# taz.de -- Kanzlerkandidatur von Robert Habeck: Einen Besseren haben sie nicht
> Viel gehasst, mit Hang zur Selbstverliebtheit: Robert Habeck ist kein
> perfekter Kanzlerkandidat. Dennoch ist es gut, dass Baerbock ihm den
> Vorzug lässt.
IMG Bild: Hat die Schlüsselkompetenz, den richtigen Ton zu treffen: Robert Habeck, der vermütlich nächste Kanzlerkandidat der Grünen
CDU-Chef Friedrich Merz, der so gern gegen die Grünen holzt, dürfte Robert
Habeck in diesen Tagen beneiden, ein bisschen zumindest. Der
Wirtschaftsminister wird Kanzlerkandidat der Grünen. Das ist zwar nicht
formal besiegelt, steht aber fest, seit Annalena Baerbock verkündet hat,
[1][nicht länger um den Job zu kämpfen]. Man kann ihr Vorgehen elegant
nennen, [2][wie in dieser Zeitung geschehen]. Man kann aber auch von einer
gehörigen Portion Hybris sprechen, ihre einsame Entscheidung via CNN am
Rande des Nato-Gipfels öffentlich zu machen. Zumal die Chancen der beiden
dieses Mal nicht ausgeglichen waren, sondern es ohnehin auf Habeck zulief.
Aber das ist letztlich unwichtig: Mit [3][Baerbocks Interview] haben die
Grünen, wie schon vor der letzten Bundestagswahl, das Thema ohne viel
öffentliches Gezerre abgeräumt – ein innerparteilicher Machtkampf samt
möglicher aufreibender Mitgliederbefragung bleibt aus. Ob die Union das
hinkriegt, ohne ein Drama wie vor vier Jahren zu wiederholen, muss sie erst
noch unter Beweis stellen.
Für die Grünen ist das richtig und gut. Alles andere hätte die ohnehin
gebeutelte Partei noch geschwächt. Das Ergebnis der Europawahl war
schlecht, die jungen Wähler*innen laufen den Grünen weg, unter ihnen kam
die Partei gerade mal auf 11 Prozent – das ist Kernklientel. Ihr Ziel, das
„Ausgreifen“ auf weitere Wähler*innengruppen, ist erst einmal gescheitert.
Schlimmer noch: Laut Umfragen können sich immer weniger Wähler*innen
vorstellen, überhaupt je für die Grünen zu stimmen.
## Überhöht und Geschreddert
Klar, das liegt an der Weltlage, an einer von vielen Krisen ermüdeten
Gesellschaft und an schwierigen Kompromissen in der Koalition. Aber eben
auch an hausgemachten Fehlern wie bei Habecks Heizungsgesetz und Lisa Paus’
Kindergrundsicherung, die von der Grünen selbst erst überhöht und dann von
der Koalition geschreddert wurde.
Wie sie da rauskommen, darüber herrscht parteiintern Ratlosigkeit, auch
wenn so mancher Realo jetzt Realozeugs sagt und manche Linke Linkes zu
bedenken gibt. Verwunderlich ist das nicht. In der Mitte [4][die
Popularität mittels Kompromissbereitschaft und Dialog zu erhöhen] und dabei
die Kernwähler*innen nicht zu verschrecken, gleicht schon in guten
Zeiten einer Quadratur des Kreises. Leider sind die Zeiten gerade nicht
gut.
Und das soll jetzt ausgerechnet der mitunter selbstverliebte Robert Habeck
richten, der manchmal zu schnell Kompromisse eingeht, schwere Fehler machte
und verhasst in Teilen der Gesellschaft ist? Einen besseren dafür
jedenfalls haben die Grünen nicht. Habeck hat die Schlüsselkompetenz, den
richtigen Ton zu treffen, und er steht für das entscheidende Thema: Klima.
12 Jul 2024
## LINKS
DIR [1] /Baerbock-will-nicht-mehr-antreten/!6023059
DIR [2] /Baerbocks-Verzicht-auf-Kanzlerkandidatur/!6023060
DIR [3] https://edition.cnn.com/2024/07/10/tv/video/amanpour-nato-summit-german-foreign-minister-annalena-baerbock
DIR [4] /Sozialdemokratie-in-Europa/!6017677
## AUTOREN
DIR Sabine am Orde
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