URI: 
       # taz.de -- Boykott von Ungarns Ratspräsidentschaft: Affront im Rahmen des Möglichen
       
       > Mit dem Boykott der Ratspräsidentschaft reagiert die EU besonnen auf
       > Orbáns „Friedensmission“. Jetzt liegt es an den EU-Staaten,
       > Geschlossenheit zu zeigen.
       
   IMG Bild: Orbáns Ratspräsidentschaft soll vom Rest der EU boykottiert werden
       
       Der Mini-Boykott, den EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gegen
       die ungarische Ratspräsidentschaft angeleiert hat, ist bemerkenswert.
       Wollte doch Ungarns Regierungschef Viktor Orbán einen echten Coup landen,
       indem er gleich an Tag eins des sechs Monate andauernden rotierenden Amtes
       nach Kyjiw reiste, dann weiter nach Moskau [1][und Peking]. Zwischendurch
       erfolgte die Ausladung der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock. Und
       zum krönenden Abschluss ein Besuch bei US-Präsidentschaftskandidat Donald
       Trump im Anschluss an den Nato-Gipfel.
       
       Die EU-Spitzen waren sichtlich bemüht, klarzustellen, dass Orbán nicht im
       Auftrag der EU in seiner sogenannten Friedensmission unterwegs war.
       Russland, China und auch Trump nahmen den Ball dennoch staatsmännisch
       beglückt auf. [2][Und Orbán konnte sich als alternative Friedenstaube
       inszenieren.]
       
       ## Schachzug statt Eigentor
       
       Nun folgt also ein diplomatischer Affront – im Rahmen der Möglichkeiten auf
       EU-Ebene. Schließlich ist es demokratische Praxis, dass alle sechs Monate
       ein anderer Mitgliedstaat die Ratspräsidentschaft übernimmt. Ganz gleich,
       welcher Partei der jeweilige Staatschef angehört. Diese Praxis zu
       unterbrechen und die ungarische Ratspräsidentschaft vorzeitig zu beenden,
       gliche einem Eigentor.
       
       Stattdessen werden die EU-Kommissar:innen und Fachminister:innen
       angehalten, nicht zu Treffen nach Ungarn zu fahren. An ihrer Stelle sollen
       Beamt:innen aus der zweiten Reihe geschickt werden.
       
       Es ist ein geschickter Schachzug von der Leyens. Nun kommt es auf die
       Zuständigen in den EU-Mitgliedstaaten an, ob sie ihrem Boykottauftrag
       folgen oder lieber ihre Loyalität gegenüber Ungarn zeigen.
       
       In Zeiten, in denen [3][die EU] mit vielfältigen globalen Krisen
       konfrontiert ist, ist dies auch ein Test, wie geschlossen die Reihen der
       Europäischen Union sind. Mit einem erstarkenden Rechtsruck und zunehmender
       Skepsis gegenüber der Unterstützung für die Ukraine im Kampf gegen die
       russische Invasion ist dies der erzwungene richtige Zeitpunkt. Die
       Anhänger:innen Orbáns wird dieser Schachzug aber vermutlich nicht
       aufhalten.
       
       16 Jul 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Zu-Besuch-in-Peking/!6019346
   DIR [2] /Orbans-Friedensmission/!6019226
   DIR [3] /Wahl-im-Europaeischen-Parlament/!6023566
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Tanja Tricarico
       
       ## TAGS
       
   DIR EU-Ratspräsidentschaft
   DIR Viktor Orbán
   DIR Ungarn
   DIR Ursula von der Leyen
   DIR EU-Parlament
   DIR EU-Außenminister
   DIR EU-Kommission
   DIR Europäische Union
   DIR Schwerpunkt Europawahl
   DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
   DIR Viktor Orbán
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR EU-Ratsvorsitz Ungarn: „Orbán will die EU trollen“
       
       Luca Soltész vom Thinktank Visegrad Insight glaubt, dass die EU mit ihrer
       Strategie wenig bei Orbán ausrichten kann – und ihr Spielraum klein ist.
       
   DIR Treffen der EU-Außenminister: Brüssel zollt Biden Respekt
       
       Die EU-Außenminister würdigen auf ihrem Treffen Biden und seinen Rückzug.
       Viktor Orbáns „Friedensmission“ hingegen sorgt für Aufruhr.
       
   DIR Ursula von der Leyen: Immerhin nicht noch eine Krise
       
       Was die EU gebrauchen könnte, wäre frischer Wind, Mut. Das ist mit Ursula
       von der Leyen nicht zu machen. Immerhin kann der Apparat weiterlaufen.
       
   DIR EU-Kommissionspräsidentin: Von der Leyen wiedergewählt
       
       Ursula von der Leyen bleibt weitere fünf Jahre Präsidentin der mächtigen
       EU-Kommission. Dabei geben wohl die Stimmen der Grünen den Ausschlag.
       
   DIR Wahl im Europäischen Parlament: Metsola erneut Präsidentin
       
       Bei der Europawahl haben rechte Parteien zum Teil deutlich hinzugewonnen.
       An der Führung des Europaparlaments ändert sich vorerst allerdings nichts.
       
   DIR Zu Besuch in Peking: Orbán auf „Friedensmission 3.0“
       
       Der ungarische Regierungschef gefällt sich in der Rolle des
       Friedensvermittlers zwischen dem Westen, der Ukraine und Russland. Kritik
       prallt an ihm ab.
       
   DIR Orbáns „Friedensmission“: Erfolgreiche Störfeuer aus Ungarn
       
       Kyjiw, Moskau, Turkstaaten – mit seiner Reiseroute macht der
       EU-Ratspräsident und Ungarns Regierungschef klar, was er von der EU hält:
       nicht viel.