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       # taz.de -- +++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Berlin folgt Washington
       
       > Die Bundesregierung erlaubt der Ukraine den Einsatz westlicher Waffen für
       > Angriffe auf russisches Staatsgebiet. Nato-Chef Stoltenberg sieht keine
       > Eskalationsgefahr.
       
   IMG Bild: Panzermunition in einem Depot der Firma Rheinmetall
       
       ## Berlin erlaubt Einsatz deutscher Waffen gegen Russland
       
       Die Bundesregierung erlaubt der Ukraine den Einsatz deutscher Waffen über
       die Grenze hinweg in das an die Region Charkiw angrenzende russische
       Gebiet. Die Ukraine sei in den vergangenen Wochen „insbesondere im Raum
       Charkiw von Stellungen aus dem unmittelbar angrenzenden russischen
       Grenzgebiet“ angegriffen worden, teilte Regierungssprecher Steffen
       Hebestreit am Freitag mit. „Gemeinsam sind wir der Überzeugung, dass die
       Ukraine das völkerrechtlich verbriefte Recht hat, sich gegen diese Angriffe
       zu wehren.“
       
       Auf dem Katholikentag in Erfurt warnte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vor
       einer Ausweitung des Ukraine-Krieges. „Wir müssen den großen Krieg
       vermeiden“, sagte Scholz mit Blick auf eine mögliche militärische
       Auseinandersetzung zwischen Russland und der Nato. Zugleich mahnte er zu
       einer weiterhin engen Abstimmung der Verbündeten bei der Unterstützung der
       Ukraine zur Verteidigung gegen Russland. Auf die aktuelle Debatte,
       inwieweit aus Deutschland gelieferte Waffen künftig von der Ukraine auch
       auf russischem Gebiet eingesetzt werden dürfen, ging Scholz nicht ein.
       
       Die US-Regierung hatte zuvor der Ukraine die Erlaubnis erteilt,
       amerikanische Waffen in begrenztem Umfang gegen Ziele auf russischem Gebiet
       einzusetzen. Dies gelte ausschließlich für Gegenschläge zur Verteidigung
       der ostukrainischen Großstadt Charkiw, teilte ein US-Regierungsvertreter in
       Washington mit. Das ukrainische Militär solle in die Lage versetzt werden,
       gegen russische Streitkräfte vorzugehen, „die sie angreifen oder sich
       vorbereiten, sie anzugreifen“.
       
       [1][Ob die Ukraine sämtliche vom Westen gelieferten Waffen] auch für
       Angriffe auf militärische Ziele in Russland nutzen können sollte, wird
       unter Nato-Staaten kontrovers diskutiert. Die Ukraine fordert dies seit
       längerem, um russische Stellungen in dem seit mehr als zwei Jahren
       andauernden Krieg effektiver bekämpfen zu können. Bisher setzt das Land
       dafür vor allem eigene Raketen und Drohnen ein. Die westlichen Waffen
       zielen bislang in erster Linie auf russische Stellungen in den von Moskau
       besetzten Gebieten der Ukraine.
       
       Länder wie die USA und Deutschland haben die Abgabe von bestimmten
       Waffensystemen nach Angaben aus Bündniskreisen zum Teil an strenge Auflagen
       für deren Nutzung gekoppelt. Hintergrund ist die Befürchtung, dass der
       Konflikt mit Russland weiter eskalieren und die Nato zur Kriegspartei
       werden könnte. (dpa/afp/epd)
       
       ## Stoltenberg fordert von Nato-Staaten Milliardenversprechen
       
       Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat die Alliierten dazu aufgefordert,
       der Ukraine Militärhilfen im Wert von jährlich mindestens 40 Milliarden
       Euro zu garantieren. Es gehe dabei auch darum, dem russischen Präsidenten
       Wladimir Putin zu zeigen, dass er seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine
       nicht gewinnen werde, erklärte Stoltenberg am Freitag nach einem Treffen
       mit den Außenministern der 32 Nato-Staaten in Prag. Der Betrag von 40
       Milliarden Euro würde in etwa der bisherigen jährlichen Unterstützung der
       Alliierten seit dem Beginn der russischen Invasion entsprechen.
       
