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       # taz.de -- Neue Regierung vereidigt: Auch Niederlande rücken nach rechts
       
       > In den Niederlanden kommt das rechteste Kabinett aller Zeiten an die
       > Macht. Im Fokus: strenge Migrationsregeln sowie EU- und Klimaskepsis.
       
   IMG Bild: Den Haag am 2. Juli: Das neue niederländische Kabinett wird vereidigt
       
       Amsterdam taz | Nach monatelangen Verhandlungen ist es nun so weit: Die
       Niederlande haben eine neue Regierung. Am Dienstag wurden Premier Dick
       Schoof, seine 15 Minister*innen und 13 Staatssekretäre vereidigt.
       Während [1][Schoof selbst parteilos ist,] vertritt das Kabinett ein
       Rechtsbündnis von der identitären (PVV) über die liberale Volkspartij voor
       (VVD) und den konservativen (NSC) bis zu der aus den Agrarprotesten der
       letzten Jahre hervorgegangenen (BBB).
       
       Die rechtspopulistische PVV – im November klare Siegerin der
       Parlamentswahlen – [2][übernimmt erstmals als vollwertige
       Koalitionspartnerin in Den Haag Regierungsverantwortung.] Als einzige
       Partei erhält sie fünf Ministerien: mit Gesundheit, Asyl und Migration,
       Außenhandel und Entwicklungshilfe, Wirtschaft sowie Infrastruktur sind
       darunter aber kaum Schlüsselressorts. Dafür stellt die PVV mit Marjolein
       Faber die Ministerin für Asyl und Migration. Das laut Koalitionsvertrag
       „strengste Migrationsregime Europas“ gehört zum Grundkonsens des
       „rechtesten Kabinetts jemals“, wie es Gesundheitsministerin Fleur Agema
       unlängst ankündigte.
       
       Die VVD, die als einzige Partei auch bisher vertreten war, bekommt mit
       Verteidigung, Finanzen und Justiz drei zentrale Ministerien. Der NSC leitet
       unter anderem Innen- und Außenressort, die BBB Wohnen und Landwirtschaft.
       Sämtliche Kabinettsmitglieder stehen erstmals an der Spitze eines
       Ministeriums. Anders als während der Koalitionsverhandlungen angekündigt,
       handelt es sich aber nicht um eine Regierung aus politikfernen
       Expert*innen.
       
       Nur Dick Schoof, der parteilose Premier, ist ein Quereinsteiger, der bisher
       sowohl Geheimdienst als auch Einwanderungsbehörde leitete und die
       Terrorbekämpfung koordinierte. Der als Premier vorgesehene Wahlsieger Geert
       Wilders war insbesondere für NSC-Chef Pieter Omtzigt nicht vermittelbar.
       Ex-Christdemokrat Omtzigt äußerte während der Verhandlungen mehrfach
       Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit der PVV und verließ zwischenzeitlich die
       Verhandlungen. [3][Dass Wilders sich als Premier zurückzog,] war der Preis,
       den er für die erste PVV-Regierung zahlen musste. Am Vortag der Vereidigung
       gab er sich auf X dennoch „superstolz“ und kündigte an: „Morgen schreiben
       wir Geschichte.“
       
       ## Kernstück ist weitreichendes Anti-Migrations-Programm
       
       Ihren inhaltlichen Kurs präsentierten die vier Koalitionsparteien bereits
       Mitte Mai. Sie kombinieren darin Klima- und EU-Skepsis mit einem
       Wohnungsbauprogramm und Kaufkraftmaßnahmen, die der vom NSC propagierten
       „Existenzsicherheit“ der Bürger*innen zugute kommen sollen. Einschnitte
       soll es im Beamt*innen-Apparat und in der Entwicklungshilfe geben.
       Kernstück des nur in Grundzügen formulierten Vertrags ist ein
       weitreichendes Anti-Migrations-Programm. Unter anderem soll ein
       Asyl-Notstand erklärt werden.
       
       Damit machte die neue Regierung bereits vor Antritt Schlagzeilen. Während
       der Befragungen der künftigen Minister*innen im Parlament gerieten die
       PVV-Ministerinnen Marjolein Faber und Reinette Klever in die Kritik – wegen
       ihres Verhältnisses zum rechtsextremen Topos eines
       „Bevölkerungsaustauschs“. Faber, die nun das Asyl- und
       Migrationsministerium leitet, distanzierte sich von dem Begriff „Umvolkung“
       und gelobte, „fortan über eine besorgniserregende demografische Entwicklung
       zu sprechen“.
       
       Ihre Kollegin Klever, Ministerin für Außenhandel und Entwicklungshilfe, ist
       Mitbegründerin des rechten Senders Ongehoord Nederland(Ungehörte
       Niederlande), in dessen Programm diese Theorie auch propagiert wurde.
       Klever verteidigte dies während ihrer Befragung als „faktische
       Beschreibung einer demografischen Entwicklung.“
       
       2 Jul 2024
       
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   DIR Tobias Müller
       
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