# taz.de -- Freie Sachsen bei Kommunalwahl Sachsen: Braune Flecken im blauen Teppich
> Bei den Kommunalwahlen erzielen die rechtsextremen Freien Sachsen teils
> zweistellige Ergebnisse. Sie ziehen in alle Kreistage ein.
IMG Bild: Demonstration der rechtsextremen „Freien Sachsen“ in Chemnitz im März 2024
Berlin taz | Von einem „Sturm auf die Rathäuser“ und einer „weiß-grünen
Welle“ [1][hatten die Freien Sachsen im Vorfeld getönt]. Am Montag klang
die rechtsextreme Partei verhaltener, freute sich aber über eine „solides“
Ergebnis bei der [2][sächsischen Kommunalwahl]. Insgesamt gewann die Partei
mehrere dutzend Mandate im Freistaat, sitzt dort nun in allen Kreistagen
und in etlichen Gemeindevertretungen.
Bei den Freien Sachsen mischen [3][frühere NPD-Funktionäre,
Kameradschaftler oder Reichsbürger] mit. Die Partei versteht sich explizit
als „Sammlungsbewegung“, erlaubt auch doppelte Parteimitgliedschaft. Der
sächsische Verfassungsschutz hat die Freien Sachsen schon lange als
gesichert rechtsextrem eingestuft. Und dennoch holte die Partei am Sonntag
etwa in Lößnitz im Erzgebirge 19 Prozent der Stimmen. Hier profitierte sie
davon, dass die AfD vor Ort nicht antrat. Gleiches galt in Lunzenau bei
Chemnitz, wo die Partei 17 Prozent erzielte, in Trebsen mit 16,6 Prozent
oder in Bannewitz mit 15,6 Prozent.
Anderswo zog die Partei auch parallel zur AfD in Parlamente ein, etwa in
Leisnig, auf halber Strecke zwischen Leipzig und Dresden. Dort traten die
Freien Sachsen [4][mit völkischen Siedlern um den früheren Funktionär der
NPD-Jugend Christian Fischer an], erzielten 10,7 Prozent – zugleich kam die
AfD auf 18,5 Prozent. Damit lagen die Rechtsextremen vor Ort gleichauf mit
Linken und SPD, die Grünen zogen in Leisnig gar nicht mehr ins Parlament
ein.
## „Ernüchternde, gefährliche Situation“
Auch in Aue holten die Freien Sachsen 12 Prozent – die AfD kam parallel auf
21,8 Prozent. In Herrnhut waren es 10,5 Prozent für die Freien Sachsen, bei
19,7 Prozent für die AfD. In Heidenau kamen beide Parteien zusammen auf
fast 40 Prozent: 33,5 Prozent waren es für die AfD und 6,1 Prozent für die
Freien Sachsen. Für die Neonazipartei sitzt hier nun der frühere
NPD-Aktivist Max Schreiber im Parlament, der zuletzt mit der
[5][Organisation von zahlreichen Demonstrationen und mit Drohungen gegen
Politiker*innen auffiel] – und in der Stadt die viertmeisten Stimmen
aller Kandidierenden erhielt. In Freiberg gewann der rechte Youtuber Simon
Stein alias „Herr Aber“ für die Freien Sachsen ein Mandat, in Freital war
es René Seyfried, der einst Anti-Asyl-Proteste mitorganisierte.
Bei den Kreistagswahlen blieben die Freien Sachsen dagegen durchweg unter 5
Prozent, schnitten am stärksten noch im Erzgebirge mit 4,6 Prozent ab. „Die
Hoffnungen sind immer größer“, erklärte der Parteivorstand dazu. Die
Ergebnisse aber seien dennoch ein Erfolg, sachsenweit habe man gut 100
Mandate geholt. Eine landesweite Verankerung sei damit gelungen, teils
seien Kreistagsmehrheiten „gegen das etablierte Parteienkartell möglich“.
Michael Nattke vom Kulturbüro Sachsen, das Gemeinden zu Rechtsextremismus
berät, sagte, Beobachter und die Freien Sachsen selbst hätten durchaus
größere Erfolge erwartet. „Trotzdem sind zweistellige Ergebnisse für
glasklare Rechtsextreme in den lokalen Parlamenten erschreckend.“
Auch insgesamt sei der Wahlsonntag mit dem AfD-Durchmarsch „eine
Katastrophe“, so Nattke zur taz. „Das demokratische ‚Wir sind mehr‘ gilt in
weiten Teilen Sachsens nicht mehr. Die Zivilgesellschaft, die für diese
Werte eintritt, steht nun einer breiten Front der Antidemokraten
gegenüber.“ Linke Parteien seien vielerorts völlig marginalisiert. Wie
Gemeinden mit solchen Mehrheiten künftig Demokratieprojekte anstoßen und
fördern würden, sei „völlig schleierhaft“, warnt Nattke. „Das ist eine sehr
ernüchternde, gefährliche Situation.“
Die Freien Sachsen hatten sich [6][2021 um den Chemnitzer Anwalt und
Rechtsextremen Martin Kohlmann gegründet]. Sie hatten im Wahlkampf
Politiker*innen als „Politverbrecher“ geschmäht und gegen Geflüchtete
agitiert. Offen wurde mit einer „patriotischen“ Zusammenarbeit mit der AfD
kokettiert. Die Freien Sachsen kündigten an, in den Parlamenten vor allem
Informationen etwa über geplante Asylunterkünfte abgreifen und dem
politischen Gegner „das Leben schwerer machen“ zu wollen.
10 Jun 2024
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## AUTOREN
DIR Konrad Litschko
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