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       # taz.de -- Weniger Radio beim Hessischen Rundfunk: Große Unsicherheit beim HR
       
       > Der Hessische Rundfunk kündigt massive Sparmaßnahmen an. Viele
       > Mitarbeitende, vor allem freie, fürchten um ihre Arbeitsplätze.
       
   IMG Bild: Wenigstens einer ist hier noch gut drauf: HR-Maskottchen „Onkel Otto“
       
       Der Hessische Rundfunk (HR) plant radikale Einsparungen im linearen
       Programmangebot. In der vergangenen Woche teilten [1][Programmdirektorin
       Gabriele Holzner] und [2][Intendant Florian Hager] den Mitarbeitenden des
       HR in einem virtuellen Forum mit: Bis 2032 soll der Anteil am Gesamtbudget,
       der bisher für lineare Radio- und Fernsehprogramme ausgegeben wird,
       deutlich kleiner werden.
       
       Stattdessen solle mehr in den Digitalbereich investiert werden. Begründet
       wird die Entscheidung mit stetig sinkenden Hörerzahlen im Hörfunkbereich,
       die besonders bei jungen Menschen evident seien.
       
       Konkret sehen die Pläne der Programmdirektion des HR so aus: Bis 2032
       sollen nur noch drei der bisher sechs selbst produzierten Radiosender des
       HR in kompletter Eigenproduktion entstehen. Dabei werden, [3][so heißt es
       in einer Pressemeldung], zwei der Sender aus dem Popularbereich betroffen
       sein, zu dem [4][YouFM], [5][HR1], [6][HR3] und [7][HR4] gehören.
       Zusätzlich solle künftig nur noch einer der beiden Informationssender
       [8][HR2] oder [9][HRInfo] selbst produziert werden.
       
       Geplant sind zudem Einsparungen im Personalbereich sowie bei
       Produktionsflächen. Bis 2032 sollen 15 Prozent der Stellen abgebaut werden,
       gleichzeitig wolle man zumindest „derzeit“ auf betriebsbedingte Kündigungen
       verzichten, wie aus der dazu veröffentlichten Pressemeldung des HR
       hervorgeht. Stattdessen wolle man Stellen, die wegfallen, einfach nicht neu
       besetzen. Zudem setze man auf Weiterqualifikation, um die Mitarbeitenden
       auf neue Anforderungen vorzubereiten.
       
       Gleichzeitig sind neue Stellen geplant: Jährlich zehn Mitarbeitende wolle
       man einstellen, um so fehlende Kompetenz auszugleichen. Etwa 40 Prozent des
       Budgets für Büro- und Produktionsflächen sollen wegfallen.
       
       ## Unklare Strategie
       
       Die Kritik an den geplanten Einsparungen beim HR ist groß: Mitarbeitende,
       Gewerkschaften und der [10][Deutsche Journalisten-Verband (DJV)] sind
       frustriert. So betont der Landesvorsitzende des DJV Hessen, [11][Knud
       Zilian], [12][in einem Podcast des DJV], die glaubwürdige Erfüllung des
       gesetzlichen Auftrags Öffentlich-Rechtlicher sei durch geplante
       Einsparungen akut gefährdet.
       
       Denn unklar sei die zukünftige Strategie beim HR: „Wo genau wird bei
       linearen Inhalten gekürzt? Wohin wird umgeschichtet? Das ist bisher
       schleierhaft“, so Zilian. Zwar sei verständlich, dass eine zeitgemäße
       Erfüllung des gesetzlichen Auftrags erforderlich sei. Ohne einen echten
       Plan im Digitalen bei linearen Angeboten einzusparen, sei jedoch nicht
       zielführend.
       
       Auf Anfrage der taz teilt der HR mit, man wolle ein digitaleres, jüngeres
       Programm schaffen und verweist auf bereits bestehende digitale Formate.
       Eine langfristige Zukunft für junge Formate im klassischen linearen
       Programm sehe man nicht.
       
       Zilian kritisiert auch, dass die Grundlage der Entscheidung intransparent
       sei. Programme einzustampfen wäre ohne eine politische Entscheidung
       eigentlich nicht möglich und nicht die Aufgabe des Intendanten. Denkbar
       sei, dass die Politik die Anregung dafür gegeben hätte oder aber, dass die
       Führung des HR entschieden habe, um nachträglich eine politische
       Entscheidung zu bewirken.
       
       Auch was den Umgang mit Mitarbeitenden angeht, wird die Entscheidung
       kritisch gesehen. So zeigt sich Zilian entsetzt über die
       Kommunikationsstrategie des HR, der bereits vor Bekanntgabe der
       Einsparungen an Mitarbeitende Informationen an die Presse herausgegeben
       habe.
       
       Aus den Gewerkschaften gibt es ebenfalls Kritik. Anja Willmann von
       [13][Verdi] sagt der taz: „Es gibt eine riesengroße Unsicherheit unter den
       Mitarbeitenden. Denn wie die Strategie für die Zukunft beim HR aussieht,
       ist vielen unklar.“
       
       So fürchteten viele Beschäftigte nun um ihre Arbeitsplätze. Besonders
       betroffen seien freie Mitarbeitende. „Es wird viel geredet, aber wenig
       gesagt. Die Mitarbeitenden sind beunruhigt. Aus Redaktionskreisen hört man
       Ähnliches: Bereits seit Monaten sei die Stimmung unter den Beschäftigten
       des HR katastrophal.
       
       Viele Fragen bleiben nach der Ankündigung der Einsparungen in der
       vergangenen Woche offen. Unklar ist, wie die geplante Digitalstrategie
       aussehen wird, welche neuen Formate entstehen und inwiefern die
       Beschäftigten des HR in die Prozesse eingebunden werden sollen.
       
       19 Jun 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.hr.de/unternehmen/struktur/programmdirektion,programmdirektion-100.html
   DIR [2] /Hessischer-Rundfunk/!5820383
   DIR [3] https://www.hr.de/presse/programme-und-veranstaltungen/2024/hr-radiostrategie-sichert-zukunft-der-hoerfunkangebote-v1,hr-radiostrategie-sichert-zukunft-der-hoerfunkangebote-100.html
   DIR [4] https://www.you-fm.de/index.html
   DIR [5] https://www.hr1.de/index.html
   DIR [6] https://www.hr3.de/index.html
   DIR [7] https://www.hr4.de/index.html
   DIR [8] https://www.hr2.de/index.html
   DIR [9] https://www.hr-inforadio.de/index.html
   DIR [10] https://www.djv.de
   DIR [11] https://www.djv-hessen.de/djv-gremien/landesvorstand/#c15179
   DIR [12] https://www.djv-hessen.de/klartext-der-podcast/
   DIR [13] https://www.verdi.de
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Joscha Frahm
       
       ## TAGS
       
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