URI: 
       # taz.de -- Änderung im Prozessrecht: Journalisten dürfen mithören
       
       > Der Bundestag beschließt Änderungen im Völkerstrafrecht. Medien haben nun
       > Zugang zu Übersetzungen bei Prozessen. Aufzeichnungen werden erleichtert.
       
   IMG Bild: Die Möglichkeiten für die Berichterstattung der internationalen Presse sollen verbessert werden
       
       BERLIN taz | Der Bundestag hat den Zugang internationaler Medien zu
       deutschen Prozessen gegen Folterer, Kriegsverbrecher und Völkermörder
       verbessert. Die Medien haben nun ein Recht auf Übersetzung. Außerdem können
       Prozesse von historischer Bedeutung aufgezeichnet werden.
       
       Das seit 2002 geltende deutsche Völkerstrafgesetzbuch ermöglicht es, in
       Deutschland auch dann Strafprozesse zu führen, wenn weder Täter noch Opfer
       Deutsche sind und die Tat auch nicht in Deutschland stattgefunden hat.
       Möglich ist dies bei Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die
       Menschlichkeit. Bisher gab es nur eine Handvoll derartiger Prozesse. Am
       bekanntesten ist [1][das Urteil des Oberlandesgericht Koblenz 2022 gegen
       syrische Folterer].
       
       Am 6. Juni hat der Bundestag nun das Gesetz zur Fortentwicklung des
       Völkerstrafrechts beschlossen. Wichtigste Neuerung ist dabei, dass die
       Opfer solcher Verbrechen auch als Nebenkläger an deutschen Prozessen
       teilnehmen können. Das Gesetz enthält aber auch Regelungen, die die
       Breitenwirkung völkerstrafrechtlicher Verfahren verstärken sollen.
       
       So sollen die Möglichkeiten der internationalen Presse verbessert werden,
       über solche Verfahren zu berichten. Da die Prozesse in deutscher Sprache
       geführt werden, auch wenn Angeklagte und Zeugen kein Deutsch sprechen, gibt
       es in solchen Verfahren bereits jetzt Simultanübersetzungen. Künftig kann
       das Gericht internationalen Medien Zugang zu dieser Übersetzung gewähren.
       Ein Rechtsanspruch besteht freilich nicht.
       
       ## Bezahlte Dolmetscher
       
       Medien, die keinen Zugang zur offiziellen Simultanübersetzung erhalten,
       haben nun aber ein Recht, auf eigene Kosten einen Flüsterdolmetscher zu
       beschäftigen. Das Gericht kann dies nur beschränken, wenn es im
       Gerichtssaal so laut wird, dass die Verhandlung gestört ist.
       
       Zudem ermöglicht das Gesetz die Aufnahme historischer
       völkerstrafrechtlicher Prozesse. Seit 2018 sind solche historischen
       Aufnahmen grundsätzlich möglich. Jetzt soll die Einschränkung gestrichen
       werden, dass diese Bedeutung „für die Bundesrepublik Deutschland“ haben
       müssen. Aufnahmen sollen auch möglich sein, „wenn Straftaten verhandelt
       werden, die die Menschheit als solche betreffen, weil sie deren gemeinsame
       Wertegrundlage grundlegend erschüttern“, heißt es in der
       Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses.
       
       [2][Solche historischen Aufnahmen landen aber zunächst im Bundesarchiv].
       Dort bleiben sie grundsätzlich 30 Jahre beziehungsweise bis 10 Jahre nach
       dem Tod der Beteiligten verschlossen. Allerdings kann das Bundesarchiv die
       Fristen für wissenschaftliche und Medienzwecke verkürzen, wenn der Schutz
       von Opfern und Zeugen gewahrt wird.
       
       Schließlich sollen wichtige völkerstrafrechtliche Urteile künftig auch auf
       Englisch veröffentlicht werden. Dies ist zwar nicht ausdrücklich im Gesetz
       geregelt, wurde aber vom Bundesjustizministerium im letzten Herbst
       angekündigt. „Für die internationale Wahrnehmung auch durch Medien ist das
       besonders wichtig“, erklärte der grüne Rechtspolitiker Helge Limburg.
       
       10 Jun 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Historischer-Folter-Prozess-in-Koblenz/!5825396
   DIR [2] /Stasi-Unterlagen-nun-im-Bundesarchiv/!5777074
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Rath
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Pressefreiheit
   DIR Strafrecht
   DIR Journalistin
   DIR Völkermord
   DIR Deutschland
   DIR Internationaler Strafgerichtshof
   DIR Schwerpunkt Nahost-Konflikt
   DIR Schwerpunkt Nahost-Konflikt
   DIR Syrien Bürgerkrieg
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Internationaler Strafgerichtshof: Strafrecht, nicht Politik
       
       Der IStGh hat richtig entschieden. Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen
       die Menschlichkeit müssen verfolgt und bestraft werden.
       
   DIR Haftbefehle gegen Hamas und Netanjahu: „Widerstand“ war Kriegsverbrechen
       
       Gegen die Führung der Hamas und auch gegen Netanjahu und Galant hat der
       IStGh Haftbefehle beantragt. Die Hamas wird sich nicht ändern – Israel
       schon.
       
   DIR Historischer Folter-Prozess in Koblenz: Lebenslang für Syrer
       
       Erstmals wurde ein höherer Mitarbeiter des Assad-Regimes wegen Verbrechen
       gegen die Menschlichkeit verurteilt. Über einen historischen Tag in
       Koblenz.