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       # taz.de -- Neues Küchengerät: Was ist Ihr liebstes Versateil?
       
       > Plötzlich entdeckt unser Kolumnist überall Multifunktionswerkzeuge. Eins
       > liebt er besonders: den Deichschabba.
       
   IMG Bild: Deichschabba im Einsatz
       
       Haben Sie es auch schon bemerkt? Das stärkste Verkaufsargument ist derzeit,
       wenn etwas wie ein Leatherman oder ein Schweizer Taschenmesser daherkommt:
       Je mehr Funktionen, je vielseitiger einsetzbar, umso besser. Wobei,
       benutzen Sie statt „vielseitig“ lieber den englischen Begriff „versatile“.
       
       Der kommt mir vor allem auf Instagram ständig entgegen. Es ist ja schon
       drollig, was sich [1][der Algorithmus an Sachen ausdenkt], die ich brauchen
       könnte, und mir dann Werbung dafür zeigt. Irgendwo in der Beschreibung
       steht auch das V-Wörtchen mit dabei.
       
       Ich frage mich: Woher kommt auf einmal wieder das Faible für das Multitool?
       Hängt es mit den krisenhaften Zeiten zusammen, dass Menschen sich gern mit
       Gegenständen umgeben, die zu unausdenkbaren Gelegenheiten ungeahnte
       Fähigkeiten entwickeln können?
       
       Oder liegt es nur daran, dass man nicht bio, nachhaltig, fair gehandelt
       oder irgendein anderes moralisches Prädikat draufschreiben kann? Das
       wenigstens waren meine Gedanken, als ich eine Packung Koriander aus dem
       Supermarkt aufriss und auf der Verpackung las: „Vielseitig einsetzbar.“
       Hätte nicht auch „vegan“ oder „glutenfrei“ gereicht?
       
       Wobei der Algorithmus recht hat. Ich mag selbstverständlich Dinge, die sich
       unerwartet als Multifunktionswerkzeug entpuppen. Dass ich das sogar [2][bei
       der Arbeit in der Küche erleben darf], hätte ich mir nicht mehr ausgemalt.
       Es handelt sich, ich benutze nun uneindeutig den fränkischen Begriff, um
       einen „Deichschabba“. Das hat nichts mit Küstenschutz zu tun, sondern ist
       eine einfache Teigkarte. Ein quadratisches Stück Edelstahlblech mit einer
       Kunststoffleiste als Griff.
       
       Benutzt habe ich es anfangs allein, um Teigreste von der Arbeitsplatte oder
       meinen Händen zu kratzen. Aber inzwischen geht nichts mehr ohne den
       Schabba. Er liegt neben dem Küchenbrett, wenn ich Zwiebeln oder Gurken
       schneide. Schiebt man die Würfel mit der Teigkarte in die Schüssel, spart
       man sich das Wischen. Und schont die Messerklinge, die ich früher dafür
       benutzt habe. Darüber hinaus schneidet das Ding wunderbar weiche Zutaten
       wie Butter oder Käse. Ist das Blech feucht, sogar ohne zu kleben.
       
       Spachtelarbeiten hat es auch schon einige erledigt, nicht nur in der Küche
       mit Eischnee, Schokoladenganache oder Schlagsahne. In einem Gasthaus fallen
       ständig Reparaturarbeiten an, und der Teigschaber ist ein Supertool, um
       Silikonfugen zu legen, Risse und Löcher zu verspachteln. Die abgerundeten
       Ecken habe ich sogar schon als Schraubenzieher verwendet.
       
       Inzwischen habe ich ein Dutzend Deichschabba, auch welche mit Stiel, die
       benutze ich als Kochlöffel. Echte Versateile.
       
       8 Jul 2024
       
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