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       # taz.de -- Cannabis-Messe „Mary Jane“ in Berlin: Eine Branche im Rausch
       
       > Auf Europas größter Cannabis-Messe in Berlin herrschte am Wochenende
       > Goldgräberstimmung. Social Clubs werden so schnell jedoch nicht kommen.
       
   IMG Bild: Cannabis ist nicht mehr nur ein Thema für Freizeitkiffer, sondern ein Business mit starken Aussichten auf Wachstum
       
       Berlin taz | Stundenlang ging am Samstag gar nichts mehr beim Einlass zur
       „Mary Jane“, Europas größter Cannabis-Messe. Dass die Veranstaltung am
       Wochenende in neue Dimensionen vordringen würde, war abzusehen, nachdem die
       Bundesregierung die [1][Entkriminalisierung von Cannabis seit dem 1. April]
       dieses Jahres beschlossen hat. So fand sie nicht mehr wie bisher in der
       Arena in Treptow statt, sondern in der Messe Berlin auf einer etwa doppelt
       so großen Ausstellungsfläche. Und trotzdem war man an den drei Tagen dem
       Andrang nicht gewachsen.
       
       Mit etwa 40.000 Besuchern und Besucherinnen hatten die Veranstalter
       gerechnet. Tickets waren schnell ausverkauft, auch wenn sie, wie am extra
       teuren Samstag, satte 50 Euro kosteten. Doch Hunderten Ticketbesitzern
       wurde erst nach ewiger Warterei der Einlass gewährt. Eine für den
       Samstagabend geplante Afterparty wurde vom Veranstalter wegen des zu hohen
       Besucheraufkommens abgesagt.
       
       In der Warteschlange machten die Leute dann das, was man von Besuchern und
       Besucherinnen einer derartigen Fachmesse erwarten konnte: sie bauten sich
       erst einmal einen Joint. Dass dann auch in den Messehallen überall
       ordentlich gekifft wurde, muss eigentlich kaum noch extra erwähnt werden.
       
       Konsumiert wurden auf der „Mary Jane“ wohl aber auch noch andere
       Substanzen. Laut Veranstalter welche mit synthetischen und
       teilsynthetischen Wirkstoffen. 20 Mal habe man deswegen allein am Freitag
       einen Krankenwagen für überforderte Mischkonsumenten ordern müssen.
       
       ## Business mit starken Aussichten auf Wachstum
       
       Das, was die Bundesregierung zum Umgang mit Cannabis seit dem 1. April
       beschlossen hat, ist letztlich nicht das geworden, was sie ursprünglich im
       Sinn hatte. Statt einer geplanten Abgabe von Cannabis in lizenzierten Shops
       wird es ab dem 1. Juli Cannabis Social Clubs geben, die Weed an ihre
       Mitglieder abgeben dürfen.
       
       Statt einer sehr weitgehenden Liberalisierung sieht man sich nun als
       Cannabiskonsument [2][komplizierten Regeln und Gesetzen] gegenüber, bei
       denen kaum noch jemand wirklich durchblickt.
       
       Und trotzdem war auf der „Mary Jane“ überall spürbar, welche
       Goldgräberstimmung in der Szene ausgebrochen ist. Noch vor dem Messeeingang
       konnte man sich bei einem Händler als Interessent online registrieren
       lassen und bekam dafür eine Geschenktüte mit Samen und T-Shirt. Gleich
       daneben gab es eine ähnliche Aktion, bei der man sich mit Models vor
       italienischen Sportwagen fotografieren lassen konnte.
       
       Cannabis ist sichtbar nicht mehr nur ein Thema für Reggae hörende
       Freizeitkiffer oder Menschen mit Schlafstörung, sondern ein Business mit
       starken Aussichten auf Wachstum – und tritt auch dementsprechend auf.
       
