# taz.de -- Atlantik überquert: Alter Falter
> Ein Schwarm Distelfalter hat den Atlantik überquert. Wie hat er das ohne
> Verschnaufpause hinbekommen?
IMG Bild: Kleines Flugmonster
Wer schon einmal mit dem Fahrrad am Meer oder auf einem Feldweg
entlanggefahren ist, weiß: Der Wind kann entweder dein bester Freund oder
dein schlimmster Feind sein. An manchen Tagen will die Reise gefühlt nie
enden. An anderen bist du schon Zuhause, bevor du überhaupt an eine
Verschnaufpause denken kannst.
Ob es dem kleinen Distelfalter, über den in diesen Tagen berichtet wurde,
genauso ging, bleibt offen. Was sicher ist: Gemeinsam mit seinem Schwarm
hat er einen atemberaubenden Rekord aufgestellt, und der Wind war ihm
definitiv ein treuer Freund. Mindestens 4.200 Kilometer hat er von seinem
letzten Aufenthaltsort in Westafrika über den offenen Atlantik nach
Französisch-Guayana in Südamerika zurückgelegt, wie Forscher*innen in
der Fachzeitschrift [1][Nature Communications] nun belegen.
Als drei der beobachteten Schmetterlinge an einem frühen Morgen lebend am
Strand aufgefunden wurden, zeigten sie sich sichtlich erschöpft und mit
einigen Verletzungen an ihren Flügeln. Kein Wunder: 4.200 Kilometer sind
auch für Wanderfalter – der Oberbegriff für Schmetterlinge dieser Art –
nicht gerade ein Katzensprung.
Umso erstaunlicher, dass sie nach Modellberechnungen für ihren Flug ohne
Zwischenstopp nur etwa fünf bis acht Tage brauchten. Möglich machten das
günstige Windströmungen der Sahara-Luftschicht, ohne die die Tiere wohl nur
etwa 780 Kilometer weit gekommen wären.
## Pollen-DNA als Schlüssel zur Herkunft
Wie das internationale Forscher*innenteam die lange Reise des
Insektenschwarms rekonstruiert hat, ist beinahe so spektakulär wie der Flug
über den Atlantik selbst: Von ihren Körpern entnahmen die Forschenden
Pollen-DNA von Pflanzen, die gegen Ende der Regenzeit in Westafrika blühen
und als wichtige Nektarquellen für die Schmetterlinge gelten.
Elementanalysen aus den Flügeln haben gezeigt, dass die Schmetterlinge mit
hoher Wahrscheinlichkeit aus westeuropäischen Ländern wie Großbritannien,
Frankreich, Irland oder Portugal stammen. Ihre Wahlheimat jedoch seien
subtropische Steppengebiete, denn an kalten Orten fühlen sich die Tiere
nicht lange wohl. Auch wenn sie sich dort vermehren, wandern ihre
Nachkommen immer wieder der Sonne nach.
So kommt es, dass die untersuchten Distelfalter seit ihrer Geburt
vermutlich schon mehr als 7.000 Kilometer hinter sich gelassen haben. Stets
mit dabei: der Wind, ihr bester Freund.
8 Jul 2024
## LINKS
DIR [1] https://www.nature.com/articles/s41467-024-49079-2
## AUTOREN
DIR Katharina Federl
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