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       # taz.de -- Ungarn sagt Treffen mit Baerbock ab: Orbán zündet Störfeuer
       
       > Die Reise von Viktor Orbán nach Moskau war eine Provokation für EU– und
       > Nato-Partner. Nun lädt Ungarn die deutsche Außenministerin aus.
       
   IMG Bild: Bleibt jetzt daheim: Bundesaußenministerin Annalena Baerbock fliegt nicht nach Budapest
       
       Berlin taz | Die [1][ungarische EU-Ratspräsidentschaft] läuft seit nur
       sechs Tagen und schon hat der ungarische Regierungschef Viktor Orbán einen
       handfesten Eklat produziert. Denn eigentlich wollte die deutsche
       Bundesaußenministerin Annalena Baerbock am Montag ihren ungarischen
       Außenamtskollegen Péter Szijjártó in Budapest treffen. Heikles Thema der
       Gespräche: Orbáns irritierende Vermittlungsversuche für eine
       Friedensinitiative zwischen der Ukraine und Russland. Doch die ungarische
       Seite sagte die Reise nun ab.
       
       Bereits an Tag eins der turnusgemäßen Übernahme des Postens [2][reiste
       Orbán nach Kyjiw], um dort mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr
       Selenskyj zu verhandeln. Am Freitag folgte dann ein Treffen mit Russlands
       Präsidenten Wladimir Putin in Moskau.
       
       Es hätte also viel zu besprechen gegeben zwischen Baerbock und Szijjártó.
       Aber: „Die ungarische Seite hat zu unserer Verwunderung am Freitagabend den
       eigentlich für Montag in Budapest vereinbarten Termin von Außenminister
       Szijjártó mit Außenministerin Baerbock kurzfristig abgesagt“, hieß es aus
       dem Auswärtigen Amt. „Ein ernstes und ehrliches persönliches Gespräch
       zwischen beiden Außenministern wäre in Anbetracht der überraschenden und
       nicht abgestimmten Moskau-Reise von Ministerpräsident Orbán durchaus
       wichtig gewesen“. Dann folgt Bedauern über die Absage. Die Reise soll zu
       einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden.
       
       Als reine Provokation wurde der Besuch Orbáns in Moskau bei Putin gewertet.
       Vor allem innerhalb der EU-Gremien und der Nato. Orbán hatte weder ein
       Mandat noch war die Reise mit den internationalen Partnern abgesprochen.
       [3][EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen], schrieb auf X (ehemals
       Twitter), dass Beschwichtigungspolitik Putin nicht aufhalten würde. „Nur
       Einigkeit und Entschlossenheit werden den Weg zu einem umfassenden,
       gerechten und dauerhaften Frieden in der Ukraine ebnen.“
       
       ## Nicht nur Kritik an Orbán
       
       Noch-Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg machte unmissverständlich klar,
       dass Orbán bei seinem Alleingang nicht das Militärbündnis vertrete. Ähnlich
       missliche Töne kamen auch aus den USA. Washington sprach von einer
       „kontraproduktiven Reise“, die nicht förderlich für den Frieden, für die
       territoriale Integrität und die Unabhängigkeit der Ukraine sei.
       
       Wenig überraschend wertete Putin die Gespräche mit Orbán als Versuch der
       EU, den Dialog mit Russland wieder aufleben zu lassen. Das diplomatische
       Chaos ist also geglückt.
       
       Allerdings hagelte es nicht nur Kritik an der überraschenden
       Paralleldiplomatie Orbáns. [4][Der slowakische Ministerpräsident Robert
       Fico] lobte den ungarischen Regierungschef für seine Initiative und sprach
       ihm seine „Bewunderung“ aus. Und er hätte ihn gerne selbst begleitet zu
       dieser umstrittenen Reise nach Moskau, wenn es sein Gesundheitszustand
       erlauben würde. Fico war im Mai niedergeschossen und lebensgefährlich
       verletzt worden.
       
       Orbán verursachte die diplomatischen Turbulenzen wenige Tage vor dem
       Jubiläumsgipfel der Nato in Washington. In der kommenden Woche wollen die
       Mitglieder des Militärbündnisses ihre Unterstützung für die Ukraine stärken
       und – wie es Nato-Chef Stoltenberg nannte – der Ukraine „eine Brücke in die
       Nato“ bauen. Eine gemeinsame Zusage für eine dauerhafte Unterstützung kam
       ihm Vorfeld des Gipfels nicht zustande, unter anderem durch die Ablehnung
       Orbáns. Ungarn hatte auf EU-Ebene Sanktionen gegen Russland sowie weitere
       Finanzhilfen für Kyjiw mehrfach verzögert. Kritik übte Orbán zudem an den
       im Juni begonnenen Beitrittsverhandlungen der EU mit der Ukraine.
       
       6 Jul 2024
       
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