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       # taz.de -- Studie zu Krankheitsrisiko im Alter: Aussagekräftige Blutwerte
       
       > Ein Bremer Team identifiziert Biomarker, die verraten, mit welcher
       > Wahrscheinlichkeit Menschen im Alter chronische Krankheiten bekommen oder
       > nicht.
       
   IMG Bild: Wissenschaftler*innen bei der Arbeit: Eine Berliner Studienassistentin entnimmt eine Blutprobe
       
       Rendsburg taz | Ob jemand auch im höheren Alter gesund bleibt, verrät
       vielleicht irgendwann ein Test: Seit einigen Jahren forschen Universitäten
       und Labore weltweit an sogenannten Biomarkern, an denen sich das Risiko
       ablesen lässt, an Diabetes, Krebs oder Herz-Kreislauf-Problemen zu
       erkranken. Das Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie
       (BIPS) legt nun eine Studie vor, die die Kombination mehrerer solcher
       Marker untersucht, und stellt Zusammenhänge fest.
       
       Für die Studie untersuchte das Forschungsteam um Krasimira Aleksandrova,
       Professorin in der Abteilung für Epidemiologische Methoden und
       Ursachenforschung, die Blutwerte von rund 2.300 Personen. Zurückgreifen
       konnte das Bremer Team dabei auf Daten aus Potsdam aus den 1990er-Jahren.
       Damals wurden für eine Studie zu Krebsrisiken über 27.000 Frauen und Männer
       zwischen 34 und 65 Jahren untersucht.
       
       Für die heutige Untersuchung stimmte sich das Bremer Team eng mit dem
       Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) ab. 13
       Biomarker werteten die Forschenden aus. Es handelt sich dabei unter anderem
       um Moleküle, die Zucker- und Fettstoffwechsel, Leber- und Nierenfunktion,
       Insulinempfindlichkeit und Entzündungen anzeigen, teilt das BIPS mit.
       
       Das Ziel der [1][Studie] war herauszufinden, ob einzelne Marker ausreichen,
       um den Ausbruch chronischer Krankheiten zu verhindern oder zumindest zu
       verzögern, oder ob es dazu mehrere Bausteine braucht. Tatsächlich scheinen
       bestimmte Kombinationen den Ausschlag zu geben, um lange und gesund zu
       leben: „Unsere Ergebnisse zeigen, dass Menschen, die während der späten
       Lebensphasen die optimalen Werte bestimmter Kombinationen von
       Stoffwechselprodukten beibehalten, die mit Insulinsensitivität und
       Entzündungen verbunden sind, ein hohes Alter erreichen und frei von
       chronischen Krankheiten bleiben“, erklärt Aleksandrova. Dies könnte auf
       einen gemeinsamen Schutzmechanismus hinweisen, der das Risiko
       altersbedingter Krankheiten verringert.
       
       Konkret ergab die Analyse unter anderem, dass Personen, die hohe
       Konzentrationen des High-Density-Lipoprotein-Cholesterins, dem sogenannten
       „guten Cholesterin“, des Fetthormons Adiponektin und des Insulin-ähnlichen
       Wachstumsfaktor-Bindungsproteins-2 sowie niedrige Triglyceridwerte
       aufwiesen, eine höhere Wahrscheinlichkeit hatten, im Alter ohne chronische
       Krankheiten zu leben als ihre Altersgenossen.
       
       Auch wenn angeborene Faktoren wichtig sind, sei es möglich, durch den
       Lebenswandel die Blutwerte zu beeinflussen, heißt es in der Mitteilung
       weiter. So erhöhen Obst und Gemüse ebenso wie Nüsse oder fette Fischsorten
       den HDL-Cholesterinspiegel (HDL-C). Der Adiponektinspiegel steigt durch
       regelmäßige Bewegung, das beugt Entzündungen vor und verbessert die
       Insulinresistenz. Die niedrigen Triglyceridwerte hängen vom Körpergewicht
       und dem Anteil an Körperfett ab. Lipid-Profile werden durchs [2][Rauchen]
       negativ beeinflusst. Wer zu wenig schläft oder zu oft Stress ausgesetzt
       ist, schädigt den Stoffwechsel ebenfalls, was Entzündungen begünstigt.
       
       Bereits seit den 1930er-Jahren versuchen Wissenschaftler:innen, die
       Merkmale zu finden, die das Altern herausschieben und Krankheitsrisiken
       senken. So ließen sie Mäuse fasten und stellten fest, dass der begrenzte
       [3][Verzicht auf Nahrung] gesünder macht – nachgewiesen durch Biomarker.
       
       Unter dem Begriff werden genetische, anatomische, physiologische oder
       biochemische Merkmale bezeichnet, die auf eine bestehende Krankheit oder
       ein genetisches Risiko hinweisen. Dazu zählen Antikörper, die sich nach
       einer Infektion bilden, Gene, die ein erhöhtes Krebsrisiko bedingen, oder
       Eiweiße im Blut, die einen früheren Herzinfarkt verraten. All diese
       Biomarker müssen mess- und vergleichbar sein. Sie können zur Diagnose
       herangezogen werden oder helfen, einen Krankheitsverlauf und die
       Wirksamkeit einer Therapie einzuschätzen.
       
       Dass häufig nicht ein Faktor allein entscheidet, untersuchten
       Alternsforscher:innen des Max-Planck-Instituts in Köln gemeinsam mit
       der Humanforscherin Eline Slagboom, Professorin am Leiden University
       Medical Center, bereits 2019. Sie untersuchten über 40.000 Blutproben und
       identifizierten eine Kombination aus 14 Biomarkern, darunter Aminosäuren,
       Cholesterin und Fettwerte, als entscheidend.
       
       „Die blutbasierte Messung soll ein erster Schritt zu einer individuelleren
       Behandlung älterer Menschen sein“, erklärte Studienleiterin Slagboom damals
       in einer Pressemitteilung. „Als Alternsforscher wollen wir das
       [4][biologische Alter] bestimmen, denn das kalendarische Alter sagt nicht
       viel über den allgemeinen Gesundheitszustand älterer Menschen aus: Ein
       70-Jähriger ist gesund, während ein anderer bereits an drei Krankheiten
       leiden kann. Nun stehen uns aber eine Reihe von Biomarkern zur Verfügung,
       mit denen wir gefährdete ältere Menschen identifizieren und entsprechend
       behandeln könnten.“
       
       10 Jul 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.bips-institut.de/das-institut/abteilungen/epidemiologische-methoden-und-ursachenforschung/forschungsgruppe-biomarker-und-metabolismus.html
   DIR [2] /Rauchen/!t5008657
   DIR [3] /Forschung-ueber-Ernaehrung/!5822226
   DIR [4] /Aeltester-EM-Spieler-Pepe/!6016110
       
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