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       # taz.de -- Arbeitsbedingungen bei Lieferando: An den Ridern wird gespart
       
       > Der Liefer-Riese Lieferando will weniger Boni zahlen. Vor der
       > Firmenzentrale protestieren Fahrer:innen gegen den Verdienstverlust.
       
   IMG Bild: Fahren bei Sturm und Hitze für einen Hungerlohn: Lieferando-Fahrer:innen
       
       Berlin taz | Lohnkürzungen in Zeiten der Inflation? Was absurd klingt,
       kündigte der Delivery-Riese Lieferando gegenüber seinen Fahrer:innen an.
       Dagegen protestierten rund 70 Beschäftigte am Mittwochmittag in der Nähe
       der Konzernzentrale am Spreeufer. Neben einer fairen Bezahlung forderten
       die Fahrer:innen bessere Arbeitsbedingungen und einen Tarifvertrag.
       
       Konkret gehe es um die Umstrukturierung des Bonussystems, die das
       Unternehmen Ende Juni den Fahrer:innen ankündigte, sagt ein Mitglied der
       Beschäftigtenorganisation [1][Lieferando Workers Collective] zur taz. Ihren
       Namen will die Lieferando-Fahrerin nicht nennen, weil in der Vergangenheit
       schon häufiger gewerkschaftlich engagierten Kolleg:innen gekündigt
       wurde.
       
       Demnach sollen bislang gezahlte Boni für Spitzenzeiten abgeschafft und
       durch ein anderes System ersetzt werden. Die Boni sind ein wichtiger Teil
       des Einkommens, das sonst mit 12,50 Euro pro Stunde nur knapp über dem
       Mindestlohnniveau liegt.
       
       ## Fehlerhafte Lohnzahlungen
       
       Ein Sprecher des Unternehmens teilt auf taz-Anfrage mit, es handle sich bei
       der Umstellung nicht um Lohnkürzungen. Vielmehr sei ein befristetes
       Pilotprojekt ausgelaufen. „Das neue Modell beinhaltet eine Lohnerhöhung
       sowie ergänzende Zuschläge, mit denen fast alle Fahrer bundesweit mehr
       verdienen“, so der Sprecher.
       
       Die Fahrer:innen sehen das anders: „Ich würde nach dem neuen System 300
       bis 400 weniger pro Monat bekommen“, klagt R., ein Fahrer, der Vollzeit für
       Lieferando arbeitet. [2][„Wir leben jetzt schon von der Hand in den Mund.“]
       Mit den Kürzungen werde es schwer, die Miete zu bezahlen.
       
       Der 41-Jährige kommt aus Pakistan und berichtet, dass viele seiner
       migrantischen Kolleg:innen sich nicht mit deutschem Recht auskennen und
       Lieferando dreist versuche, die Löhne zu drücken. So seien Fehler in der
       Abrechnung die Regel, es werde wiederkehrend weniger gezahlt, als
       eigentlich gearbeitet wurde. Auch Trinkgelder werden manchmal einbehalten,
       berichtet R. „Die klauen einfach Geld bei den Fahrern, die kein Bewusstsein
       dafür haben.“
       
       Fehlerhafte Lohnzahlungen kämen „extrem selten“ vor und würden sofort
       ausgeglichen, sagt ein Unternehmenssprecher auf taz-Anfrage.
       
       ## Immer wieder Sparmaßnahmen
       
       Die jüngsten Maßnahmen seien die härtesten, aber nicht die ersten der
       vergangenen Jahre, berichtet ein weiterer Fahrer, der sich als Mo
       vorstellt. Mit der Zeit sei es immer schwieriger geworden, Arbeitstelefone
       und Firmenfahrräder zu bekommen, auch die Reparaturpauschale wurde
       irgendwann abgeschafft. „Das sind einfach Kürzungen“, so Mo.
       
       Um für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen zu kämpfen, haben die
       Fahrer:innen eine Petition gestartet. Darin fordern sie unter anderem
       feste Feiertags-, Sonntags- und Nachtzuschläge, die sich am Stundenlohn
       orientieren. Auch sollen Überstunden besser bezahlt werden und nicht
       verpflichtend sein.
       
       17 Jul 2024
       
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