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       # taz.de -- Illegales Parken auf dem Gehweg: Kommunen müssen einschreiten
       
       > Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden: Anwohner können gegen
       > zugeparkte Gehwege vorgehen. Der Städte- und Gemeindebund gewinnt dem
       > viel ab.​
       
   IMG Bild: Nervt Anwohner: ein Auto in der Bremer Innenstadt, aufgesetzt auf dem Gehweg
       
       Leipzig/Bremen/Berlin dpa | Anwohnerinnen und Anwohner können unter
       bestimmten Umständen von Straßenverkehrsbehörden verlangen, dass sie gegen
       Autos auf Gehwegen vorgehen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in
       Leipzig am Donnerstag entschieden.
       
       Voraussetzung ist, dass die Nutzung des Gehwegs vor der eigenen Haustür
       erheblich eingeschränkt ist. Der Anspruch der Anwohner ist räumlich
       begrenzt. Kläger Wolfgang Köhler-Naumann aus Bremen sagte der Deutschen
       Presse-Agentur: „Es ist ein Novum in der deutschen Rechtsprechung, dass man
       bei Behinderung durch illegales Gehwegparken das Recht hat, zu fordern,
       dass die Kommune einschreiten muss.“
       
       Der ökologische Verkehrsclub VCD teilte am Abend in einer Stellungnahme
       mit: „Alle deutschen Städte, die beim Gehwegparken die Augen zugedrückt
       haben, müssen jetzt umdenken.“ Die Kommunen seien aufgefordert, die
       Straßenverkehrsordnung durchzusetzen. Die Deutsche Umwelthilfe forderte
       Städte und Gemeinden auf, Ordnungsgelder zu verteilen oder Autos
       abschleppen zu lassen.
       
       Geklagt hatten fünf Eigentümer aus Bremen gegen die Stadt. Über das
       sogenannte [1][aufgesetzte Parken mit zwei Rädern auf dem Bürgersteig]
       wurde in Bremen [2][seit mehreren Jahren gestritten]. Ohne Erlaubnis ist
       dieses verboten. In vielen deutschen Kommunen wie Bremen ist das
       aufgesetzte Parken dennoch verbreitet und Behörden dulden es.
       
       ## „Wegweisende“ Entscheidung
       
       „Gewonnen haben die Kläger auf jeden Fall“, sagte der Fachanwalt für
       Verwaltungsrecht Henning J. Bahr der Deutschen Presse-Agentur. Die Stadt
       Bremen werde verpflichtet, tätig zu werden. Die Kläger hätten allerdings
       nicht erreicht, dass sich die Stadt direkt um ihre Straßen kümmern müsse.
       Die Kommune könne in einem Konzept am stärksten betroffene Straßen
       priorisieren. Der Jurist nannte die Entscheidung „wegweisend“.
       
       Das Bremer Mobilitätsressort, das von Özlem Ünsal (SPD) geführt wird, lobte
       das Urteil am Abend. Ünsal sagte in einer Mitteilung, das Urteil bestätige
       das Vorgehen des Ressorts. Man setze derzeit ein stadtweites Konzept um.
       „Wir nehmen unsere öffentliche Aufgabe sehr ernst“, so Ünsal. Man werde
       gegen illegales Gehwegparken vorgehen. Kläger Köhler-Naumann sagte, es sei
       enttäuschend, dass die Stadt weiter auf Zeit spielen könne, um Maßnahmen
       umzusetzen.
       
       Das [3][Bremer Verwaltungsgericht hatte 2021] entschieden, dass die Kläger
       ein Einschreiten der Straßenverkehrsbehörde verlangen können. Die Behörde
       könne entscheiden, welche Maßnahme sie wähle. Das Bremer
       Oberverwaltungsgericht bestätigte das 2022 in einem Urteil grundsätzlich.
       Es entschied aber anders als die Vorinstanz, dass die Behörde einen
       Spielraum habe, ob sie einschreite. Gänzlich tatenlos könne sie allerdings
       nicht bleiben. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte das.
       
       Der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) hat die Entscheidung des
       Bundesverwaltungsgerichts begrüßt, dass Anwohner gegen zugeparkte Gehwege
       vorgehen können. Das Urteil schaffe Rechtssicherheit für Straßenbehörden,
       kommunale Ordnungsämter, Bewohnerinnen und Bewohner und nicht zuletzt für
       Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer, teilte der Verband am
       Freitag mit.
       
       Der DStGB fordert nun einen anderen Rechtsrahmen für die Kommunen, um die
       Aufteilung und Nutzung des öffentlichen Raums anzugehen. „Natürlich müssen
       Parkplätze für jene vorhanden sein, die auf ihr Auto angewiesen sind“, hieß
       es in der Stellungnahme des Verbands. Es müssten aber auch Alternativen zum
       Auto gestärkt werden, also Radfahrer und Fußgänger sowie der öffentliche
       Personennahverkehr. „Die dringend notwendige Novellierung des
       Straßenverkehrsgesetzes würde den Kommunen mehr Handlungsspielraum geben.“
       
       7 Jun 2024
       
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