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       # taz.de -- Griechenlands neuer Migrationsminister: Das rechte Profil stärken
       
       > Nikos Panagiotopoulos gilt als Verfechter eines harten Kurses in der
       > Flüchtlingspolitik. Für Schutzsuchende sind das schlechte Nachrichten.
       
   IMG Bild: „Migration ist eine Gleichung mit vielen Faktoren. Europa befindet sich in einer sehr kritischen Phase“, sagt Panagiotopoulos
       
       Athen taz | Es wirkt wie eine verkehrte Welt: Der neue Minister blickt eher
       grimmig drein, während sein Vorgänger breit grinst. Bei der Amtsübergabe am
       Freitagabend frohlockte Athens bisheriger Migrationsminister Dimitris
       Kairidis: „In den elf Monaten meiner Amtszeit ist viel passiert.“ Sein
       Nachfolger Nikos Panagiotopoulos betonte nachdenklich, dass das Ministerium
       angesichts „der Herausforderungen, vor denen das Land und die EU stehen,
       von großer nationaler Bedeutung“ sei.
       
       Sein auffallend ernster Blick sollte wohl zu der seiner Ansicht nach
       ernsten Lage an Griechenlands Migrationsfront passen. „Migration ist eine
       Gleichung mit vielen Faktoren. Europa befindet sich in einer sehr
       kritischen Phase“, meinte der neue Minister Nikos Panagiotopoulos
       unverblümt. Darauf müsse man, den „Grad der Vorbereitungen, je nach Stand
       der Dinge, verstärken“, fügte er etwas verklausuliert hinzu.
       
       Das dürfte für Schutzsuchende nichts Gutes heißen. Der 58-jährige Jurist
       aus der nordgriechischen Stadt Kavala gilt als Verfechter eines harten
       Kurses in der Flüchtlings- und Migrationspolitik. Unter Premier Kyriakos
       Mitsotakis, der mit seiner [1][konservativen Nea Dimokratia (ND)] seit dem
       8. Juli 2019 alleine in Athen regiert, fungierte er von Juli 2019 bis Mai
       2023 als Verteidigungsminister. Seither war er ND-Abgeordneter, bis ihn
       Mitsotakis nun in einer Kabinettsumbildung erneut in ein Ministeramt
       hievte.
       
       Beobachtern zufolge will Mitsotakis mit der Personalie das rechte Profil
       seiner Regierung stärken. Der Grund dafür ist die Schlappe der ND mit
       [2][dem zugleich erfolgten Erstarken] der griechischen Rechten rechts der
       ND bei den jüngsten Europawahlen. Eines der Markenzeichen von rechts außen:
       sie haben sich eine extrem restriktive Flüchtlings- und Migrationspolitik
       auf die Fahnen geschrieben – eine noch extremere als jene der ND.
       
       ## Ein Plus um 154 Prozent im Jahresvergleich
       
       Ihnen ist ein Dorn im Auge, dass die Zahl der Flüchtlinge und Migranten
       abermals steigt. Laut offiziellen Angaben kamen in den ersten vier Monaten
       dieses Jahres 11.835 irreguläre Migranten in Griechenland an, ein Plus um
       154 Prozent im Jahresvergleich. Mit Blick auf das Gesamtjahr 2015, als laut
       dem UNHCR noch 861.630 Geflüchtete und Migranten ankamen, ist das jedoch
       ein niedriges Niveau.
       
       Dennoch dürfte Panagiotopoulos nun eine härtere Gangart einlegen. Sein
       Vorgänger Dimitris Kairidis, der dem liberalen Flügel in der ND angehört,
       wurde am 27. Juni 2023 Athener Migrationsminister, dreizehn Tage nach dem
       verheerenden Schiffbruch im Ionischen Meer mit mutmaßlich bis zu 600
       ertrunkenen Geflüchteten. Am 14. Juni 2023 sank ein heillos überfüllter
       Fischkutter vor der südgriechischen Küstenstadt Pylos. Immer noch laufende
       Ermittlungen [3][am Seegericht in Piräus] sollen klären, ob die griechische
       Küstenwache die Katastrophe von Pylos mit verantwortet hat, anstatt sie zu
       vermeiden.
       
       Griechenland steht in der EU schon länger am Pranger, unter anderem wegen
       illegaler Pushbacks, bei denen Geflüchtete aus dem EU-Gebiet zurückgeführt
       werden. [4][Erstmals hat die BBC] nun die Anzahl der Vorfälle berechnet,
       bei denen es bei operativen Maßnahmen der griechischen Küstenwache zu
       Todesfällen gekommen sein soll. Bei 15 Vorfällen, die sich von Mai 2020 bis
       Mai 2023 (also noch vor der Katastrophe von Pylos) ereigneten, kam es laut
       BBC zu 43 Todesfällen, 9 Personen sollen absichtlich ins Wasser geschubst
       worden sein. Als neuer Migrationsminister ist Panagiotopoulos auch für die
       griechische Küstenwache zuständig.
       
       18 Jun 2024
       
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   DIR [4] https://www.bbc.com/news/articles/c0vv717yvpeo
       
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