URI: 
       # taz.de -- Bundesländer verlieren Gelder: Zensus mischt Länderfinanzen neu
       
       > Die Volkszählung bringt einige Bundesländer beim Länderfinanzausgleich um
       > Hunderte Millionen Euro. Aber es gibt auch Profiteure.
       
   IMG Bild: Hier in München sieht’s noch voll aus. Aber: Die Bevölkerung in Bayern nahm laut Zensus zuletzt ab
       
       Berlin dpa | Die mit dem [1][Zensus] erhobenen Einwohnerzahlen bedeuten für
       einige Bundesländer große finanzielle Einbußen. Das hat eine Umfrage der
       Deutschen Presse-Agentur ergeben. Die Länder, deren [2][Einwohnerzahl
       stärker nach unten korrigiert] wurde als im Bundesdurchschnitt, müssen
       demnach mit einem Einnahmerückgang in Millionenhöhe und sogar Nachzahlungen
       rechnen.
       
       So geht das Finanzministerium in Niedersachsen von jährlichen
       Mindereinnahmen „im niedrigen dreistelligen Millionenbereich“ aus.
       Hintergrund ist die [3][Datenerhebung Zensus 2022]. Dabei kam heraus, dass
       in Niedersachsen rund 7,94 Millionen Menschen leben. Das sind etwa 170.000
       weniger, als anhand früherer Daten errechnet worden war. Der Anteil des
       Landes an der gesamten Bevölkerung in Deutschland sank dadurch – was sich
       über den bundesstaatlichen Finanzausgleich nachteilig auf die
       Steuereinnahmen auswirkt.
       
       Anderen Ländern geht es ähnlich: Auch in Hessen dürften sich die
       Mindereinnahmen „im unteren dreistelligen Millionenbereich“ bewegen, teilte
       das dortige Finanzministerium mit. In Berlin stellt sich der Senat bis 2028
       nach und nach [4][auf bis zu 550 Millionen Euro weniger pro Jahr ein]. Die
       Finanzbehörde in Hamburg beziffert ihr Minus auf 190 Millionen Euro pro
       Jahr, in Mecklenburg-Vorpommern sind es etwa 180 Millionen Euro pro Jahr
       weniger aus dem Länderfinanzausgleich. Im Vergleich dazu mutet das
       erwartete jährliche Minus von 15 bis 25 Millionen Euro in Sachsen-Anhalt
       fast schon überschaubar an.
       
       ## Bayern hat rund 290.000 Einwohner weniger
       
       Angesichts der Zensus-Zahlen dürfte auch Bayern zu den Verlierern zählen.
       Denn dort wurde die Bevölkerungszahl um rund 290.000 Einwohner oder 2,2
       Prozent nach unten korrigiert. Bundesweit betrug der Rückgang lediglich 1,6
       Prozent. Das Finanzministerium in München prüft die Folgen dieser
       Entwicklung allerdings noch.
       
       Es gibt jedoch auch Gewinner: So ist der Rückgang der Einwohnerzahlen im
       bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen geringer als auf
       Bundesebene. Das Finanzministerium erwartet daher alleine rückwirkend für
       die Jahre 2022 und 2023 noch Mehreinnahmen von insgesamt rund 580 Millionen
       Euro, obwohl der neue Zensus für diese Jahre nur anteilig in die Berechnung
       einbezogen wird. Baden-Württemberg geht wegen der neuen Einwohnerzahlen
       ebenfalls von einer Entlastung aus, ohne Summen zu nennen.
       
       Auch der Einwohneranteil von Rheinland-Pfalz ist gestiegen. Dort rechnet
       man in der Folge mit Mehreinnahmen von rund 50 Millionen Euro pro Jahr.
       Hinzu kämen „eingeschränkte positive Rückwirkungen“ für die Vorjahre. Wann
       die Änderungen kassenwirksam werden, werde derzeit von Bund und Ländern
       beraten. Thüringen beziffert seinen „Zensus-Effekt“ auf etwa 130 Millionen
       Euro zusätzlich pro Jahr.
       
       Das Saarland kalkuliert in diesem Jahr mit rund 200 Millionen Euro mehr.
       Davon entfielen 30 Millionen Euro auf die kommunale Ebene, sagte
       Finanzminister Jakob von Weizsäcker (SPD). Ministerpräsidentin Anke
       Rehlinger (SPD) sagte, das zusätzliche Geld verschaffe dem Saarland „ein
       bisschen mehr Luft“ und „mehr Raum für politische Gestaltungen“. Es heiße
       aber nicht, „wenn wir mehr bekommen, dass wir gleich mehr haben zum
       Ausgeben“. Die nächsten Jahre würden weiter von Konsolidierung geprägt
       sein.
       
       ## Zensus-Daten werden auch rückwirkend angewendet
       
       Eine zentrale Übersicht, wie sich die Verteilung von Bundesmitteln an die
       Bundesländer durch die neuen Zensus-Daten verändert, gibt es beim
       Bundesfinanzministerium nicht. Betroffen sind einem Sprecher zufolge in
       erster Linie die Verteilung der Umsatzsteuer sowie einwohnerabhängige
       Zuweisungen des Bundes an die Länder.
       
       Ihre volle finanzielle Wirkung entfalten die neuen Einwohnerzahlen von
       diesem Jahr an. Für die endgültige Abrechnung der Jahre 2022 und 2023 wird
       der Zensus nur zu einem Drittel im ersten Jahr und zu zwei Dritteln im
       zweiten Jahr berücksichtigt. Den Ländern mit hohem Einwohnerrückgang stehen
       dadurch Nachzahlungen bevor, den Profiteuren winkt ein unverhoffter
       Nachschlag.
       
       9 Jul 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Zensus/!t5041187
   DIR [2] /Bevoelkerungszahlen-im-Zensus-2022/!6017611
   DIR [3] /Zahlen-des-Zensus-2022/!6021665
   DIR [4] /Bevoelkerungszahlen-im-Zensus-2022/!6017611
       
       ## TAGS
       
   DIR Zensus
   DIR Länderfinanzausgleich
   DIR Bundesministerium der Finanzen (BMF)
   DIR Finanzen
   DIR Bevölkerung
   DIR Bundesländer
   DIR GNS
   DIR Zensus
   DIR Abgeordnetenhaus
   DIR Wohnungsmangel
   DIR Zensus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Begrüßungsgeld für Berliner*innen: Arm, aber unsexy
       
       Weil Berlin nach dem Zensus die Gelder fehlen, will die
       Wirtschaftssenatorin das Begrüßungsgeld wiedereinführen. Da ist noch Luft
       nach oben.
       
   DIR Berliner Abgeordnetenhaus: Vielleicht doch nur mit Feenstaub
       
       Das Parlament debattiert vor der Sommerpause Wege aus der Haushaltskrise.
       Die ist durch den Einwohnerschwund beim Zensus noch größer geworden.
       
   DIR Zahlen des Zensus 2022: Fast zwei Millionen leere Wohnungen
       
       Trotz Wohnungsmangel gibt es laut Statistischem Bundesamt viel ungenutzten
       Wohnraum – besonders auf dem Land und in Ostdeutschland.
       
   DIR Bevölkerungszahlen im Zensus 2022: Berlin, sie haben dich geschrumpft
       
       Die Ergebnisse des Zensus 2022 liegen vor – Städten wie Berlin fehlen auf
       einmal zigtausende Menschen. Das hat zum Teil ganz reale Folgen.