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       # taz.de -- Bundesweiter Schul-Toiletten-Gipfel: Entwicklungshilfe im eigenen Land
       
       > Nicht nur an Berliner Schulen sind die Sanitäranlagen in einem
       > desaströsen Zustand. Schuld ist auch die Sparpolitik der letzten
       > Jahrzehnte.
       
   IMG Bild: Zugang zu funktionierenden Toiletten ist ein Menschenrecht, nicht aber für Kinder an Berliner Schulen
       
       Berlin taz | Warum klingt es so kurios, wenn die German Toilet Organization
       auf dem Schultoiletten-Gipfel, der am Dienstag in Mitte stattfand, zusammen
       mit Vertreter:innen aus Politik und Wissenschaft versucht, die
       „Probleme rund um den Brennpunkt Klo“ endlich in den Griff zu kriegen?
       Vermutlich, weil funktionierende Toiletten an Schulen eigentlich eine
       Selbstverständlichkeit sein sollten, ähnlich wie fließendes Wasser oder
       elektrischer Strom.
       
       Sollten. Denn alle, die schon mal in den Genuss der Sanitäranlagen in
       Berliner Grundschulen kommen durften, wissen, dass der Klo-Gipfel bitterer
       Ernst ist. [1][Eltern aus der Kreuzberger Galilei-Grundschule haben sogar
       eine Petition gestartet,] um die Toilettensituation an der Schule zu
       verbessern. „Unsere Kinder stehen wiederholt vor verschlossenen
       Toilettentüren und machen sich oft erfolglos auf die Suche nach
       funktionierenden Toiletten“, heißt es darin. Und weiter: „Mehrere Kinder
       aus den ersten Klassen haben sich in die Hose gemacht.“
       
       Die Galilei-Schule ist kein Einzelfall. [2][Verdreckte und kaputte
       Schultoiletten sind mittlerweile von einem Ärgernis zu einer Frage der
       öffentlichen Gesundheit geworden]. Weil sie nicht auf Toilette gehen können
       oder wollen, trinken Kinder weniger Wasser und halten Stuhl zurück, was
       wiederum zu Verstopfungen und Bauchschmerzen führt. Für Mädchen, die zum
       ersten Mal ihre Periode in der Schule bekommen, können nicht verschließbare
       Türen oder fehlende Mülleimer eine verstörende Erfahrung sein.
       
       ## Vandalismus und verfehlte Sparpolitik
       
       Als Gründe für die Klo-Misere identifiziert die German Toilet Organization
       vor allem Vandalismus durch Schüler:innen und, wenig überraschend, zu
       lange Reinigungszyklen. Überraschender hingegen ist, dass beide
       zusammenhängen: Wird mehr geputzt, wird weniger kaputt gemacht.
       
       Dumm nur, dass auch in Berlin der Senat seit Jahrzehnten an der
       Schulreinigung spart, indem er die Instandhaltung der Toiletten an externe
       Dienstleister auslagert. Diese liefern sich einen Unterbietungswettbewerb;
       es leiden die Qualität und die Arbeitsbedingungen. [3][Die
       Rekommunalisierung scheint angesichts der Sparvorgaben der Bezirke in weite
       Ferne gerückt.]
       
       Das Ergebnis ist, dass die German Toilet Organization, die eigentlich
       gegründet wurde, um die Versorgung mit Sanitäranlagen in Südostasien nach
       dem Tsunami von 2004 sicherzustellen, sich nun auch mit der Situation an
       deutschen Grundschulen beschäftigen muss – Entwicklungshilfe im eigenen
       Land quasi. Der erste Toiletten-Gipfel wird somit sicher nicht der letzte
       sein.
       
       18 Jun 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.change.org/p/verbessern-sie-die-sanit%C3%A4ranlagen-an-der-grundschule-galilei-in-berlin-kreuzberg
   DIR [2] /Schultoiletten-in-Berlin/!5955880
   DIR [3] /Problembaer-Berliner-Schulreinigung/!5959910
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jonas Wahmkow
       
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