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       # taz.de -- Etat-Kürzungen in Hessen: Demos gegen Sparpläne bei Unis
       
       > Die hessische Landesregierung aus SPD und Union streicht den Hochschulen
       > 34 Millionen Euro – die Kritik an dem Nachtragshaushalt für 2024 ist
       > groß.
       
   IMG Bild: Tote Hose in der hessischen Bildungspolitik
       
       Frankfurt taz | Rund 1.000 Studierende und Hochschulbeschäftigte haben am
       Donnerstag an hessischen Hochschulen demonstriert. Aufgerufen zu den
       Protesten hatten die Bildungsgewerkschaft GEW und Verdi Hessen. Anlass
       waren Kürzungen im Etat des Ministeriums für Wissenschaft und Kunst. Die
       [1][schwarz-rote Landesregierung] hatte in der vergangenen Woche einen
       Nachtragshaushalt für das laufende Jahr beschlossen, der den Hochschulen 34
       Millionen Euro weniger zur Verfügung stellt als bisher geplant.
       
       „So lassen sich weder bessere Betreuungsquoten, noch exzellente Forschung,
       noch gute und verlässliche Arbeitsbedingungen herstellen“, hieß es in einer
       gemeinsamen Stellungnahme der Konferenz Hessischer Universitätspräsidien
       und der Landeskonferenz der ASten in Hessen. Wenn dieses Geld fehle,
       müssten die Hochschulen darüber nachdenken, wo sie Stellen streichen,
       Professuren nicht mehr besetzen und Fächer und Studienangebote kürzen
       könnten.
       
       „Die Regierung muss ihr [2][Versprechen aus dem Koalitionsvertrag] halten
       und für eine auskömmliche und verlässliche Finanzierung sorgen“, so Gabriel
       Nyč von Verdi Hessen am Donnerstag. Die Proteste in Darmstadt, Frankfurt,
       Kassel und Marburg seien eine klare Botschaft an die Landesregierung: „Die
       Studierenden und Hochschulbeschäftigten nehmen Kürzungen bei Bildung und
       Wissenschaft nicht hin, sie wehren sich gemeinsam.“
       
       Etwa 500 Menschen beispielsweise in Darmstadt. Der hessische
       Wissenschaftsminister Timon Gremmels (SPD) stellte sich dort dem Austausch.
       „Ich empfinde die Proteste als Rückenwind“, so Gremmels. Gemeinsam mit
       allen Akteuren an den Hochschulen setze er sich dafür ein, dass der
       hessische Hochschulstandort auch in finanziell schwierigen Zeiten stark
       bleibe. „Sie alle können sich auf meinen Einsatz für gute Wissenschaft und
       Lehre verlassen.“
       
       ## „Kompass verloren“
       
       Kritik an dem Minister kam unter anderem von der Vorsitzenden der Partei
       Die Linke, Janine Wissler, die ebenfalls in Darmstadt demonstrierte. „Wer
       bei der Bildung kürzt, hat den Kompass verloren. Das ist gerade für einen
       sozialdemokratischen Minister ein Armutszeugnis – gerade, wenn man sich an
       die Wahlversprechen der SPD erinnert“, so Wissler zur taz. Die Kürzungen
       erhöhten die Abhängigkeit von Drittmitteln, schwächten die
       Grundfinanzierung, erhöhten den Arbeitsdruck und bedeuteten noch mehr
       befristete Beschäftigung.
       
       Auch die hochschulpolitische Sprecherin der Grünenfraktion im Landtag Nina
       Eisenhardt kritisierte die den Haushalt. Der Landesregierung blase den er
       Wind direkt ins Gesicht, sagte Eisenhardt am Donnerstag. „Diese Proteste
       als Rückenwind für die eigene Arbeit auszulegen und sich als vorderster
       Kämpfer für die Belange der Hochschulen darzustellen, grenzt an
       Realitätsverweigerung“, sagte sie mit Blick auf Wissenschaftsminister
       Gremmels.
       
       Der Nachtragshaushalt ist der erste Haushalt der neuen hessischen
       Landesregierung, die seit Mitte Januar 2024 im Amt ist. Hessens
       Finanzminister Alexander Lorz (CDU) bezeichnete den Haushalt als „Ausdruck
       einer neuen Realpolitik“. Mit ihm setze die Landesregierung „inhaltliche
       Schwerpunkte, die die Menschen verstehen“, trage den veränderten
       wirtschaftlichen Rahmenbedingungen Rechnung und gebe „auf die aktuellen
       Herausforderungen pragmatische und verständliche Antworten“.
       
       Auch die hessische Opposition aus AfD, Grünen und FDP, die in der
       vergangenen Woche gegen den Haushalt gestimmt hatte, kritisierte die
       Kürzungen: „Für diese Landesregierung sind Kunst und Kultur nur ein
       Restposten und Hessens Hochschulen das Sparschwein, das für die aufgeblähte
       Landesregierung geplündert wird“, kritisiert Nina Eisenhardt, Sprecherin
       für Hochschulen, Wissenschaft und künstliche Intelligenz der
       Grünen-Fraktion. „Das wird für Studierende wie Beschäftigte an jeder
       Hochschule des Landes ganz konkrete, spürbare Auswirkungen haben.
       
       Die Gewerkschaften befürchten nun weitere Kürzungen für das Jahr 2025.
       Diskutiert wird über den Haushalt erst im Herbst.
       
       18 Jul 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Yağmur Ekim Çay
       
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