentlichten Interview. Ein solcher Schritt wäre eine
       Fortsetzung der Bemühungen der Regierung in Peking um eine Lösung der
       Ukraine-Krise.
       
       Russland teile Chinas Standpunkt, dass in erster Linie die Ursachen des
       Konflikts angegangen werden und die rechtlichen und sicherheitsrelevanten
       Interessen aller Parteien geschützt werden müssten. „Ich möchte noch einmal
       betonen, dass dies bedeutet, die Realitäten vor Ort zu respektieren, die
       den Willen der dort lebenden Menschen widerspiegeln.“
       
       Russland und China haben im Zuge des Ukraine-Kriegs ihre enge
       Zusammenarbeit weiter ausgebaut. Russland hat wiederholt zu Gesprächen
       unter der Bedingung aufgerufen, dass Kyjiw und der Westen seine
       Gebietsgewinne im Osten der Ukraine anerkennt. Kyjiw hat dieses Vorgehen
       abgelehnt. Russland hat im Zuge seiner vor mehr als zwei Jahren begonnenen
       Invasion vier ukrainische Regionen im Osten und Süden annektiert wie auch
       schon 2014 die Halbinsel Krim. Die Ukraine fordert in ihrem Friedensplan
       hingegen einen vollständigen Abzug der russischen Truppen und eine
       Wiederherstellung der international anerkannten Grenzen. (rtr)
       
       30 May 2024
       
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