# taz.de -- Einsatz bei Anti-AfD-Protesten in Essen: Kritik an Polizei wird immer lauter
> Nach den Protesten gegen den AfD-Parteitag in Essen wächst die Kritik an
> der Polizei. Ein Bündnis spricht von 80 Gewaltvorfällen durch
> Einsatzkräfte.
IMG Bild: Polizeieinsatz in Essen gegen Demonstranten, die gegen den AfD-Parteitag protestieren
Essen taz | Es waren [1][teils turbulente Proteste], die am Wochenende den
[2][AfD-Bundesparteitag in Essen] begleiteten. Nun berichtet das Bündnis
„Widersetzen“, das zu zivilem Ungehorsam und Blockaden der Zufahrtswege zur
Tagungshalle aufgerufen hatte, von immer mehr Berichten über Polizeigewalt,
die sie erreichen würden. In mehr als 80 Fällen hätten Demonstrierende dazu
inzwischen Schilderungen abgegeben.
„Es kann nicht sein, dass unzählige Menschen an diesem Tag mit Verletzungen
sowie physischen und psychischen Beschwerden zu kämpfen haben, während die
polizeilichen Berichte ein Bild der aufgebrachten Gewaltexzesse inszenieren
und vom eigentlichen Inhalt abgelenkt wird“, kritisierte Katharina
Schwabedissen, eine der Sprecherinnen von „Widersetzen“. Sie berichtet von
„Verletzungen wie Arm, Nasen- und Jochbeinbrüche, starken Augenreizungen,
Atemnot und Bewusstlosigkeit“.
Kritik auch von den Jusos
Auch der Juso-Bundesvorsitzende [3][Philipp Türmer], der am Samstag
ebenfalls in Essen war, berichtet von solchen Szenen. „Wir Jusos
verurteilen die unverhältnismäßige Gewalt von Teilen der Polizei gegenüber
Demonstrant*innen, die wir am Samstagvormittag selbst miterlebt haben.“ Das
„reflexartige Verteidigen“ der Polizei und das Beschuldigen von linken
Demonstrant*innen durch Innenpolitiker*innen sei „vollkommen
unangebracht“. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) müsse die Vorfälle
ordentlich aufklären.
Reul wiederum hatte nach dem Wochenende mehrfach Angriffe auf die
Polizist*innen verurteilt. „Kritik ist legitim, Krawalle nicht“, sagte
der Politiker. [4][27 Polizist:innen waren leicht verletzt und einer
schwerverletzt worden]. Ein Demonstrant soll ihm am Boden liegend noch
gegen den Kopf getreten haben. Die Polizei sucht jetzt mit Hilfe von
Screenshots aus Videoaufnahmen nach dem mutmaßlichen Täter.
Der Polizei waren bis Dienstagnachmittag weder Strafanzeigen gegen Beamte
noch Fälle von verletzten Demonstrierenden bekannt. Ein Polizeisprecher
verteidigte die Vorgehensweise der Polizei: „Grundsätzlich möchten wir
daran erinnern, dass wir vor dem Einsatz angekündigt haben, unfriedliche
Proteste und Störaktionen konsequent zu unterbinden, um die öffentliche
Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten.“ Zwangsmaßnahmen seien zuvor durch
Lautsprecherdurchsagen angekündigt worden.
Am Wochenende stellte die Polizei Essen insgesamt 143 Strafanzeigen, unter
anderem wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz, Landfriedensbruchs,
Widerstands und wegen tätlichen Angriffs auf Einsatzkräfte. Insgesamt seien
22 Personen in Gewahrsam genommen und zwei Personen vorläufig festgenommen.
Alle Personen sind inzwischen wieder entlassen worden.
Legal-Team kritisiert schlechte Kommunikation
Auch der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV) zeigte sich
„bestürzt über den Umgang der Polizei mit dem weitgehend friedlichen
Protest gegen den AfD-Parteitag in Essen“. Ein sogenanntes Legal-Team aus
13 Anwält*innen war am Samstag ab frühmorgens unterwegs, um als
Vermittler*innen und rechtliche Beistände zu helfen. Anwältin Anna
Magdalena Busl, Teil des Legal-Teams, berichtete von einem „äußerst
provokaten und gewaltbereiten Auftreten der Einsatzkräfte“ und „massiver
Polizeigewalt“. Die Kommunikation mit dem Legal-Team sei seitens der
Polizei „größtenteils verweigert“ worden, so Busl. Ein Beitrag zur
Deeskalation sei so nicht möglich gewesen.
taz-Reporter hatten am Wochenende [5][beide Seiten beobachten können]. Auf
der einen Seite war zu sehen, wie einige Demonstrierende auf
Polizeiabsperrungen zurannten. Die Polizei ging sofort mit Schlagstöcken
und Pfefferspray dagegen vor. Teilweise wurden mehrere Wasserwerfer in
Stellung gebracht. Auf der anderen Seite wurden friedliche Sitzblockaden
nach mehrfacher Aufforderung durch die Polizei aufgelöst, indem ebenfalls
Schlagstöcke eingesetzt wurden, auch gegen am Boden sitzende Personen.
Die Polizeieinsätze rund um den AfD-Parteitag werden sowohl Demonstrierende
als auch die Polizei noch einige Wochen beschäftigen. Das Bündnis
„Widersetzen“ prüft, ob Anzeigen gestellt werden. Und die Polizei wertet
Videoaufnahmen aus, die von sogenannten Beweissicherungstrupps
aufgezeichnet wurden.
3 Jul 2024
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## AUTOREN
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