URI: 
       # taz.de -- MannSein-Event in Berlin: Von Feminismus stirbt man nicht
       
       > Das Event „MannSein“ in Berlin will die Rolle des Mannes neu definieren –
       > und verstärkt dabei bloß starre binäre Vorstellungen.
       
   IMG Bild: Keine Angst, Feminimus bringt niemanden um!
       
       Man kennt sie, die Frauenhasser, für die Feminismus nichts anderes als
       Männerhass und Feministinnen nichts anderes als links-grün versiffte Hexen
       sind. Die Maximilian Krahs dieser Welt, die Feminismus als „Krebs“
       bezeichnen und jungen Männern auf TikTok raten: „Lass dir nicht einreden,
       dass du lieb, soft, schwach und links zu sein hast. Echte Männer haben
       Ideale, echte Männer sind rechts.“
       
       Schlimm genug, dass es diese Antifeministen gibt, für die Gendern und
       Achselhaare bei Frauen den Untergang des Abendlandes ankündigen. Doch
       ähnlich wie bei Corona sprießen ständig neue Varianten, neue Strömungen von
       Antifeministen, aus dem Boden.
       
       Seit einiger Zeit kommt das Virus von innen. Von den Männern, die nicht
       müde werden zu betonen: „Ich bin Feminist“. Zu diesen vermeintlichen
       Gleichberechtigungs-Befürwortern zählen die 350 Männer, die sich [1][an
       diesem Wochenende in Tegel zur „MannSein“, Europas größtem Event für
       Männer,] versammeln. Dort gehen sie zwei Tage lang gemeinsam der Frage
       nach: „Was bedeutet es, ein Mann zu sein?“.
       
       Wer sich ein Ticket zur MannSein kauft, bekommt eine Art Männergrippe-Abo
       gratis dazu. Denn die Männerrechtler und -coaches, die dort auftreten,
       verstehen sich als Opfer der Frauen. Er beobachte mit Sorge, dass die
       Autonomie des Mannes verloren gehe, erzählt ein Redner, Gerald Hüther, der
       taz. Von Vegansein bis Windelwickeln: Sie versuchten lediglich, den
       Erwartungen der Partnerin gerecht zu werden. Denn – na logo – bei Frauen
       ist Windelwickeln Intuition.
       
       ## Männer sollen sich spüren
       
       Auf der MannSein wird über Gefühle gesprochen, es wird gekuschelt und
       geweint. [2][Er wolle mit seinem Vortrag Männern helfen, sich „fühlen und
       spüren zu lernen“], sagt ein Männerpsychologe und Redner zur taz, Männer
       sollten sich duch das Event stärker in ihrer „männlichen Energie“
       verankern, ein anderer. Alles für die Gleichberechtigung, versteht sich.
       
       Nur passt das aufgetischte Gleichberechtigungs-Gelaber der selbsternannten
       Männerrechtler vorne und hinten nicht zusammen. Wenn es eine „neu
       überdachte Emanzipationsbewegung nicht als Mann oder Frau, sondern als
       Mensch“ brauche, wie Hüther der taz sagt, warum werden Frauen dann von dem
       Event ausgeschlossen? Wenn „der Mann der Zukunft“ nicht mehr der „Krieger
       oder Konfliktlöser“, sondern ein „Liebender“ sein soll, wie er fortführt,
       warum wird dann der Haka (Kriegertanz der Maori) getanzt, warum werden dann
       Coachings angeboten, bei denen die „männliche Führungsstärke“ gefördert
       wird?
       
       Noch unglaubwürdiger wird der vermeintliche Feminismus durch Angebote des
       MannSein-Initiators John Aigner (alias „Der Mann, der Männer macht“) auf
       seiner Berliner Coaching-Plattform „mannsvolk“. Dort richtet er sich an
       „brave Jungs“, die sich nicht trauten, „wild und hemmungslos“ zu seien, und
       verspricht ihnen, sie zu einem „potenteren Mann“ mit „geilerem Sex“ zu
       machen.
       
       ## Männer brauchen Orientierung
       
       „Männer leiden sehr darunter, dass das bisherige Männerbild
       zusammengebrochen ist und ihnen noch nicht gelungen ist, ein Bild des
       zukünftigen Mannes aufzubauen“, glaubt Hüther. Soweit herrscht Einigkeit.
       Bei der Schlussfolgerung scheiden sich jedoch die Geister.
       
       Denn Männer werden sich in dieser Welt nicht besser zurechtfinden, wenn sie
       bei Events ausschließlich unter Männern ihre „männlichen Werte“ stärken.
       Die Beschwörung der Notwendigkeit, sich auf „männliche“ und „weibliche“
       Fähigkeiten zurückzubesinnen, unterfüttert mit biologistischen Argumenten,
       ist weder wissenschaftlich noch zielführend. Dadurch werden keine
       männlichen Schweige-, Gewalt- und Blockadekulturen gelöst und keine
       patriarchal-gewaltvollen Strukturen aufgebrochen. Es verstärkt lediglich
       starre binäre Vorstellungen und Stereotype männlicher und weiblicher
       Attribute.
       
       Um Männern Orientierung zu bieten und echte Gleichberechtigung zu
       erreichen, bedarf es eines ernsthaften Interesses an den
       Lebensweltlichkeiten von Frauen. Und zwar nicht in Form von: Wie kann ich
       die rumkriegen?
       
       Es bringt nichts, sich zu umarmen, Kriegertänze aufzuführen und sich [3][in
       gleichgeschlechtlichen Parallelgesellschaften zu verschanzen]. Kuscheln
       kann vieles, aber nicht das Patriarchat stürzen. Es muss über die
       Strukturen gesprochen werden. Scheut euch nicht, Worte wie „Feminismus“
       oder „Patriarchat“ in den Mund zu nehmen. Keine Sorge, Maximilian Krah
       lügt: Feminismus ist kein Krebs. Davon stirbt man nicht.
       
       15 Jun 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /MannSein-Event/!6017095
   DIR [2] /MannSein-Konferenz-in-Berlin/!5507675
   DIR [3] /Rudel-Phaenomen-auf-Social-Media/!6000234
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Lilly Schröder
       
       ## TAGS
       
   DIR Toxische Männlichkeit 
   DIR Antifeminismus
   DIR Maskulinismus
   DIR Wochenkommentar
   DIR Social-Auswahl
   DIR Toxische Männlichkeit 
   DIR Toxische Männlichkeit 
   DIR Männer
   DIR Männlichkeit
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Kritische Männlichkeit in der Schule: Wann ist ein Mann ein Mann?
       
       Zwölf pubertierende Jungen sollen sich in einem Schulworkshop kritisch mit
       Männlichkeit beschäftigen. Klappt das, wenn sie Zärtlichkeit kaum kennen?
       
   DIR MannSein-Event: Kuscheln, Eisbaden & Brusttrommeln
       
       Auf Europas größtem Männer-Event tauschen sich in Berlin am Wochenende
       Männer über das „Mannsein“ aus. Es wird gekuschelt, gekämpft und
       eisgebadet.
       
   DIR „Rudel“-Phänomen auf Social Media: Mehr als Pfadfinder reloaded?
       
       Junge Männer treffen sich in abgelegenen Camps, um „männliche“ Ideale zu
       zelebrieren. In den sozialen Medien trifft ihr Marketing einen Nerv.
       
   DIR „MannSein“-Konferenz in Berlin: Im männlichen Schutzraum
       
       Bei der Konferenz begegnen sich Männer angenehm uncool. Doch über wirkliche
       Probleme wird auch dort lieber geschwiegen als gesprochen.