       ## Zielgruppe Homegrower
       
       In den vergangenen Jahren war auf der „Mary Jane“ das beherrschende Thema
       CBD. Also der Blütenextrakt der Hanfpflanze, dessen Verkauf bereits vor dem
       1. April mit Einschränkungen erlaubt war. CBD spielte auf der diesjährigen
       „Mary Jane“ aber nur noch eine untergeordnete Rolle.
       
       Stattdessen waren Anbieter von Samen und Setzlingen sehr präsent, um die
       Home-Grower zu bedienen, die seit dem 1. April legal bis zu drei
       THC-haltige Cannabispflanzen in den eigenen vier Wänden oder auf dem Balkon
       anbauen dürfen.
       
       Der große Unterschied zu den vorherigen Messen sei in diesem Jahr, dass die
       Leute sich nicht nur über Samen informieren würden, sondern bereits sehr
       genau wüssten, wonach sie suchen, sagt eine Mitarbeiterin eines
       Samenanbieters aus Spanien.
       
       Auch am Stand einer österreichischen Firma, die Stecklinge heranzieht,
       zeigt sich die Mitarbeiterin zufrieden: „Das Geschäft brummt.“ Die meisten
       Sorten waren bereits am Samstagnachmittag ausverkauft. Zwei junge Männer,
       die sich gerade mit ein paar jungen Pflanzen eingedeckt haben, müssen diese
       nun bis nach Braunschweig transportieren, woher sie extra angereist waren
       für ein Berlin-Wochenende inklusive „Mary Jane“.
       
       Zielgruppe der Messe sind Gelegenheitskiffer, die sich informieren möchten,
       welche neuartigen Blättchen und Filter für den Bau von Joints noch mehr
       Freude beim Genuss von Cannabis bereiten. Vor allem aber wurden Grower wie
       die beiden Braunschweiger angesprochen.
       
       ## Aufbau der Cannabis Clubs schleppend
       
       Aber auch die ganzen Verantwortlichen der Cannabis-Clubs, die ja ab dem 1.
       Juli dafür sorgen müssen, dass bis zu 500 Clubmitglieder mit ordentlichem
       Zeug versorgt werden können. Die richtigen Lampen, der richtige Dünger –
       man kann den Anbau von Hanfpflanzen betreiben, als hätte man es hier mit
       einer Art Raketenwissenschaft zu tun. Diesen Eindruck vermittelt einem
       jedenfalls die Cannabis-Messe.
       
       Derweil geht es mit dem Aufbau der Cannabis Social Clubs nur schleppend
       voran. Oliver Waack-Jürgensen, Vorstand im Dachverband deutscher Cannabis
       Social Clubs, sagt, noch immer sei nicht einmal bekannt, welche Behörden in
       den Ländern nun genau Ansprechpartner seien.
       
       Viele Clubs würden die Sache deswegen gerade eigenhändig organisieren,
       Anbauflächen suchen, Büros anmieten. In der Hoffnung, dass dann alles
       nachträglich genehmigt und schon irgendwie laufen werde. Dennoch: Vor
       Weihnachten, so seine Einschätzung, werde es wohl nichts werden mit der
       Abgabe von Cannabis in den Clubs.
       
       Waack-Jürgensen wollte am Samstag auch auf die „Mary Jane“, habe es aber
       nach stundenlangem Warten vor dem Eingang aufgegeben. Die Messe sei für
       jemanden wie ihn auch gar nicht so wichtig, sagt er. Dafür war sie für
       Vorstände von Cannabis-Clubs in ganz Deutschland und
       Legalisierungsaktivisten aus Europa Anlass, nach Berlin zu kommen. Wo man
       dann in Ruhe auch außerhalb der Messe das weitere Vorgehen für eine noch
       weiterreichende Legalisierung von Cannabis besprechen konnte.
       
       Ein Thema, mit dem sich dann auch die nächste Berliner Hanfparade
       beschäftigen wird, die Anfang August stattfindet. Ihr diesjähriges Motto
       lautet: „Legalisierung – aber richtig!“
       
       16 Jun 2024
       
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