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       # taz.de -- Giftige Algen in Grenzfluss: Wieder tote Fische in der Oder
       
       > Im deutsch-polnischen Grenzfluss vermehrt sich die giftige Goldalge
       > rasant, wieder sterben Fische. Naturschützer sind alarmiert und erinnern
       > an die Katastrophe von 2022.
       
   IMG Bild: Droht wieder ein massenhaftes Fischsterben? Am Montag im Winterhafen von Frankfurt/Oder
       
       Frankfurt/Oder dpa/bb | Rund [1][zwei Jahre nach der Umweltkatastrophe in
       der Oder] lösen tote Fische und eine massenhafte Vermehrung der giftigen
       Goldalge große Sorgen um den deutsch-polnischen Grenzfluss aus. Es könne
       keine Entwarnung gegeben werden, teilte das Umweltministerium in Potsdam am
       Mittwochabend nach Beratungen mit dem Landesumweltamt mit.
       
       Die seit Tagen sehr hohe Algenkonzentration weckt Erinnerungen an das
       massenhafte Fischsterben im Sommer 2022, das vor allem durch das Gift
       dieser Goldalge ausgelöst wurde. Wissenschaftler und Umweltschützer
       [2][sind beunruhigt über den Zustand der Oder.] Vor allem die
       Organisationen Greenpeace und WWF kritisierten zu hohe Salzeinleitungen
       durch die Bergbauindustrie.
       
       Das Umweltministerium teilte mit, trotz einer leichten Stabilisierung im
       Vergleich zum vergangenen Wochenende blieben die Messwerte zur elektrischen
       Leitfähigkeit und der Chlorophyllgehalt im Gewässer sehr hoch. Die Werte
       sind Indikatoren etwa für Salzgehalt und Algenbelastung. Am vergangenen
       Wochenende waren laut Behörde auch die Giftwerte im Fluss in Frankfurt
       (Oder) sehr hoch. Am Winterhafen in Frankfurt (Oder) waren etwa am Dienstag
       dutzende tote Fische zu sehen.
       
       „Die ausgegebene Gefährdungsstufe 3 bleibt bestehen“, teilte das
       Umweltressort mit. Bei dieser höchsten Stufe im Warnsystem zur Oder, das
       nach der Umweltkatastrophe 2022 eingeführt wurde, werde von einer
       Algenblüte durch Prymnesium parvum ausgegangen.
       
       ## Das Alarm- und Meldesystem funktioniert besser
       
       Die aktuelle Wettersituation habe sich durch hohe Abflusswerte in der Oder
       bisher begünstigend ausgewirkt, sodass die Auswirkungen bislang nicht mit
       denen im Jahr 2022 vergleichbar seien, so das Ministerium. Hoher
       Salzgehalt, Niedrigwasser, hohe Temperaturen und das Gift der Goldalge
       hatten aus Expertensicht im Sommer 2022 das massenhafte Fischsterben in der
       Oder ausgelöst.
       
       Das Landesumweltamt berät nun über weitere Maßnahmen der Wassersteuerung
       und informiert unter anderem auch Landkreise und das
       Bundesumweltministerium über die Entwicklungen, wie es hieß. Das Alarm- und
       Meldesystem sei nach der Umweltkatastrophe 2022 mit der polnischen Seite
       optimiert worden. Der Datenaustausch habe sich vor allem unter der neuen
       polnischen Regierung deutlich verbessert, so das Umweltministerium.
       
       Der Fischökologe Christian Wolter vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie
       und Binnenfischerei (IGB) zeigte sich besorgt. Er sei beunruhigt wegen der
       Ausbreitung der Goldalgen (Prymnesium parvum). „Aber es ist schwierig zu
       sagen, wie sich das entwickelt“, meinte Wolter. Es müsse analysiert werden,
       warum sich die Alge anders als im vergangenen Jahr nun stärker ausbreite.
       Das werde den Forschern neue Erkenntnisse bringen. Die Wissenschaftler des
       IGB forschen zum Zustand der Oder und der Alge. Dem Fischökologen Wolter
       zufolge sind tote Fische bislang in Nebengewässern der Oder entdeckt
       worden, nicht im Hauptstrom.
       
       Im vergangenen Jahr hieß es bereits, die Gefahr einer erneuten
       Umweltkatastrophe an der Oder sei nicht gebannt. Umweltschützer dringen auf
       einen besseren Schutz des deutsch-polnischen Grenzflusses. Nach Schätzungen
       des IGB waren im Sommer 2022 bis zu 1.000 Tonnen Fisch im Gewässer
       verendet.
       
       ## Greenpeace fordert Stopp der Salzeinleitungen
       
       Greenpeace hält die Einleitung salziger Abwässer aus polnischen Bergwerken
       für die Ursache und warf der Regierung seit dem Fischsterben 2022
       Untätigkeit vor. Die Umweltorganisation kritisierte am Mittwoch: „Die
       Folgen sind eindeutig und messbar – der Gehalt von Salz und Chlorophyll in
       der Oder ist in den vergangenen Wochen und Monaten stetig gestiegen.“
       
       Nur durch einen Stopp der Salzeinleitungen und eine entsprechende
       Überwachung durch polnische Behörden lasse sich verhindern, dass es zu
       weiteren ökologischen Katastrophen im polnisch-deutschen Fluss komme, sagte
       der Umwelttoxikologe von Greenpeace, Julios Kontchou. Auch in einem Bericht
       der Europäischen Kommission zur Oder-Katastrophe von 2022 heißt es, dass
       der hohe Salzgehalt der Oder „wahrscheinlich zumindest teilweise auf
       Einleitungen stark salzhaltiger Industrieabwässer, z. B. aus
       Bergbautätigkeiten, zurückzuführen war“.
       
       Die Naturschutzorganisation WWF fordert, den sowohl von Deutschland also
       auch Polen betriebenen Ausbau des Flusses zu stoppen. „Der Ausbau der Oder
       würde zerstören, wofür der Fluss berühmt ist, nämlich seine naturnahen Auen
       im verzweigten Unterlauf des Flusses“, schreibt der WWF. „Der Ausbau würde
       auch Deutschlands einzigen Auen-Nationalpark gefährden, den Nationalpark
       Unteres Odertal. Auf einer Strecke von rund 500 Kilometern fließt die Oder
       noch frei und ungestaut bis zu ihrer Mündung in die Ostsee. Schon das macht
       die Oder besonders“, heißt es in einer Mitteilung.
       
       Auch in Polen hatte das Umweltministerium vor Kurzem mitgeteilt, dass die
       Zahl der Goldalgen zugenommen habe und die Behörden die Situation laufend
       überwachten. In dem von der Oder abzweigenden Gleiwitzer Kanal habe sich
       dagegen ein deutlicher Rückgang der Algen gezeigt. Polnische Behörden
       wollen unter anderem den Wasserdurchfluss erhöhen, um eine Ausbreitung der
       Alge zu erschweren, wie es im Mai hieß.
       
       13 Jun 2024
       
       ## LINKS
       
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