       Zur Frage, wie eine faire Lastenteilung gewährleistet werden könnte, sagte
       Stoltenberg, eine Option sei es, den Beitrag der einzelnen Mitgliedsstaaten
       auf Grundlage von deren Bruttoinlandsprodukt zu berechnen. Demnach müssten
       die USA, Deutschland, Großbritannien, Frankreich und Italien den mit
       Abstand größten Teil der jährlich 40 Milliarden Euro zahlen.
       
       Stoltenbergs Wunsch ist es, dass sich die 32 Nato-Staaten bis zum
       Gipfeltreffen im Juli in Washington auf eine gemeinsame Position einigen.
       Ob dies gelingen kann, ist allerdings ungewiss. Länder wie Frankreich und
       Italien geben bislang nur einen vergleichsweise geringen Anteil ihr
       Bruttoinlandsprodukts für die militärische Unterstützung der Ukraine aus.
       Zudem gilt es als ungewiss, ob US-Präsident Joe Biden wenige Monate vor der
       Präsidentenwahl langfristige Finanzierungszusagen machen will. (afp)
       
       ## Russland will asymmetrisch reagieren
       
       Russland werde auf ukrainische Angriffe auf sein Territorium mit von den
       USA gelieferten Waffen asymmetrisch reagieren, meldet die
       Nachrichtenagentur RIA. Sie beruft sich auf dabei auf den Vorsitzenden des
       Verteidigungsausschusses des Parlaments, Andrei Kartapolow. Demnach erklärt
       er weiter, die US-Entscheidung Raketenangriffe auf begrenzte Ziele in
       Russland mit US-Waffen zu erlauben, werde die Einsätze in der Ukraine nicht
       beeinflussen. Bei asymmetrischen Angriffen handelt es sich im Attacken, bei
       denen andere Mittel eingesetzt und andere Ziele ausgesucht werden, als es
       die Gegenseite macht.
       
       Bei einem russischen Raketenangriff auf die ukrainische Hauptstadt Kiew
       sind mehrere Energieanlagen getroffen worden. Ein Kraftwerk sei zerstört
       und das Stromnetz im Bezirk Holosijiwskyj sei beschädigt worden, teilt das
       Energieunternehmen DTEK mit. Einige Privathäuser seien noch ohne Strom. Die
       russischen Streitkräfte hätten mit Drohnen und ballistischen
       Kurzstreckenraketen vom Typ Iskander angegriffen, teilt die ukrainische
       Luftwaffe mit. (rtr)
       
       ## Stoltenberg sieht kein Eskalationsrisiko
       
       Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg [2][sieht kein Eskalationsrisiko]
       durch die Entscheidung der USA, der Ukraine begrenzte Angriffe auf Ziele in
       Russland zu erlauben. „Russland selbst eskaliert, indem es ein anderes Land
       angegriffen hat“, und das gleiche gelte für die Angriffe auf die Region
       Charkiw, sagte Stoltenberg am Freitag am Rande des
       Nato-Außenministertreffens in Prag.
       
       Zugleich erhöhte Stoltenberg den Druck auf Deutschland und andere Länder,
       solche Angriffe mit von ihnen gelieferten Waffen ebenfalls zu erlauben.
       „Die Ukraine hat das Recht auf Selbstverteidigung, und das schließt auch
       das Recht ein, legitime militärische Ziele in Russland anzugreifen“,
       bekräftigte der Generalsekretär. Dies sei angesichts der Kämpfe in der
       Region Charkiw an der russischen Grenze „umso dringlicher“.
       
