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       # taz.de -- Fußballstatistik: Gute Daten sind teuer
       
       > Einerseits bekommen statistisch erfasste Daten bei der modernen
       > Fußballbetrachtung einen immer größeren Stellenwert. Andererseits sind
       > sie teuer.
       
   IMG Bild: Datenmarkt Fußball: Statistisches Material wird immer wichtiger – und teurer
       
       Es hat gedauert, bis der Fußball in seine statistischen Einzelteile
       zerpflückt wurde. Es fing ganz harmlos an mit dem Ballbesitzanteil und den
       auf dem Spielfeld zurückgelegten Kilometern. Sodann kam die Zahl der
       gespielten Pässe hinzu und die Passquote. Nun wurde die Zweikampfquote
       hinzufügt oder die Zahl der Schüsse aufs Tor.
       
       Vor einiger Zeit wurde die Heat Map, also der Bewegungsradius von Spielern,
       als Clou gefeiert, doch selbst das ist heute kaum noch frei zugänglich zu
       bekommen. Denn der [1][Statistikmarkt] im Fußball ist exklusiv und teuer.
       Während in anderen Sportarten wie Basketball eine, nun ja, Demokratisierung
       der Daten vorausgesetzt ist, ist der Fußball wieder einmal
       durchkommerzialisiert wie sonst nur etwas.
       
       Der gute Stoff ist teuer. Eine Privatperson kann sich diese Zahlen und
       Grafiken nicht leisten. Bei Opta Analyst (Stats Perform) und Statsbomb sind
       sie schier unerschwinglich. Je nach Paket kommen fünf- bis sechsstellige
       Summen zustande. Auf ein paar Plattformen, die Wettwütige wie normale
       Fußballfans bedienen (Wyscout, Soccermatics oder Overlyzer), muss man
       deutlich weniger zahlen, aber in den vierstelligen Bereich kommt man hier
       auch recht leicht.
       
       Vor allem in den vergangenen zehn Jahren hat sich wahnsinnig viel getan auf
       dem Feld der Fußballdatenanalyse. Die Detektoren, Computermodelle und
       [2][KI-Generatoren] laufen heiß, allerdings nur für eine zahlungskräftige
       Klientel in den Klubs, Ligen oder bestimmten Medienhäusern.
       
       ## Experten und ihr Herrschaftswissen
       
       Der normale Fan ist schon froh, wenn ihm ein [3][Expected-Goals-Wert] (xG)
       frei Haus geliefert wird. Hier kann man quasi erkennen, wie wertig eine
       Chance war; ein xG-Modell verwendet historische Informationen aus Tausenden
       von Schüssen mit ähnlichen Merkmalen, um die Wahrscheinlichkeit eines Tores
       auf einer Skala zwischen 0 und 1 zu schätzen.
       
       Die xG-Wissenschaft ist mittlerweile weit gediehen, eine Reihe von
       ähnlichen Werten wie xgA, xGD oder xG vs Actual (bitte googeln, wer
       Genaueres wissen will) grassiert. Auf den scheißteuren Plattformen wird das
       On-Ball-Value ermittelt, wann das Pressing besonders effektiv ist, oder wie
       der Torhüter zum Ball steht.
       
       Das alles ist interessant, nur verstecken sich diese Daten eben hinter
       einer Mauer. Davor sitzt der tumbe Zuschauer, der mit sich mit der Info
       zufrieden geben muss, dass nur ein Prozent der Pässe von [4][Toni Kroos]
       nicht angekommen sind. Hinter der Mauer, im Datenparadies, sitzen die
       Experten mit ihrem Herrschaftswissen übers Spiel, das Millionen
       vorenthalten wird.
       
       Gut, es bedurfte sicherlich hoher Investitionen und eines gewissen
       Geschicks, diese Modelle zu erschaffen und Kunden davon zu überzeugen, die
       Daten zur Spielverbesserung zu verwenden. Aber diese krasse
       Unzugänglichkeit macht einen kirre, zumal es der einfache Fan ist, der das
       Schwungrad im Fußball mit seinen Zahlungen – Trikot, Ticket, Pay-TV-Paket,
       Öffi-Gebühren – am Laufen hält. Wäre doch schön, wenn ein paar Hacker sich
       um die Sache kümmern könnten. Zwinkersmiley.
       
       4 Jul 2024
       
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