# taz.de -- Gipfel mit Putin, Xi und Erdoğan: Schaulauf der Autokraten
> Beim Gipfel der Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit schärfen
> Putin und Xi ihr Bündnis – und nehmen ein neues Mitglied auf.
IMG Bild: Unheilige Allianz beim Gipfel der Schanghei Cooperation Organization in Astana in Kasachstan
Berlin taz | Das Gruppenfoto aus Astana wirkt wie ein Who’s who der
Autokraten: [1][Russlands Präsident Wladimir Putin zusammen mit Chinas
Staatsführer Xi Jinping], daneben der Emir von Katar sowie Recep Tayyip
Erdoğan aus der Türkei. Es ist eine illustre Runde, die zum jährlichen
Gipfeltreffen der Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit (Shanghai
Cooperation Organization, kurz SCO) in der kasachischen Hauptstadt
zusammengekommen ist.
Chinas Staatsführer Xi zeigte am Donnerstag in Astana ganz offen, welche
Funktion die SCO in Zukunft haben soll. Man müsse sich gegen jede externe
Einmischung wappnen, forderte Xi. Es gelte, eng zusammenzuarbeiten, um die
Zukunft und Entwicklung der Region fest in eigenen Händen zu halten. Der
Hintergrund ist klar: Xi Jinping bastelt an einer Alternative zur westlich
geprägten Weltordnung – und die Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit
ist ein Bestandteil davon.
Die SCO wurde 2001 mit Sitz in Peking gegründet. Was als kleine, informelle
Versammlung mit klarer Ausrichtung auf Frieden und Sicherheit in
Zentralasien begann, entwickelt sich zunehmend zu einem geostrategischen
Faktor. Inzwischen besteht die Organisation aus zehn Staaten, darunter
mehrere Atommächte wie China und Russland, Indien und Pakistan. Ständige
Mitglieder sind zudem Iran, Kasachstan, Kirgistan, Tadschikistan,
Usbekistan. Zusammen vereinen sie mehr als 3,3 Milliarden Einwohner, rund
40 Prozent der Weltbevölkerung. Dazu kommen 14 sogenannte Dialogpartner,
wie das Nato-Mitglied Türkei und mehrere Golfstaaten.
## Neues Mitglied im Club: Belarus
Als jüngstes Mitglied wurde am Donnerstag der nächste Autokrat aufgenommen:
[2][Belarus mit Staatschef Alexander Lukaschenko. Lukaschenko] ist
wahrscheinlich der engste ausländische Verbündete von Wladimir Putin.
Bereitwillig öffnete er vor zwei Jahren den Landweg für Russlands
Angriffskrieg auf die Ukraine. Doch auch innerhalb der SCO hat sich einiges
verändert. [3][Einst war Moskau der wichtigste Akteur in der Region,
heutzutage ist es eindeutig Peking.] Vor allem die „Belt and
Road“-Initiative (BRI) – 2013 von Xi Jinping in Kasachstan ausgerufen –
spielt hierbei eine wichtige Rolle.
Im vergangenen Jahr überholte China Russland als größten Handelspartner von
Kasachstan. Im Nachbarland Tadschikistan ist das neue Kräfteverhältnis noch
eindeutiger: 99,8 Prozent der ausländischen Direktinvestitionen in
Tadschikistan stammen aus China. Während China expandiert, hat Russland die
eigene Wirtschaft vollständig auf den Angriffskrieg gegen die Ukraine
ausgerichtet.
Schon 2017 schrieb der chinesische Wissenschaftler Pan Guang, dass China
versuchen werde, den Einfluss der SCO auszudehnen, unter anderem in den
Nahen Osten. Und tatsächlich ist die SCO auch dort längst ein Faktor.
Saudi-Arabien ist offizieller Dialog-Partner. Katar, Ägypten oder auch die
Vereinigten Arabischen Emirate stehen ebenfalls auf der Liste. Das alles
sind Entwicklungen, die in den westlichen Hauptstädten genau beobachtet
werden sollten.
Direkter Grund zur Sorge ist auf jeden Fall die Anwesenheit des türkischen
Präsidenten Erdoğan in Astana. Denn trotz tiefer Meinungsverschiedenheiten
besitzt die Türkei für den Westen einen erheblichen strategischen Wert –
nicht nur in der Migrationspolitik.
Das Problem: Die SCO droht insgesamt antiwestlicher zu werden. Zwar handelt
es sich nach wie vor eher um einen losen Zusammenschluss unterschiedlicher
Länder, doch die SCO-Mitglieder eint ihre gemeinsame Ablehnung globaler
Institutionen, die vom Westen dominiert werden. Sachliche Kritik wie
beispielsweise an der unzeitgemäßen Zusammensetzung des UN-Sicherheitsrates
schlägt schnell um in eine kategorische Ablehnung von Institutionen. Und
eine wachsende Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit entwickelt sich
so zu einem Baustein einer alternativen Ordnung.
4 Jul 2024
## LINKS
DIR [1] /Putins-Besuch-in-China/!6007832
DIR [2] /Orchestrierte-Wahlen-in-Belarus/!5991715
DIR [3] /Putin-in-China/!6007712
## AUTOREN
DIR Michael Radunski
## TAGS
DIR Belarus
DIR Wladimir Putin
DIR Xi Jinping
DIR Kasachstan
DIR Shanghai Cooperation Organisation
DIR Russland
DIR Vietnam
DIR Russland
DIR China
DIR Schweiz
DIR Russland
## ARTIKEL ZUM THEMA
DIR Bündnis für Zusammenarbeit: Pekings und Moskaus neue Weltordnung
Die Freunde und Partner von China, Russland und Iran wollen bei ihrem
gemeinsamen Gipfel in Pakistans Hauptstadt ihre Zusammenarbeit vertiefen.
DIR Mehr russisches Erdgas für China: Xi und Putin für neue Pipeline
Wohin mit dem russischen Erdgas, wenn es nicht mehr in Europa verbraucht
wird? Putin und Xi wollen dafür den Bau einer neuen Pipeline beschleunigen.
DIR Putin in Vietnam: Seiltanz mit Bambusstange
Putin mag sich durch seinen Empfang in Vietnam neue Chancen ausrechnen.
Aber das südostasiatische Land verfolgt eine ganz eigene Diplomatie.
DIR Annäherung Russlands und Nordkoreas: Putin und Kim wollen sich beistehen
Russlands Präsident Putin unterzeichnet mit Nordkoreas Machthaber Kim einen
gegenseitigen Verteidigungspakt. Doch hat das Verhältnis auch Grenzen.
DIR Putins Besuch in China: Show der Freundschaft
Wladimir Putin und Xi Jinping geben sich in Peking betont brüderlich. Sie
wollen ein Gegenmodell zum Westen etablieren. Ihr Kalkül scheint
aufzugehen.
DIR Putin in Peking: Xi rollt Putin roten Teppich aus
Bei seinem Staatsbesuch demonstriert Wladimir Putin große Einigkeit mit Xi
Jinping. Beide Seiten wollen ihre Zusammenarbeit weiter vertiefen.
DIR Putin in China: Kleiner Bruder, großer Bruder
Wladimir Putin reist zu Xi Jinping. Bei dem Besuch geht es um
wirtschaftliche und militärische Zusammenarbeit. Verbündete aber wollen sie
nicht sein.