       Der tschechische Außenminister Jan Lipavsky unterstützte Stoltenbergs
       Forderung: „Die Ukraine wurde angegriffen und hat das Recht, sich zu
       verteidigen. Es ergibt nur Sinn, diese Angriffe zu stoppen, bevor sie auf
       ukrainischem Gebiet stattfinden“, sagte er.Ähnlich äußerten sich die
       Vertreter der Baltenstaaten. Der estnische Außenminister Markus Tsahkna
       nannte die Beschränkungen für den Waffeneinsatz „nicht rechtmäßig“ und rief
       Deutschland auf, diese ebenfalls aufzuheben. Der litauische Außenminister
       Gabrielius Landsbergis äußerte die Hoffnung auf ein Einlenken der
       Bundesregierung. (afp)
       
       ## Baerbock kritisiert Waffendebatte scharf
       
       Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat die Debatte über den
       Einsatz westlicher Waffen gegen Ziele in Russland scharf kritisiert. „Aus
       meiner Sicht ist es wirklich nicht die richtige Diskussion, dass man jedes
       Detail, wie die Ukraine sich verteidigt, in der Öffentlichkeit ausbreitet“,
       sagte Baerbock am Freitag in Prag.
       
       Es gehe „überhaupt nicht“ darum, ob deutsche oder andere westliche Waffen
       gegen russisches Gebiet eingesetzt würden, sagte Baerbock weiter. „Es geht
       darum, die völkerrechtswidrigen Angriffe Russlands auf die Ukraine so zu
       unterbinden, dass Menschen in der Ukraine nicht sterben müssen.“ „Das
       Völkerrecht war von Anfang an klar: Es macht deutlich, dass man Angriffe
       abwehren kann“, sagte Baerbock weiter. „Jedes Land hat die Pflicht, seine
       Bevölkerung zu schützen.“ Sie ließ offen, ob dies den Abschuss russischer
       Raketen mit deutschen Patriot-Systemen über russischem Staatsgebiet
       einschließt. (afp)
       
       ## Pistorius kündigt neues Hilfspaket an
       
       „Wir werden euch in diesem Abwehrkampf weiterhin unterstützen“, sagte
       Pistorius am Donnerstagabend bei einem Treffen mit seinem ukrainischen
       Kollegen Rustem Umjerow in Odessa. Einiges an Material stehe unmittelbar
       vor der Auslieferung. In dem Waffenpaket sei eine hohe Zahl von Flugkörpern
       für Flugabwehrsysteme vom Typ Iris-T SLM mit mittlerer Reichweite und eine
       kleinere Zahl von SLS-Flugkörpern mit kürzeren Reichweiten enthalten, sagte
       der SPD-Politiker.
       
       Zudem gehe es um Drohnen zur Aufklärung und zum Kampf im Schwarzen Meer, um
       dringend benötigte Ersatzteile wie etwa Ersatzrohre für die von Deutschland
       gelieferten Artilleriesysteme sowie um Austauschmotoren für Kampfpanzer vom
       Typ Leopard. Zur Verfügung gestellt werde auch eine Million Schuss Munition
       für Handwaffen. Vom Jahr 2025 an solle die Auslieferung von 18 neuen
       Radhaubitzen der neuesten Bauart folgen, ergänzte Pistorius. (dpa)
       
       ## Zwei Verletzte bei Angriff auf Krasnodar
       
       Bei einem ukrainischen Luftangriff auf Ölanlagen in der südrussischen
       Schwarzmeer-Region Krasnodar sind nach Angaben örtlicher Behörden zwei
       Menschen verletzt worden. Im Bezirk Temrjuk sei die Infrastruktur eines
       Öldepots beschädigt worden, teilt der Gouverneur der Region Krasnodar,
       Weniamin Kondratjew, über den Kurznachrichtendienst Telegram mit.
       Herabfallende Trümmer abgeschossener Drohnen hätten ein Feuer ausgelöst,
       das wieder gelöscht worden sei.
       
       Insgesamt habe die Luftabwehr fünf Raketen und 29 Drohnen zerstört, die die
       Ukraine am frühen Morgen auf die Region Krasnodar abgefeuert habe, teilt
       das russische Verteidigungsministerium mit. Auch über den Regionen
       Woronesch, Belgorod und Tambow seien Drohnen abgeschossen worden. (rtr)
       
       31 May 2024
       
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