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       # taz.de -- Selbstverwaltete Kinderläden in Berlin: Miethaie kennen keine Gnade
       
       > In Berlin gibt es fast tausend selbstverwaltete Kinderläden. Der
       > angespannte und kaum regulierte Gewerbemietmarkt bedroht ihre Existenz.
       
   IMG Bild: Schuhregal in einem Kindergarten. Symbolbild
       
       Berlin taz | Vor dem Kinderladen Munkelrübe in der Kreuzberger Taborstraße
       wird am Mittwochvormittag der Tisch gedeckt. Trotz des trüben Wetters essen
       die Kinder draußen, denn es ist Kinderladen-Aktionstag.
       
       Fast ein Drittel der 2.900 Kitas in Berlin sind selbstverwaltete
       „Kleinsteinrichtungen“, hier werden 34.000 von 170.000 Kita-Kindern
       betreut. Kinderläden gibt es seit Anfang der 1970er Jahre, in Ortsteilen
       wie Kreuzberg prägen sie seitdem das Stadtbild. Doch auch ihnen droht die
       [1][Verdrängung durch Kündigung oder drastische Mieterhöhungen], berichtet
       Babette Sperle, Sprecherin des Dachverbands der kleinen Kindertagesstätten
       (DaKS), der zum Aktionstag aufgerufen hat.
       
       Auch der benachbarte Kinderladen Cuvrybande nimmt am Aktionstag unter dem
       Motto „Wir bleiben alle“ teil. Während die Kinder draußen rennen und
       tanzen, findet drinnen ein Pressegespräch mit Erzieherinnen und
       Politiker*innen statt.
       
       Die Cuvrybande existiert seit 2008. Nun will der Eigentümer die Miete auf
       eine „ortsübliche, zeitgemäße Gewerbemiete“ erhöhen. Das bedeute eine
       Verzehnfachung der bisherigen Miete, erzählt eine Erzieherin. Sie berichtet
       von Existenzängsten und Ungewissheit, hofft auf die Politik – und dass der
       Vermieter „ein Herz für Kinder“ hat.
       
       ## Gewerbemietverträge einfacher kündbar
       
       „Der Markt torpediert den sozialen Zusammenhalt“, kritisiert die
       Grünen-Abgeordnete Katrin Schmidberger. Gewerbemietverträge seien einfacher
       kündbar, wodurch Mieter*innen komplett dem Markt ausgesetzt seien. Für
       den angespannten Gewerbemietmarkt sei ein Mietendeckel nötig. Der
       Jugendstadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, Max Kindler (CDU), erklärt,
       für Bestandsschutz sei der Bund zuständig. Das Land Berlin wolle sich im
       Bundesrat dafür einsetzen, doch zwischen den Ländern gebe es keine
       Einigung.
       
       Der Kampf gegen Verdrängung und die steigenden Anforderungen [2][belastet
       die meist ehrenamtlich arbeitenden Kinderladen-Initiativen]. Babette Sperle
       vom DaKS berichtet von einer „Grunderschöpfung“. Sie fordert vom Land
       Berlin, „den Verwertungsdruck für die landeseigenen
       Immobiliengesellschaften zu reduzieren, damit sie Gewerberäume zu
       bezahlbaren Mieten an soziale Einrichtungen vermieten können“.
       
       Außerdem regt sie an, dass Gewerbeimmobilien durch landeseigene
       Vermieter*innen vorrangig an Einrichtungen zur Daseinsvorsorge
       vermietet werden: an Schülerläden, Seniorentreffs, Arztpraxen und eben
       Kitas. Auf Bundesebene schlägt sie eine Änderung des Baurechts vor. Die
       Bauämter könnten dann über die Nutzungsgenehmigungen eingreifen.
       
       Auf einem Spielplatz haben Kinder eine Performance vorbereitet: „Vermieter,
       Vermieter, wie hoch ist die Miete?“, rufen sie. „Fünf Euro!“, erwidert ein
       Mädchen mit Pelzmütze. „Wie sollen wir das bezahlen?“ „Schwimmen“, befiehlt
       es, und die Kinder paddeln durch den Sand. Je höher die Mietforderung,
       desto größer sind die Ansprüche an die Kinder: Am Ende sollen sie über
       Wasser fliegen.
       
       3 Jul 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Bedrohte-Kita-in-Prenzlauer-Berg/!5964871
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       ## AUTOREN
       
   DIR Darius Ossami
       
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