URI: 
       # taz.de -- Zaun um den Görlitzer Park: Das Machtsymbol materialisiert sich
       
       > Der Zaunbau am Görlitzer Park soll schon in zwei Wochen starten. Für das
       > Schließ-Management rechnet der Senat mit Kosten von 800.000 Euro
       > jährlich.
       
   IMG Bild: Neben den Dealern eine Hauptbesuchergruppe des Görli: PolizistInnen
       
       Berlin taz | Ein Jahr nach der [1][mutmaßlichen Gruppenvergewaltigung] im
       Görlitzer Park, neun Monate nach dem „Berliner Sicherheitsgipfel“ und vier
       Monate nach [2][Vorlage eines Maßnahmenpakets durch den Senat] steht der
       Baubeginn des Zauns um die Kreuzberger Grünanlage unmittelbar bevor.
       Genauer: „Bis Mitte Juli“ werde der 220 Meter lange „Lückenschluss“
       realisiert, der die existierende Mauer um das Gelände ergänzen soll. Das
       teilte die Senatsumweltverwaltung auf Anfrage der Linken mit. In der
       Antwort, die der taz vorliegt, heißt es zudem, für das „Ende des 3.
       Quartals“ sei der Bau von Toren in den Parkzugängen vorgesehen.
       
       Wie aus der Antwort von Umweltstaatssekretärin Britta Behrendt auf die
       Anfrage der Abgeordneten Elif Eralp und Niklas Schenker hervorgeht, hat der
       Senat die landeseigene Grün Berlin GmbH mit der sogenannten Umfriedung
       beauftragt. Im Juni sei „die Entwurfsplanung abgeschlossen und eine
       Bauplanungsunterlage zur Prüfung eingereicht“ worden. Für den Lückenschluss
       – zwei Teilstrecken an der Wiener Straße, eine neben dem Cabuwazi-Zirkus,
       die andere an der Ecke zum Görlitzer Ufer –, sei bereits ein Planungsbüro
       beauftragt worden. Der Baustart bei den „Eingangssituationen“ sei noch von
       der weiteren Planung abhängig.
       
       Wie berichtet, soll die Umzäunung und nächtliche Schließung des Parks gegen
       den Willen des Bezirks realisiert werden. Neben dem Bezirksamt hatte sich
       auch die BVV Friedrichshain-Kreuzberg mit großer Mehrheit gegen das
       umstrittene Vorhaben positioniert. Erst [3][vor drei Wochen klagte der
       Bezirk vor dem Verwaltungsgericht] dagegen, dass der Senat die Maßnahme
       unter Nutzung des Eingriffsrechts gemäß dem Allgemeinen
       Zuständigkeitsgesetz (AZG) an sich gezogen hat.
       
       Wie das Bezirksamt bezweifeln auch die Linken-Parlamentarier Eralp und
       Schenker, dass der Senat rechtmäßig Gebrauch von dieser Ausnahmeregelung
       gemacht hat. In ihrer Anfrage wollen sie von der federführenden
       Umweltverwaltung wissen, was das „dringende Gesamtinteresse Berlins“ sein
       soll, das laut § 13 AZG von der Weigerung des Bezirks beeinträchtigt wird.
       
       Die Staatssekretärin antwortet darauf, der „gesamtstädtische Bezug des
       Kriminalitätsschwerpunktes Görlitzer Park“ bestehe „insbesondere in der (…)
       bezirksübergreifenden Ausstrahlungswirkung und stadtweiten Bedeutung“. Der
       Park habe sich „über Jahre zu einem zentralen Anlaufpunkt Berlins
       entwickelt“, und die „dort bestehenden Gefahren“ gingen „weit über eine
       rein bezirkliche Wirkung hinaus“.
       
       ## Kriminalistische Hypothesen
       
       Eralp und Schenker wollten auch wissen, welche „kriminalistische Hypothese“
       der Überlegung zugrunde liege, das nächtliche Abschließen eines einzelnen
       Parks könne stadtweit zur Verringerung des Drogenhandels und dessen
       Begleitkriminalität führen. Behrendt antwortet darauf, es handele sich
       lediglich um einen Bestandteil einer gesamtstädtischen Strategie mit 30
       Maßnahmen.
       
