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       # taz.de -- Abschiebung von Straftätern: Wie einst Horst Seehofer
       
       > Straffällig gewordene Geflüchtete zurück nach Afghanistan? Der
       > Untersuchungsausschuss zum Debakel am Hindukusch beschert ein Déjà-vu.
       
   IMG Bild: In Afghanistan und Syrien drohen Abgeschobenen Folter und Tod
       
       Berlin taz | Der [1][Untersuchungsausschuss zum Afghanistandebakel] führt
       zu merkwürdigen Konstellationen. Da spricht der geladene Zeuge Ulrich
       Weinbrenner, Abteilungsleiter im Innenministerium, am Donnerstag über
       Abschiebungen nach Afghanistan im Sommer 2021. Diese waren im Frühjahr
       zuvor gestoppt worden, auch wegen der drohenden Machtübernahme der Taliban.
       Die gewannen damals schnell an Boden, die Sicherheitslage verschärfte sich
       stetig. Warum das Innenministerium – damals unter Horst Seehofer von der
       CSU – trotzdem noch einen Abschiebeflug plante, will ein SPD-Abgeordneter
       heute von ihm wissen. Es schwingt mit, dass er es für eine schlechte Idee
       hält, Menschen an einen Ort zu schicken, der droht, von den Taliban
       überrannt zu werden.
       
       Und doch will das aktuelle Innenministerium – inzwischen SPD-geführt –
       [2][genau da weitermachen], wo Seehofer 2021 aufhören musste. Und das,
       obwohl die Taliban inzwischen ganz Afghanistan kontrollieren. Bundeskanzler
       Olaf Scholz hat letzte Woche verkündet, künftig Straftäter*innen, Gefährder
       und Terrorsympathisanten wieder nach Afghanistan und auch nach Syrien
       abschieben zu wollen.
       
       Hintergrund ist der mutmaßlich islamistische [3][Messerangriff von
       Mannheim], bei dem ein Afghane einen Polizisten erstach. Wenn
       Abteilungsleiter Weinbrenner in seiner Antwort dann vom „Handlungsdruck“
       spricht, der sich 2021 aus der Zahl der ausreisepflichtigen Afghan*innen
       in Deutschland ergeben habe, dann darf man davon ausgehen, dass den auch
       die aktuelle Bundesregierung verspürt.
       
       Lob für die deutschen Pläne gab es am Donnerstag von Österreichs
       Innenminister Gerhard Karner (ÖVP). Der Welt sagte er: „Dieses Thema werden
       wir beim Rat der Innenminister weiter vorantreiben. Am besten wäre eine
       europäische Lösung in dieser Frage.“
       
       Das deutsche Auswärtige Amt sperrt sich bisher aber gegen die
       Abschiebepläne und verweist dabei auf die fehlenden diplomatischen
       Beziehungen zu den Regimen in beiden Ländern. Zu Afghanistan sagte
       Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) schon letzte Woche: „Wie will man
       mit einem islamischen Terrorregime zusammenarbeiten, mit dem wir gar keine
       Beziehungen haben?“ Auch andere Grüne sind kritisch, sie führen vor allem
       humanitäre Gründe an.
       
       Menschenrechtsorganisationen lehnen die Pläne der Bundesregierung ohnehin
       ab. Wiebke Judith, Rechtsexpertin bei Pro Asyl, sagte der taz, das syrische
       Regime sei „berechtigterweise international geächtet“. Daran dürfe
       Deutschland nicht rütteln, genauso wenig dürfe die Isolation der Taliban in
       Afghanistan beendet werden. In beiden Ländern drohten Abgeschobenen Folter
       und Tod, die Pläne verstießen deswegen gegen das Völkerrecht.
       
       13 Jun 2024
       
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