# taz.de -- EM-Schiri Felix Zwayer in der Kritik: Die irre Karriere eines Referees
> Der Deutsche Felix Zwayer pfeift das Halbfinale zwischen den Niederlanden
> und England. Zu seiner Karriere gehört auch ein Manipulationsskandal.
IMG Bild: Nicht nur in England umstritten: Felix Zwayer mit einer typischen Handbewegung
Was für eine Auszeichnung! Ein Halbfinale oder ein Finale eines großen
Turniers zu pfeifen, das haben in der Geschichte des deutschen
Schiedsrichterwesen bislang nur drei Referees geschafft. Felix Zwayer, dem
die Leitung des Halbfinals zwischen England und der Niederlande übertragen
wurde, zählt nun auch zu dem erlesenen Kreis.
Kurioserweise ist sein vierter EM-Einsatz dann sein dritter Turnierauftritt
in der Dortmunder Arena. Dortmund und Zwayer – da war doch was? [1][Jude
Bellingham], einer der derzeit großen Hoffnungsträger im englischen
Nationalteam, hatte im Dezember 2021, damals in Diensten von Borussia
Dortmund, [2][mächtig gegen Zwayer wegen umstrittener Entscheidungen im
Spitzenspiel gegen Bayern München ausgeteilt]: „Man gibt einem
Schiedsrichter, der schon mal Spiele verschoben hat, das größte Spiel in
Deutschland. Was erwartest du?“
Bellingham kostete die Bemerkung eine Geldstrafe von 40.000 Euro. Zwayer
nahm sich wegen des großen Shitstorms nach der Partie und einer Morddrohung
eine mehrwöchige Pause. Die Frage, ob der Berliner überhaupt weitermachen
würde, stand im Raum. Zwayer erklärte damals: „Ich bin belastet. Mental und
psychisch.“
Seine dunkle Vergangenheit hatte ihn wieder eingeholt. Im Jahr 2005 wurde
er für sechs Monate vom DFB gesperrt, weil er sein Wissen um die
Zusammenarbeit des Kollegen Robert Hoyzer mit der kroatischen Wettmafia
erst mit Verspätung dem Verband offenbart hatte. Zudem stand die Aussage
Hoyzers im Raum, Zwayer hätte für eine Partie 300 Euro angenommen, als Lohn
für manipulatives Arbeiten als Linienrichter, was dieser bis heute
bestreitet.
## Unaufhaltsamer Aufstieg
Lange konnte sich dann der vom DFB geschützte Zwayer recht unbehelligt in
der strengen Hierarchie des deutschen und europäischen Schiedsrichterwesens
[3][Schritt für Schritt nach oben arbeiten]. Das verwunderte ein wenig.
Beim Fachmagazin Kicker schaffte er es in den letzten acht Jahren bei den
Saisonbewertungen nur einmal unter die Top drei.
Häufig rangierte er im Gesamtklassement eher auf einem der hinteren Plätze.
Mit der erwähnten Bundesligapartie zwischen Dortmund und München holt ihn
dann wegen Bellingham seine Vergangenheit wieder ein. Damals sagte er
rückblickend über sein Verhalten beim Wettskandal: „Das war falsch und ich
bin dafür bestraft worden. Damit muss es dann aber auch gut sein.“
Das bleibt vermutlich ein frommer Wunsch, wenn man die Automatismen der
Branche kennt. Die Schlagzeilen, welche die englische Presse vor dem
Halbfinale in dicken Lettern produziert, dürfen weder die Uefa noch Zwayer
verwundern. Es wird von einem „Schiri-Albraum“ und einem „verurteilten
Spielmanipulator“ geschrieben, der über das Schicksal des englischen
Nationalteams entscheiden könnte.
All das, nachdem Teile der deutschen Presse den Engländer Anthony Taylor
zum Skandalschiedsrichter der EM hochgejazzt haben, weil er im deutschen
Viertelfinale gegen Spanien ein Handspiel im Strafraum als nicht
strafwürdig bewertet hatte. Er wurde vielfach zum Hauptschuldigen für das
deutsche Ausscheiden gemacht. Auf Social Media gaben deutsche Anhänger
Zwayer mit auf den Weg, er wisse ja wohl, was er zu tun habe.
Angesichts dessen, wie groß schon die Aufregung vor dem Halbfinale ist,
kann Felix Zwayer gar nicht mehr unbelastet in diese Partie gehen. Dem
Verdacht, er würde England benachteiligen, wird er sich im Zweifelsfall
eher nicht aussetzen wollen. Mit dieser Auszeichnung hat die Uefa genau
besehen Zwayer keinen Gefallen getan.
10 Jul 2024
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## AUTOREN
DIR Johannes Kopp
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