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       # taz.de -- Frieda-Frauenzentrum: Ende für Mädchen- und Frauenzentren
       
       > Der Senat verhängt einen Förderstopp gegen den Verein „Frieda“. Die
       > Justizsenatorin will Förderung an Verfassungsschutz binden.
       
   IMG Bild: Justizsenatorin bezeichnet die Antisemitismusklausel des Kultursenators als „gescheitert“
       
       Berlin taz | Seit Jahrzehnten sorgt der Verein „Frieda“ für ein
       intersektionales, queer-feministisches Angebot in Kreuzberg. Seine Mädchen-
       und Frauenzentren sind eine zentrale Anlaufstelle vor allem für
       migrantische Mädchen. Damit soll nun Schluss sein. Für das Jahr 2024
       kündigte die Senatssozialverwaltung an, die Förderungen für den Verein zu
       streichen.
       
       „Frieda“ habe „wiederholt über längere Zeit seine Mitteilungs- und
       Nachweispflichten gegenüber der Senatsverwaltung nicht oder nur mit
       erheblichem zeitlichen Verzug erfüllt“, teilt ein Sprecher der taz mit. Im
       Jahr 2023 erhielt der Verein Förderungen in Höhe von rund 344.000 Euro,
       unter anderem für psychosoziale Beratung sowie die Beratung von Frauen, die
       von Stalking und digitaler Gewalt betroffen sind.
       
       Aufgrund der mangelhaften Dokumentationen bestünden jedoch „erhebliche
       Bedenken“, ob die Zuwendungsbeiträge „zweckorientiert“ genutzt wurden, so
       der Sprecher. Einen Antrag für das laufende Jahr (März bis Dezember 2024)
       beabsichtigt das von Cansel Kiziltepe (SPD) geführte Ressort daher
       abzulehnen. Erläuterungen zum Förderantrag für 2024 fehlten, lägen nur
       teilweise vor und „erfolgten nicht fristgemäß“, so der Sprecher. „Frieda“
       habe Gelegenheit, zu dem Entwurf des Ablehnungsbescheides Stellung zu
       nehmen, bislang sei dies nicht geschehen.
       
       Unklar ist, ob der Förderstopp in einem Zusammenhang mit
       Antisemitismusvorwürfen steht, die zuletzt gegen den Verein laut geworden
       waren. Wegen vermeintlich antisemitischen und antizionistischen Äußerungen
       leitender Mitarbeiter*innen hatte das Jugendamt unter Leitung des
       Bezirksstadtrats Max Kindler (CDU) „Frieda“ im April die
       [1][Leistungsverträge der Mädchenzentren „Alia“ und „Phantalisa“
       außerordentlich gekündigt]. Seitdem sind die Zentren geschlossen.
       
       ## „Frieda“ wirft CDU Einschüchterungsversuche vor
       
       Kindler berief sich dabei auf Medienberichte sowie Instagram-Posts. Die
       Kündigung hatte er weder mit dem Jugendhilfeausschuss abgestimmt noch zuvor
       mit dem Träger gesprochen. Der Verein selbst erklärte in seinem Statement,
       er sehe sich als „[2][Opfer des Musters von Repressionen und
       Einschüchterung]“. Es regte sich Protest, vor allem von Linken und Grünen.
       
       In einer Sondersitzung des Jugendhilfeausschusses Anfang Juni wurde dann
       eine [3][Zurücknahme der Kündigungen beschlossen]. Das sollte ein
       geordnetes Verfahren einleiten, das den Fall genauer untersucht. Die mit
       dem Bezirksamt neu ausgehandelten Verträge für die beiden Mädchenzentren
       kündigte der Verein nun in Folge des angekündigten Förderungsstopps jedoch
       selbst auf.
       
       Währenddessen arbeitet Berlins Justizverwaltung laut deren Senatorin Felor
       Badenberg (CDU) daran, die Vergabe von Fördermitteln grundsätzlich neu zu
       regeln. Sie reagiert damit nach eigener Aussage darauf, dass der
       Kultursenator mit seiner Idee einer Antisemitismusklausel gescheitert war.
       Badenberg will sicherstellen, dass Fördermittel „nicht an
       Verfassungsfeinde“ ausgezahlt würden, und will damit alle Bereiche in den
       Blick nehmen.
       
       ## Justizsenatorin will Förderung an Verfassungschutz binden
       
       Kein Steuergeld für Verfassungsfeinde – das könne nicht nur für den
       Kulturbereich gelten, hatte Badenberg in einem Interview mit der
       Süddeutschen Zeitung vor zwei Wochen gesagt. „Wir brauchen eine solche
       Regelung auch für den Bereich der Justiz, wo wir mit vielen sozialen
       Projekten zusammenarbeiten, die sehr unterschiedliche Hintergründe haben“,
       sagte die Senatorin. Auch im Bereich der Jugend- und Sozialarbeit sowie der
       Bildung sei dies notwendig. Dabei wolle sie niemanden unter Generalverdacht
       stellen, es gehe ihr nur um eine „juristisch saubere Handhabe“.
       
       Klarheit schaffen soll ausgerechnet der Verfassungsschutz: „Wer nach den
       Einschätzungen des Bundesamts für Verfassungsschutz gegen die Werte unserer
       Verfassung kämpft, der bekommt keine Förderung“, so Badenberg in dem
       Interview. Derzeit würde sich die SPD mit ihrem Vorschlag befassen. „Ich
       hoffe sehr, dass wir bald zu einem gemeinsamen Ergebnis kommen“, sagte die
       Senatorin.
       
       Nach den Plänen der Justizsenatorin solle eine neue Regelung in die
       Landeshaushaltsordnung (Paragraf 23) aufgenommen werden, die etwa so
       lautet: „Zuwendungen dürfen nur bewilligt werden, wenn die
       Zuwendungsempfängerin oder der Zuwendungsempfänger keine
       verfassungsfeindlichen Bestrebungen verfolgt oder unterstützt und keine
       demokratiefeindlichen, antisemitischen, rassistischen oder sonstigen,
       menschenverachtenden Inhalte verbreitet.“Was das für „Frieda“ bedeuten
       könnte, ist bislang unklar.
       
       24 Jun 2024
       
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