# taz.de -- Novelle des Klimaschutzgesetzes: Drei Klagen in Karlsruhe
> Umweltverbände, Aktivist:innen und Privatpersonen wollen gegen das
> Klimaschutzgesetz vorgehen. Die Regierung hatte es per Novelle
> aufgeweicht.
IMG Bild: Aktivistin Luisa Neubauer will mit der Verfassungsbeschwerde „Freiheit und Sicherheit“ für die junge Generation erreichen
Berlin taz | Nachdem die [1][Bundesregierung das Klimaschutzgesetz
entschärft hat], wollen Umweltorganisationen und Privatpersonen erneut vor
das Bundesverfassungsgericht ziehen. Dazu gehören etwa Fridays for Future,
die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und der BUND. Am Mittwoch kündigten sie drei
Beschwerden gegen die Klimapolitik unter anderem der aktuellen
Bundesregierung an. Deren Novelle des Klimaschutzgesetzes halte sie für
„verfassungswidrig“, sagte Rechtsanwältin Roda Verheyen. Es fehlten
„wirksame Maßnahmen“, [2][um etwa den CO2-Ausstoß des Autoverkehrs zu
verringern].
Sollten die Beschwerden Erfolg haben, müsste die aktuelle oder die nächste
Regierung das Klimaschutzgesetz wieder verschärfen, vermutete Anwalt Remo
Klinger, der zu den Beschwerdeführenden gehört.
Die Organisationen forderten Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auf,
das novellierte Gesetz nicht zu unterzeichnen, damit es nicht in Kraft
trete. Sonst werde man das Verfassungsgericht anrufen. Es gehe darum,
„Sicherheit und Freiheit“ der Bürger:innen „zu verteidigen“, sagte Luisa
Neubauer von Fridays for Future.
Nach einer [3][ähnlichen Beschwerde hatte das Bundesverfassungsgericht 2021
unter anderem das Recht der jungen Generation auf rechtzeitige Maßnahmen
zur Reduzierung klimaschädlicher Abgase] betont. Daraufhin legte die
damalige Koalition aus Union und SPD im Klimaschutzgesetz einen konkreten
Zeitplan für Emissionsminderungen, Jahresziele für einzelne Sektoren wie
Verkehr, Gebäude und Industrie sowie verpflichtende Maßnahmen bei einer
Zielverfehlung fest. Diese Regeln hat die aktuelle Ampelregierung jedoch
entkernt und [4][beispielsweise die Jahressektorziele gestrichen].
Unterschrieben hat der Bundespräsident diese Novelle aber noch nicht.
## Früheres Urteil negiert
Eine der drei Beschwerden stammt von Greenpeace, Germanwatch, Anwältin
Verheyen, Neubauer und einigen Privatpersonen. Sie richtet sich sowohl
gegen das neue als auch gegen das alte Klimaschutzgesetz. Der Karlsruher
Beschluss von 2021 werde faktisch nicht vollzogen, erklärte Verheyen. Als
Beispiel nannte sie den Autoverkehr, dessen Abgasausstoß deutlich zu hoch
liege. Weil die Bundesregierung jetzt wirksame Reduzierungsmaßnahmen
vermeide, bestehe die Gefahr, dass [5][der Verkehr in einigen Jahren
drastisch eingeschränkt werden müsse], um das Ziel der Klimaneutralität
noch zu erreichen. Das könne dann dem Recht der jungen Generation auf
Mobilität zuwiderlaufen.
Für die zweite Beschwerde ist die DUH zusammen mit Anwalt Klinger
verantwortlich. Dieser kritisierte die „Abschaffung des verbindlichen
Emissionsminderungspfades“ im novellierten Gesetz. Maßnahmen zur
Durchsetzung würden zudem systematisch „aufgeschoben“ und möglicherweise
erst 2029 oder später eingeleitet. Das [6][Ziel, 2045 klimaneutral zu
sein], gerate damit wohl außer Reichweite, so Klinger. DUH-Geschäftsführer
Jürgen Resch forderte Tempo 100 auf Autobahnen und sagte: „Wir suchen
100.000 Klimahelden, die sich unserer Klage anschließen.“
Die dritte Beschwerde reichen der Umweltverband BUND, der
Solarenergie-Förderverein, Umweltjurist Felix Ekardt und weitere Private
ein. Ihrer Ansicht nach sind die Klimaziele der Bundesregierung insgesamt
zu schwach, bis 2045 klimaneutral zu sein sei zu spät. Eigentlich dürfe
Deutschland schon jetzt kein CO2 mehr verursachen, wolle man [7][das
globale Limit des Temperaturanstiegs um 1,5 Grad] einhalten.
Von den Beschwerden beim Verfassungsgericht abgesehen, betreibt die
Umwelthilfe Prozesse beim Berliner Oberverwaltungsgericht, um die
Bundesregierung zur Umsetzung emissionssenkender Maßnahmen zu zwingen.
26 Jun 2024
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## AUTOREN
DIR Hannes Koch
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