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       # taz.de -- Vogelgrippe in den USA: Die Angst vor einer neuen Pandemie
       
       > Experten beunruhigt der Vogelgrippeausbruch in den USA. Bislang haben
       > sich vier Menschen in Milchkuhbetrieben infiziert. Droht eine neue
       > Pandemie?
       
   IMG Bild: Das Virus, das eigentlich nur Vögel infiziert, breitet sich in verschiedenen Säugetieren aus
       
       Washington taz | Mit Sorge beobachten amerikanische Gesundheitsbehörden
       seit März dieses Jahres einen Ausbruch des Vogelgrippevirus H5N1 in
       Milchviehbetrieben. Unter Pandemie-Experten sorgt die zunehmende
       Infizierung von Säugetieren, vor allem Milchkühen, für Beunruhigung.
       [1][Mehrere Menschen haben sich mit dem Virus bereits angesteckt]. Das
       weckt Befürchtungen, dass es zu einer neuen Pandemie kommen könnte.
       
       „Es ist äußerst besorgniserregend, dass dieses Virus, welches normalerweise
       nur Vögel infiziert, auf so viele verschiedene Säugetierarten überspringt.
       Es bedeutet, dass das Virus sich anpasst und dies könnte im schlimmsten
       Fall eine neue Pandemie auslösen“, sagte die Immunologin und Mikrobiologin
       Jenna Guthmiller der taz.
       
       Erst am Mittwoch bestätigte das Gesundheitsamt im US-Bundesstaat Colorado,
       dass sich der Arbeiter eines Milchviehbetriebs mit dem Virus infiziert
       habe. Es ist der vierte bisher bekannte Fall einer menschlichen Infizierung
       seit März. Die drei anderen Fälle ereigneten sich in Texas und Michigan.
       Sie betrafen ebenfalls Mitarbeiter in Milchbetrieben. Alle drei Personen
       hatten glücklicherweise einen milden Krankheitsverlauf und sind
       mittlerweile alle wieder gesund.
       
       Laut Guthmiller, die an der University of Colorado als Dozentin tätig ist,
       ist dies jedoch nicht immer der Fall: „Die Sterblichkeitsrate liegt bei
       etwa 50 Prozent.“ Sie fügte allerdings hinzu, dass diese hohe
       Sterblichkeitsrate mit Vorsicht zu genießen sei, da vor allem bei
       schwerwiegenden Krankheitsverläufen auf das Virus getestet werde und die
       Sterblichkeit in solchen Fällen natürlich deutlich höher liege.
       
       ## Auswirkungen für den Menschen
       
       Dennoch bleibt es dabei, dass ein großflächiger [2][Ausbruch von H5N1] bei
       Menschen schwerwiegende Folgen haben könnte. Laut der
       US-Seuchenschutzbehörde CDC ist das Virus bisher in 138 Milchkuhherden und
       zwölf US-Bundesstaaten entdeckt worden.
       
       Im Augenblick sei die Ansteckungsgefahr für Menschen äußerst gering, hieß
       es. Am gefährdetsten sind Menschen, die tagtäglichen Kontakt mit
       infizierten Tieren haben. Die Ausbreitung unter Milchkühen und anderen
       Säugetieren, unter anderem Hauskatzen, zeigt allerdings, dass die Gefahr
       der Übertragung von Mensch zu Mensch steigt.
       
       Ein großes Problem bei der Bekämpfung des aktuellen Virusausbruchs ist die
       lückenhafte Überwachung und Kontrolle von Milchkühen in den Vereinigten
       Staaten. Auf Bundesebene sind Kontrollen nur dann vorgeschrieben, wenn eine
       Kuhherde die Grenze zwischen zwei Bundesstaaten überschreitet. Auf
       Landesebene sind die Regularien uneinheitlich und Untersuchungen von
       Menschen, die mit infizierten Kühen in Kontakt geraten, gibt es so gut wie
       gar nicht.
       
       Hinzu kommt, dass viele Besitzer von Milchbetrieben und auch die
       Gesundheitsbehörden in mehreren US-Bundesstaaten sich weigern, an
       bundesweiten Maßnahmen zur Vorbeugung und Bekämpfung teilzunehmen. „Es ist
       ein Übergriff der Regierung. Es nicht notwendig und sie sollten es lieber
       nicht machen“, sagte der texanische Landwirtschaftsminister Sid Miller, ein
       ehemaliger Rodeo-Cowboy, über die Pläne der US-Regierung.
       
       ## Maßnahmen werden trotzdem forciert
       
       Laut US-Medien hat die Seuchenschutzbehörde CDC in Gesprächen mit den
       Landwirtschaftsministern und Tierärztekammern in den verschiedenen
       Bundesstaaten die Möglichkeit angesprochen, Mitarbeiter auf Bauernhöfe und
       Milchviehbetriebe zu schicken, um den Gesundheitszustand der Arbeiter zu
       überwachen und andere Daten zu sammeln.
       
       „Wir haben alle gesehen, wie sich ein Virus rund um den Globus verbreiten
       kann, bevor das öffentliche Gesundheitswesen überhaupt eine Chance hatte,
       etwas dagegen zu unternehmen“, sagte der stellvertretende Vizedirektor des
       CDC, Nirav Shah, während einer Veranstaltung des Council on Foreign
       Relations.
       
       Experten verfolgen die Entwicklung des Vogelgrippevirus H5N1 seit 2020.
       Seit dem ersten Ausbruch unter Hühnern und anderen Geflügeltieren in den
       USA im Jahr 2022 sind laut US-Landwirtschaftsministerium mehr als 97
       Millionen Tiere dem Virus zum Opfer gefallen.
       
       Dies hat nicht nur zu Preisanstiegen für Eier und Geflügelfleisch geführt,
       sondern auch zu Entlassungen von Beschäftigten. Betroffene
       Milchviehbetriebe müssen mit wirtschaftlichen Einbußen rechnen. Infizierte
       Herden produzieren bis zu 20 Prozent weniger Milch. Außerdem sind die
       Rindfleischpreise in den vergangenen Monaten teilweise stark gesunken, da
       die Nachfrage bei einem anhaltenden Virusausbruch in Zukunft fallen könnte.
       
       ## Geldspritze für die Entwicklung eines Impfstoffes
       
       Die US-Regierung stellt dem pharmazeutischen Unternehmen Moderna 176
       Millionen Dollar zur Verfügung, um einen Impfstoff mit der mRNA-Technologie
       gegen das Virus zu produzieren. Moderna rechnet frühestens 2025 damit,
       einen anwendungsreifen Impfstoff zu haben.
       
       Im Moment verfügen die USA über knapp 4,8 Millionen Einheiten eines
       herkömmlich produzierten Impfstoffes. Diese könnten ab Mitte Juli
       eingesetzt werden, sollte die Aufsichtsbehörde grünes Licht erteilen.
       CDC-Vizedirektor Shah erklärte, dass es aktuell noch zu früh sei, eine
       Impfung gegen das Virus zu empfehlen. Das gilt auch für Arbeiter in der
       Milchwirtschaft.
       
       „Wir brauchen einfach mehr Tests. Wir müssen wirklich herausfinden, [3][wie
       tiefgreifend und umfassend dieser Ausbruch] ist, denn ich glaube nicht,
       dass wir überhaupt ein richtiges Verständnis davon haben, was das ist“,
       sagte Immunologin Guthmiller.
       
       4 Jul 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Hansjürgen Mai
       
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