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       # taz.de -- Kein Kommentar vom Verfassungsschutz: Gefährliches Schweigen
       
       > Bremens Verfassungsschutz berichtet über linke Demos jeder Art, aber zur
       > rechten Szene im Stadtteil Walle hat er nichts zu sagen. Das ist
       > gefährlich.
       
   IMG Bild: Rechtsextreme in Walle kamen nicht vor: Verfassungsschutz-Chef Thorge Koehler spricht über Bremens Verfassungsschutzbericht 2023
       
       Der Verfassungsschutz, das sind die, die alles mitbekommen sollen, die mit
       den offenen Ohren und Augen. Nur wird manchmal auf einer Seite etwas
       deutlicher hingeluschert als auf der anderen.
       
       In diesem Jahr hat es zwei Anschläge [1][auf den linken Wagenplatz Ølhafen]
       im Kleingartengebiet im Bremer Stadtteil Walle gegeben. Dieses
       Parzellengebiet wird seit Jahrzehnten von Mitgliedern der rechten Szene
       unterwandert. In aller Gemütlichkeit konnten hier Strukturen aufgebaut
       werden, Rechtsextreme vernetzten sich oder ließen einfach gemeinsam die
       Seele baumeln.
       
       Die Dinge gemütlich angehen lassen, das tut offenbar auch der Bremer
       Verfassungsschutz. Jedenfalls können die rechten AkteurInnen in Bremen
       Walle, wie es scheint, völlig unbehelligt agieren. Der Geheimdienst hat
       entweder wirklich keine Kenntnisse über die dortige Szene – oder er mag
       diese mit der Presse nicht teilen.
       
       Um staatlichen Geheimschutz, der dem Schutz des Wohles des Bundes oder
       eines Landes dient, kann es kaum gehen: Die Rechte hat in Bremen Walle
       nicht besonders geheim agiert. 2008 konnte die NPD ihr Parteitreffen in
       einem der Vereinshäuser im Kleingartengebiet abhalten; auch die
       [2][rechtsextreme Kameradschaft Sturm Wiking] traf sich dort. Ab 2016 kamen
       regelmäßig Treffen der Identitären Bewegung dazu. Zeitgleich eröffnete
       kurzzeitig eine Gruppe der [3][Hells Angels ihr Vereinsheim] im
       Kleingartengebiet. Dort gingen bekannte AkteurInnen der rechten Szene ein
       und aus.
       
       Menschen mit rechter Gesinnung unterhalten teilweise Parzellen und nehmen
       zusätzlich an organisierten Zusammenkünften teil. In den Kleingärten können
       sie ihre politische Agenda vorantreiben. Bei der letzten Bremen-Wahl
       bekamen die Bürger in Wut (die [4][AfD war nicht zugelassen]) in dem
       zugehörigen Ortsteil [5][Hohweg 22,7 Prozent der Stimmen.]
       
       All diese öffentlich zugänglichen Informationen hat das Mobile
       Beratungsteam gegen Rechtsextremismus sofort parat. Und der
       Verfassungsschutz? Der nicht. Mit keinem Wort wird das Gebiet in den
       jährlichen Berichten erwähnt. Auch auf explizite Nachfragen der taz gibt es
       tagelang nur die Antwort: Man könne zu dem Thema nichts sagen.
       
       Sollte der Verfassungsschutz die Bevölkerung nicht vor gewaltbereiten
       Strukturen warnen? Der Wagenplatz Ølhafen als alternative Wohnform wird
       bedroht und mit Nazi-Parolen beschmiert, seit er 2018 in das
       Parzellengebiet gezogen ist. Im Juni gab es einen nächtlichen
       Brandanschlag. Es liegt zumindest nahe, dass den Angriffen die rechte
       Ideologie zu Grunde liegt, die sich vor Ort manifestieren konnte. Der
       Ølhafen brachte Unruhe ins Gebiet.
       
       Die BewohnerInnen des Waller Bauwagenplatzes haben die Angriffe zwar nicht
       formal gemeldet, es wäre aber trotzdem schon bemerkenswert, wenn der
       Verfassungsschutz sie nicht mitbekommen hätte. Auch, weil der Wagenplatz
       einige der die Übergriffe auf der Plattform Indymedia bekanntmachte. Dort
       liest die Behörde mit: Bei dem Blog handelt es sich schließlich um ein
       Medium der linksextremen Szene.
       
       Und diese linksextreme Szene behalten die Sicherheitsbehörden ganz genau im
       Blick: Der Bremer Verfassungsschutzbericht liest sich in diesem Kapitel wie
       ein [6][Nachbericht aller linken Demo-Aktivitäten], auch solcher, die weit
       in die Mitte der Gesellschaft hineinreichen. Und der große Bruder des
       Bremer Landesamtes, der Bundesverfassungsschutz, soll bis mindestens Ende
       2022 den [7][linken Bremer Wagenplatz „Querlenker“ täglich gefilmt] haben.
       
       Sollte der Bremer Verfassungsschutz die gewaltbereite rechte Szene in Walle
       tatsächlich nicht auf dem Zettel haben, wäre das erschreckend ineffizient.
       Und wenn er öffentlich zugängliche Informationen über Rechte nicht
       aufbereiten, sondern heimlich verwalten will, sorgt das dafür, dass sich
       Rechte in ihrer Menschenverachtung heimelig einrichten können. Und das ist
       gefährlich.
       
       3 Jul 2024
       
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