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       # taz.de -- CDU-Wahlkampf in Brandenburg: Dem Volk aufs Maul schauen
       
       > Die CDU in Brandenburg hat ihre Wahlplakate vorgestellt. Die Kampagne
       > steht im Schatten der Alkoholfahrt ihres Spitzenkandidaten Jan Redmann.
       
   IMG Bild: Jan Redmann (links) und Gordon Hoffmann werden plakativ
       
       Potsdam taz | Den drohenden Erfolg der AfD in Brandenburg erklärt Jan
       Redmann mit einem bislang eher selten vorgetragenen Argument. „Wir wissen,
       dass die Menschen, die AfD wählen, gar nicht erwarten, dass diese eine
       andere Politik macht“, sagt der CDU-Spitzenkandidat für die Landtagswahl am
       22. September. Mit der Wahl der AfD würden sie eher „uns als CDU die
       Botschaft auf den Weg geben, die Probleme endlich anzugehen“.
       
       Es war ein eigenwilliger Auftritt, mit dem Redmann und Brandenburgs
       CDU-Generalsekretär Gordon Hoffmann am Donnerstag im Garten der
       CDU-Landesgeschäftsstelle in Potsdam ihre Plakatkampagne vorstellten. Im
       Vordergrund stand die Botschaft, die Probleme der Menschen im Land zu
       verstehen, dem Volk also aufs Maul zu schauen.
       
       „Die Menschen im ländlichen Raum haben andere Probleme als in den Städten
       oder Kleinstädten“, betont Redmann und präsentiert sich und seine Partei
       als Zuhörer und Kümmerer. Auch die Claims auf den Plakaten versprechen
       konkrete Politik und verzichten auf billige Polemik: „Ein Arztbesuch darf
       keine Fernreise sein“, steht auf einem, auf einem anderen: „Früher lesen
       und schreiben rechnet sich“. Oder: „Ärmel hochkrempeln: Wirtschaft
       ankurbeln“.
       
       Es sind Slogans, die auch auf den Großplakaten der Brandenburger SPD stehen
       könnten. In ihrer spröden Sachlichkeit stehen sie in einem gewissen
       Kontrast zu dem, was sich die CDU in der Mark vorgenommen hat: vom Frust
       der Menschen auf die Bundesregierung zu profitieren.
       
       ## Gegenmodell zur Ampel
       
       Die CDU, so verspricht es der Generalsekretär, soll ein „Gegenmodell zur
       Ampel im Bund“ sein. Und die Politik der CDU das ländliche Gegenstück zu
       urbaner Überheblichkeit. „Vor allem im ländlichen Raum spüren die Menschen,
       dass sie mit einer Politik konfrontiert sind, die in der Großstadt gemacht
       ist“, behauptet Redmann und nennt als Beispiel das 49-Euro-Ticket und das
       Heizungsgesetz.
       
       [1][Redmann, der am vergangenen Freitagmorgen von der Polizei bei einer
       Kontrolle mit 1,3 Promille auf einem Elektroroller erwischt worden war],
       war die Verunsicherung bei seinem Aufritt sichtlich anzumerken. Am Vortag
       der Pressekonferenz [2][hatte die Märkische Allgemeine Zeitung berichtet],
       dass die Aktion der Polizei keineswegs eine reine Routinekontrolle gewesen
       sei, wie Redmann behauptet hatte. Vielmehr sei der CDU-Mann „aufgrund
       seiner Fahrweise von den eingesetzten Beamten“ kontrolliert worden, zitiert
       die Zeitung einen internen vertraulichen Polizeivermerk.
       
       Auch sei bei Redmann nicht nur ein Atemalkoholtest vorgenommen worden, wie
       er gesagt hatte. Ihm wurde auf dem Revier auch Blut abgenommen. Redmann
       selbst erklärt dazu, dass ihm bei der Kontrolle nicht gesagt worden sei,
       weshalb sie stattgefunden habe. Sobald der Blutalkoholwert feststehe, werde
       er ihn öffentlich machen.
       
       Konnte Redmann vergangene Woche noch damit punkten, selbst an die
       Öffentlichkeit gegangen zu sein, steht nun der Vorwurf im Raum, die
       Unwahrheit gesagt zu haben. Taucht sein Konterfei vielleicht auch deshalb
       nicht auf den Wahlplakaten auf?
       
       Nein, sagt Generalsekretär Hoffmann. Die Kampagne habe einen längeren
       Vorlauf gehabt. „In der zweiten und dritten Welle wird auch der
       Spitzenkandidat mit drauf sein.“ Ob das der CDU allerdings nutzt? Eine
       Alkoholfahrt mögen die eher Robusteren unter den Wählern vielleicht noch
       durchgehen lassen. Aber ein E-Scooter? Schließlich schaut auch das Volk der
       Politik aufs Maul.
       
       „Mir geht es auch um die letzte Meile“, verteidigt Redmann die Wahl des
       Verkehrsmittels. „Aber natürlich setzen wir in Brandenburg auch auf einen
       Verkehrsmix, zu dem auch das Auto gehört.“
       
       Es sind keine großen Sprüche, die Redmann an diesem Sommertag klopft. Nur
       als es um die bisherigen Koalitionspartner der Kenia-Koalition aus SPD, CDU
       und Grünen geht, wird er deutlicher. „Bei den Themen, die der Union wichtig
       sind, kommen wir bei den Grünen an unsere Grenzen“, sagt er. „Ich wünsche
       mir deshalb eine Landesregierung ohne die Grünen.“
       
       ## CDU zielt auf Grüne
       
       Das passt zu der am Mittwoch auch deutlich gewordenen Wahlkampfstrategie,
       nicht nur die Botschaft der AfD-Wähler zu verstehen, sondern auch die
       enttäuschten Wählerinnen und Wähler von SPD und Grünen anzusprechen. Auch
       da spielt die Bundespolitik eine Rolle. Den Hauptslogan der Landes-CDU
       „Dein Land kann’s besser“ erklärte Redmann so, dass damit sowohl
       Brandenburg als auch Deutschland gemeint sei.
       
       Im Grunde versuchen die Christdemokraten die Strategie zu kopieren, mit der
       es der SPD von Ministerpräsident Dietmar Woidke 2019 gelang, auf den
       letzten Metern an der AfD vorbeiziehen. Mit dem Unterschied natürlich, dass
       sich diesmal alle im „anständigen Lager“ für die CDU entscheiden sollen.
       „Nur die CDU“, so E-Scooter-Fahrer Jan Redmann, „kann verhindern, dass die
       AfD gewinnt.“
       
       18 Jul 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /E-Scooter-Rowdy-aus-dem-Verkehr-gezogen/!6023301
   DIR [2] https://www.maz-online.de/brandenburg/jan-redmann-alkoholisiert-auf-e-roller-brandenburgs-polizei-widerspricht-cdu-politiker-2ILLUE344JDJ7OYRQ6XQSRG3Y4.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Uwe Rada
       
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