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       # taz.de -- Kinderreport 2024 vorgestellt: Mehr Beteiligung nötig und möglich
       
       > Deprimierendes Ergebnis: Nur neun Prozent der Kinder und Jugendlichen
       > findet, ihre Generation wisse ausreichend über demokratische Abläufe
       > Bescheid.
       
   IMG Bild: Der Kinderreport 2024 „Demokratiebildung in Deutschland“ wird von Holger Hofmann, Thomas Krüger und Hendrik Wüst vorgestellt
       
       Berlin taz | Das Deutsche Kinderhilfswerk hat am Freitag in Berlin seinen
       Kinderreport 2024 vorgestellt. Danach glauben nur 54 Prozent der Kinder und
       Jugendlichen, dass sich ihre Generation als Erwachsene für die Demokratie
       in Deutschland einzusetzen werde. Demgegenüber glauben das immerhin rund
       zwei Drittel der erwachsenen Bevölkerung.
       
       Die Erwachsenen meinen allerdings zu 54 Prozent, dass es Kindern und
       Jugendlichen an Kompetenzen fehle, um an demokratischen Prozessen
       teilzuhaben. Das sehen die selbst zu 48 Prozent so. Jeweils 89 Prozent
       beider befragter Gruppen sind der Ansicht, im Unterricht sollten aktuelle
       politische Ereignisse mehr besprochen und erklärt werden.
       
       Der jährlich erscheinende Kinderreport fußt auf repräsentativen
       Befragungen. In diesem Jahr stand das Thema Demokratiebildung im
       Mittelpunkt. 666 Kinder und Jugendliche sowie 1.000 Erwachsene wurden dafür
       getrennt im Januar befragt. Vorgestellt wurde der Bericht vom Präsidenten
       des Deutschen Kinderhilfswerks (DKHW), Thomas Krüger, dem
       DKHW-Geschäftsführer Holger Hofmann und dem nordrhein-westfälischen
       Ministerpräsidenten Hendrik Wüst.
       
       Der Report zeigt, dass Kinder und Jugendliche sich mehr Empowerment und
       Bildung wünschen, um sich eben mehr einbringen zu können. Ein großer
       Faktor, warum sie es bisher nicht tun, sei auch, dass es Kindern und
       Jugendlichen an Informationen über politische Abläufe und damit
       Partizipationsmöglichkeiten fehle. Während die Hälfte der befragten
       Erwachsenen angibt, Kinder seien ausreichend über politische Prozesse
       informiert, glauben das nur neun Prozent der befragten Kinder und
       Jugendlichen.
       
       ## Nur unzureichend über politische Prozesse informiert
       
       Kinder und Jugendliche sollten besser lebensweltnah und zielgruppengerecht
       über politische Prozesse und Themen informiert werden, fordert das Deutsche
       Kinderhilfswerk in seinem Report. Zu erreichen sei das „über die reine
       Wissensvermittlung, praktische Beteiligungserfahrungen im Bildungssystem
       oder auch die Stärkung der Beteiligungskultur in Familien“.
       
       „Die Demokratie ist eine Gesellschaftsform, die in jeder Generation neu
       gelernt werden muss und deren Fortbestand nicht ohne Weiteres vorausgesetzt
       werden darf“, sagte DKHW-Präsident Krüger, der auch Präsident der
       Bundeszentrale für politische Bildung ist. Dementsprechend sei
       Demokratiebildung eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.
       
       Laut dem Kinderreport sehen 81 Prozent der Erwachsenen als einen Grund für
       einen Verlust der Demokratiefähigkeit, dass in der Gesellschaft generell
       der respektvolle Umgang mit und die Offenheit für verschiedenen Meinungen
       abnehme. 68 Prozent der befragten Kinder und Jugendlichen sind frustriert,
       weil ihre Interessen in der Gesellschaft nicht berücksichtigt werden
       würden.
       
       Kinder und Erwachsene setzen auch unterschiedliche Schwerpunkte im Hinblick
       darauf, wer die hauptsächliche Verantwortung für die Demokratieförderung
       bei Kinder- und Jugendlichen trägt. Während Erwachsene mit 85 Prozent die
       Eltern und die Familie als wichtigste Quellen ansehen, sind es bei Kindern
       und Jugendlichen zu 73 Prozent Institutionen, wie Schule und Kita.
       
       ## Auftrag für Politik und Gesellschaft
       
       Krüger sagte dazu, es brauche flächendeckend ausgebaute politische Bildung.
       Hier spielten Soziale Medien eine Schlüsselrolle. Dort werde aber von
       Jugendlichen alles als „Nachricht“ wahrgenommen. Um dem entgegenzuwirken,
       gehörten Medienbildung und politische Bildung zusammen.
       
       Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Wüst bewertete die Umfrageergebnisse
       als klaren Auftrag für Politik und Gesellschaft, dass Kindern und
       Jugendlichen besser zugehört müsse. Ihre Anliegen müssten stärker in
       politische Entscheidungen einbezogen werden. „Wenn sich junge Leute nicht
       mehr einbringen wollen, wie funktioniert dieses Land dann?“, fragte er
       rhetorisch.
       
       „Wir müssen als Demokraten um diese Jugend kämpfen“, sagte der
       CDU-Politiker mit Blick auf die Ergebnisse bei der Europawahl. Die AfD
       hatte bei jüngeren Menschen deutlich zugelegt. Es gehe darum, Partizipation
       “„schon bei den Kleinsten in der Kita, in der Grundschule“ erlebbar und
       Freude daran zu machen. „Kinder brauchen Raum, Demokratie zu lernen“, sagte
       Wüst.
       
       ## Neue Kommunikationswege und Inhalte
       
       Auch Jaqueline Kauka, Referentin für Grundsatzfragen des Landesjugendrings
       Berlin, bezeichnete es gegenüber der taz als „besonders wichtig, dass
       Kinder und Jugendliche Selbstwirksamkeit erfahren“. So müssten Jugendclubs,
       und andere Orte, an denen das möglich sei, eine dauerhafte Förderung
       erhalten.
       
       Kauka sieht Kinder und Jugendliche nicht in der alleinigen Verantwortung
       sich zu informieren. Sie müssten „über ihre Kommunikationskanäle
       angesprochen werden, auch über Soziale Medien“, sagte sie der taz.
       
       Es müssten Kommunikationswege und Inhalte gewählt werden, die der
       Lebensrealität entsprächen, so Kauka. Zudem gehörte zur stärkeren
       politischen Beteiligung von Kindern und Jugendlichen, dass einerseits Räume
       und Gelegenheiten dafür geschaffen werden. „Andererseits müssen ihre Themen
       auch von der Politik in Inhalte übersetzt werden“, forderte sie.
       
       14 Jun 2024
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Alexandra Kehm
       
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