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       # taz.de -- Mutmaßlicher Machtmissbrauch in Berlin: Humboldt-Uni suspendiert Professor
       
       > Grund für die vorläufige Freistellung sind wohl Vorwürfe sexualisierter
       > Gewalt. Der RefRat kritisiert die Hilfe-Strukturen für Betroffene.
       
   IMG Bild: Wegeleitsystem im Aufgang der Humboldt Universität zu Berlin vor beginn des Berliner Wintersemesters 2020/21
       
       Berlin taz | Die Humboldt-Universität (HU) hat einen Professor vorläufig
       und auf nicht absehbare Zeit vom Dienst suspendiert. Dies bestätigte eine
       Sprecherin der Universität auf Nachfrage der taz. Wie der [1][Tagesspiegel]
       am Mittwoch berichtet hatte, sind die Hintergründe der Suspendierung wohl
       Vorwürfe sexualisierter Gewalt. Die HU wollte das auf Nachfrage mit Verweis
       auf das laufende Verfahren nicht bestätigen. Laut Tagesspiegel werfen
       Mitarbeiterinnen und Studentinnen dem Professor vor, [2][sie bei
       verschiedenen Gelegenheiten bedrängt zu haben]. Die vorläufige
       Suspendierung folgt laut Zeitung auf ein Disziplinarverfahren.
       
       Grundsätzlich können Betroffene sexualisierter Gewalt sich in der HU an die
       zentrale sowie die dezentrale Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte
       wenden. Sie stünden „als Ansprechstellen für anonyme und namentliche
       Meldungen von Fehlverhalten zur Verfügung“, sagt eine Sprecherin. Außerdem
       seien auch der*die jeweilige Vorgesetzte, der zuständige Personalrat, das
       Familienbüro, die Konfliktberatung, die Beratungsstellen des Refrats (der
       Studierendenvertretung), die Beauftragte für Beschwerden in Fällen von
       Diskriminierung nach dem Allgemeinen Gleichstellungsgesetz (AGG), eine
       Beschwerdestelle für Mitarbeitende und die Präsidentin ansprechbar.
       
       Der Refrat kritisiert diese Struktur. Häufig wüssten Betroffene gar nicht,
       welche Stelle für sie zuständig sei, sagt ein Sprecher der taz. Betroffene
       müssten befürchten, dass ihr Fall von Stelle zu Stelle weitergereicht
       werde, weil sich niemand zuständig fühle. Erschwerend komme hinzu, dass die
       Gleichstellungsbeauftragten an den Instituten nebenamtlich tätig seien und
       oft eng mit mutmaßlichen Täter*innen zusammenarbeiteten oder im direkten
       Arbeitsverhältnis mit ihnen stünden. Der Refrat findet dies problematisch.
       Es könne Hemmungen geben, gegen Kolleg*innen vorzugehen. „Es gibt zwar
       Richtlinien zu einem respektvollen Miteinander und Instrumentarien wie
       Disziplinarverfahren und Abmahnungen“, sagt der Sprecher. Eine klare
       Richtlinie zum Ablauf bei Vorwürfen sexueller Belästigung existiere trotz
       der Häufung bekannt gewordener Fälle nicht, kritisiert er.
       
       ## Ein universitäres Kulturproblem
       
       Häufig seien es die Betroffenen selbst, die sich einschränken müssten, um
       Begegnungen mit Täter*innen zu [3][vermeiden]. Studierende könnten sich
       von Pflichtveranstaltungen befreien lassen, Mitarbeitenden bliebe manchmal
       nur die Kündigung. „Es handelt sich hier um ein universitäres
       Kulturproblem“, sagt der Vertreter des Refrat. „Wir bekommen vor allem die
       Fälle mit, bei denen das System versagt. Die meisten Betroffenen fürchten
       negative Konsequenzen, wenn ihr Fall bekannt wird.“
       
       Im Mai 2023 hatte die Wissenschaftlerin Dr. Aslı Vatansever in ihrem Text
       „Survival in Silence“ über Machtverhältnisse und Missbrauch in der
       Wissenschaft Vorwürfe gegen einen namentlich nicht genannten Kollegen
       erhoben. Er soll sie während eines Sommerfests in seinem Büro bedrängt und
       geküsst haben, darüber hinaus kritisierte sie den Umgang des akademischen
       Betriebs mit Vorwürfen sexualisierter Gewalt. Ob ein Zusammenhang zu dem
       nun suspendierten Professor besteht, hat sie nie bestätigt – aber auch
       nicht dementiert.
       
       Auch in einen anderen Fall an der HU ist inzwischen – und auf das Betreiben
       von Betroffenen hin – Bewegung gekommen. Zum 30. Juni hat die HU laut einer
       Sprecherin das Arbeitsverhältnis mit einem Dozenten nach verbaler
       sexualisierter Gewalt beendet. Vorangegangen war demnach ein Vergleich vor
       dem Arbeitsgericht Berlin im Januar. Die Initiative „Keine Uni für Täter“
       hatte der HU zuvor vorgeworfen, Hinweise auf problematisches Verhalten
       seinerseits mehr als 20 Jahre unbeachtet gelassen zu haben.
       
       3 Jul 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.tagesspiegel.de/wissen/nach-vorwurfen-sexualisierter-gewalt-berliner-humboldt-universitat-suspendiert-professor-11941967.html
   DIR [2] https://www.tagesspiegel.de/wissen/vorwurfe-gegen-professor-der-hu-berlin-sie-hat-nein-gesagt-aber-er-hat-seine-macht-ausgespielt-10781563.html
   DIR [3] /Machtmissbrauch-an-Universitaeten/!5946448
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Luisa Ederle
   DIR Uta Schleiermacher
       
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