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       # taz.de -- Verstöße gegen das Cannabisgesetz: Massive Kritik an CDU-Bußgeldplänen
       
       > Berlins Unions-Fraktion will Verstöße gegen das Cannabisgesetz mit
       > drastischen Strafen belegen. Die Begeisterung der SPD hält sich in
       > Grenzen.
       
   IMG Bild: Ohrschmuck wie dieser ist straffrei. Auch in der Nähe von Kitas – solange er nicht brennt
       
       Berlin taz | Im Gegensatz zu anderen Bundesländern hat Berlin zwar immer
       noch keine Verordnung, die die Zuständigkeiten im Zusammenhang mit dem
       neuen Cannabisgesetz regelt. Dafür prescht die CDU-Fraktion im
       Abgeordnetenhaus nun in anderer Hinsicht vor. Ihre Forderung: Der Senat
       soll bis zum 1. September einen Bußgeldkatalog für [1][Verstöße gegen das
       Gesetz] erlassen. Gleich mitgeliefert werden Vorgaben zur Höhe der zu
       verhängenden Strafen. Und die sollen offenkundig wehtun.
       
       So könnten nach dem Willen der CDU für das Kiffen in Gegenwart von unter
       18-Jährigen künftig 1.000 Euro fällig werden. Wer einen Joint in den
       100-Meter-Verbotszonen um Schulen, Spiel- oder Sportplätze raucht, soll 500
       Euro zahlen. Mit bis zu 30.000 Euro richtig happig soll der Verstoß gegen
       das Einfuhrverbot von Cannabissamen aus Nicht-EU-Ländern werden.
       
       Die CDU ist davon überzeugt, dass ihr Bußgeldkatalog die Arbeit der
       Strafverfolgungsbehörden erleichtern werde. Die Verwaltung müsse damit
       nicht in jedem „Einzelfall die ‚richtige‘ Bußgeldhöhe“ finden und schaffe
       „zugleich mehr Gleichheit bei der Behandlung von Verstößen“, heißt es in
       dem Papier, das die Fraktion am Wochenende auf ihrer Klausurfahrt im
       hessischen Oberursel beschlossen hat. Auch folge Berlin damit nur „dem
       Vorbild“ [2][Bayerns], [3][Hamburgs] und Nordrhein-Westfalens.
       
       ## „Absurd hohe Bestrafungen“
       
       Schlimm genug, sagt Vasili Franco, der innen- und drogenpolitische Sprecher
       der Grünen-Fraktion. Er wundere sich, „dass die CDU-Fraktion Zeit hat, sich
       absurd hohe Bestrafungen für Verstöße gegen das Cannabisgesetz
       auszudenken“, während es der Senat gleichzeitig nicht auf die Reihe kriege,
       [4][die Zuständigkeiten bei der Genehmigung von Cannabis-Anbauclubs zu
       regeln]. „Die CDU in Berlin sollte erst mal geltendes Recht umsetzen, bevor
       sie irgendwelche irrelevanten Positionspapiere veröffentlicht“, sagt Franco
       zur taz.
       
       Tatsächlich hat es der schwarz-rote Senat bislang vertrödelt, eine
       Verordnung zu den Anbauvereinigungen zu erlassen. Vorerst sollen die Clubs
       von den überforderten Bezirken genehmigt werden.
       
       Statt sich sinnvollerweise zunächst darum zu kümmern, beschäftige sich die
       CDU „mit so einem Strafen-Unsinn“, kritisiert auch Francos Fachkollege
       Niklas Schrader von der Linksfraktion gegenüber der taz. Seine Erklärung:
       „Offenbar hat die CDU [5][die Cannabis-Legalisierung nicht verkraftet].“
       Also holt man jetzt mit drakonischen Bußgeldern zum Gegenschlag aus.
       
       ## Koalitionspartner hat Redebedarf
       
       Selbst beim Koalitionspartner SPD ist man wenig angetan von dem Papier der
       Union. „Generell kann man immer hohe Bußgelder verhängen, aber das muss
       auch in einem gewissen Verhältnis stehen“, sagt Martin Matz, der
       innenpolitische Sprecher der Fraktion. „Wenn jetzt Kiffen in Sichtweite
       einer Schule teurer ist, als mit 60 Sachen an der Schule vorbeizurasen,
       dann wird von unserer Seite darüber noch einmal zu reden sein“, so Matz zur
       taz.
       
       Der CDU geht es gleichwohl ums Prinzip. So wird in dem Beschluss erneut vor
       den Gefahren einer „Überliberalisierung von Cannabis“ gewarnt. Es dürfe
       „durch mangelhaften Vollzug des Gesetzes“ gar nicht erst der Eindruck
       entstehen, „beim Umgang mit Cannabis sei nunmehr alles erlaubt oder
       jedenfalls in der Praxis möglich“. Dem Senat stehe es übrigens frei, den
       bisher erst neun Kategorien umfassenden Bußgeldkatalog der CDU zu erweitern
       und die Strafen zu erhöhen.
       
       Martin Matz rät dem Koalitionspartner unterdessen, beim Thema Cannabis
       etwas weniger verspannt zu sein. Wie beim Rauchverbot in öffentlichen
       Gebäuden würden sich die Berliner:innen auch an die Regeln beim neuen
       Cannabiskonsumgesetz gewöhnen. „Das kann man ja auch alles mal mit einer
       gedämpfteren Aufregung betrachten“, sagt der SPD-Politiker.
       
       7 Jul 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.gesetze-im-internet.de/kcang/BJNR06D0B0024.html
   DIR [2] /Freistaat-auf-Verbotsdroge/!6001931
   DIR [3] /Harte-Strafen-fuer-Cannabis-Verstoesse/!6002020
   DIR [4] /Start-von-Cannabis-Social-Clubs/!6017893
   DIR [5] /Teil-Legalisierung-von-Cannabis/!5999796
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Rainer Rutz
       
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