       Die Schließung zur Nachtzeit diene der „Eindämmung von Betäubungsmittel-
       und einhergehende Gewalt- und Eigentumsdelikten“, denn sie führe zu einem
       „wesentlichen Wegfall der Tatgelegenheitsstruktur“. Der Görlitzer Park sei
       „durch seine Struktur und eine dort über Jahrzehnte etablierte Drogenszene
       eine straftatenbegünstigende Örtlichkeit“ und weise im Vergleich aller
       Grünanlagen Berlins die meisten Straftaten auf.
       
       Die Linken-PolitikerInnen halten diese Begründung für „äußerst dünn“, zumal
       der Senat die höhere Rate an Straftaten gegenüber anderen Grünanlagen nicht
       einmal mit einer Vergleichsstatistik belege. Ihnen zufolge finden zudem
       über 75 Prozent der Straftaten Görlitzer Park tagsüber statt. Und „nur 3
       Prozent der im sogenannten kriminalitätsbelasteten Ort ‚Görlitzer
       Park/Wrangelkiez‘ erfassten Taten“ würden im Park selbst begangen. Der Zaun
       und die geplante „Verpolizeilichung“ seien „reine Symbolpolitik“. Eralp und
       Schenker kritisieren darüber hinaus, dass der Senat die Umzäunung in
       Auftrag gegeben habe, ohne das Urteil des Verwaltungsgerichts abzuwarten.
       
       Aber auch die laufenden Kosten der nächtlichen Schließung und deren
       Überwachung, die Behrendt mit jährlich 800.000 Euro angibt, halten sie
       unangemessen hoch. Das sei „eine Menge Geld, die der Senat für dieses
       Machtsymbol ausgeben“ wolle. „Angesichts der Haushaltssituation ist das
       komplett unverantwortlich.“
       
       1 Jul 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Berlin-Goerlitzer-Park/!5989201
   DIR [2] /Plaene-fuer-den-Goerlitzer-Park/!5990927
   DIR [3] /Zaunbau-um-den-Goerlitzer-Park/!5999643
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Claudius Prößer
       
       ## TAGS
       
   DIR Görlitzer Park
   DIR Kai Wegner
   DIR Clara Herrmann
   DIR Görlitzer Park
   DIR Schwerpunkt Stadtland
   DIR Görlitzer Park
   DIR Görlitzer Park
   DIR Friedrichshain-Kreuzberg
   DIR Manja Schreiner
   DIR Görlitzer Park
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Zaun um den Görlitzer Park: Zaun zu, Augen zu
       
       Am Wochenende protestierten Hunderte gegen die geplante Umzäunung des
       Görlitzer Parks. Sie werfen dem schwarz-roten Senat Populismus vor.
       
   DIR Görlitzer Park in Berlin-Kreuzberg: Eine Mauer gegen soziale Probleme
       
       Der Berliner Senat will unbedingt den Zaun um den Görlitzer Park, der
       Bezirk nicht. Dabei geht es nicht nur um die Frage der Drogenpolitik.
       
   DIR Zaun um den Görlitzer Park: Der Kampf um den öffentlichen Raum
       
       Gegner:innen der Schließung des Görlitzer Parks versammeln sich zur
       großen Aktionsnacht. Unterdessen verzögert sich der Beginn erster
       Zaunarbeiten.
       
   DIR Görlitzer Park: Bezirk scheitert mit Zaun-Klage
       
       Friedrichshain-Kreuzberg darf nicht gegen den Senat klagen, so das
       Verwaltungsgericht. Der Baubeginn naht, Anwohner kündigen zivilen
       Ungehorsam an.
       
   DIR Zaunbau um den Görlitzer Park: Man sieht sich vor Gericht
       
       Streit um den Zaunbau zu Kreuzberg geht in die nächste Runde. Die
       Bezirksverordnetenversammlung beauftragt das Bezirksamt, gegen den Senat zu
       klagen.
       
   DIR Pläne für den Görlitzer Park: Übersichtliche Umfriedung
       
       Der Zaun um den „Görli“ kommt im Sommer – bleibt aber offenbar wohldosiert.
       31 Millionen Euro kostet das Gesamtpaket baulicher und sozialer Maßnahmen.
       
   DIR Berlin Görlitzer Park: Ein Zaun braucht keine Opfer
       
       Weil die zentrale Zeugin nicht kommt, platzt der Prozess um eine
       mutmaßliche Gruppenvergewaltigung. Der Park soll trotzdem eingezäunt
       werden.