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       # taz.de -- Görlitzer Park in Berlin-Kreuzberg: Eine Mauer gegen soziale Probleme
       
       > Der Berliner Senat will unbedingt den Zaun um den Görlitzer Park, der
       > Bezirk nicht. Dabei geht es nicht nur um die Frage der Drogenpolitik.
       
   IMG Bild: Berlin, 13. Juli, Fahrraddemo im Görlitzer Park: nicht alle wollen eben den Zaun
       
       Berlin hat ja so seine Erfahrungen, was [1][den Bau von Mauern] betrifft.
       Dass Mauern und Zäune mehr Probleme schaffen, als lösen, scheint man im
       Berliner Senat jedoch vergessen zu haben. Allem Widerstand zum Trotz wollen
       CDU und SPD die Mauern am Görlitzer Park in Friedrichshain-Kreuzberg durch
       Zäune ergänzen, um die als Drogenhotspot geltende innerstädtische
       Grünfläche komplett abzuriegeln und nachts zu schließen.
       
       Dagegen protestieren nicht nur Anwohner*innen und stadtpolitischen
       Aktivist*innen, die von Donnerstag auf Freitag zu einer Kiezversammlung
       inklusive Pyjamaparty im „Görli“ einluden. Auch die grüne
       Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann will das nicht zulassen. Schließlich
       liegt der Park mitten in einem Wohngebiet, und Probleme lassen sich nicht
       einfach wegschließen. Ein Zaun würde die Kriminalität nicht verringern,
       sondern lediglich in die umliegenden Straßen, Hausflure und Hinterhöfe
       verdrängen, so die Kritik. Statt Law-and-Order brauche es soziale Lösungen
       für soziale Probleme.
       
       So weit, so nachvollziehbar. Doch den Regierenden Bürgermeister Kai Wegner
       (CDU) ficht das nicht an. Ihm ist die Symbolpolitik ohne praktischen Nutzen
       nicht nur rund 2 Millionen Euro plus jährlich [2][800.000 Euro laufende
       Kosten] wert, sondern auch eine handfeste gerichtliche Auseinandersetzung:
       Weil Friedrichshain-Kreuzberg sich weigert, den Zaun gegen den Willen der
       Anwohner*innen zu bauen, hat der Senat kurzerhand das Eingriffsrecht
       ausgeübt. Damit kann er den Zaun trotzdem bauen, „im dringenden
       gesamtstädtischen Interesse Berlins“.
       
       Das kann der Bezirk wiederum nicht erkennen, klagte im Eilverfahren dagegen
       – und erlitt eine Schlappe. Die Berliner Verwaltung könne nicht gegen sich
       selbst juristisch vorgehen, so die Argumentation des Gerichts. Am Dienstag
       legte der Bezirk nun Beschwerde dagegen ein, und der Streit geht in die
       nächste Runde.
       
       ## Es geht um mehr als den Park
       
       Dabei geht es längst um mehr als nur einen Park: Der Bezirk sieht sich
       „politischer Willkür vonseiten des Senats ausgeliefert“, sagt
       Bürgermeisterin Herrmann im [3][Interview mit der taz]. Denn es ist nicht
       das erste Mal, dass die seit gut einem Jahr regierende schwarz-rote
       Landesregierung in Gutsherrenmanier Planungen kurzerhand an sich zieht,
       wenn ihr die Entscheidungen der gewählten Bezirksverteter*innen
       anderer politischer Parteien nicht gefallen.
       
       Erst vor einem Monat wurde der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg beim
       umstrittenem [4][Bauvorhaben „Urbane Mitte“] entmachtet, nachdem er
       Änderungen am jahrzehntealten und längst nicht mehr zeitgemäßen Bauplan
       forderte. Der sieht für die 24.000 Quadratmeter vor allem Büros vor – und
       das, obwohl in der Hauptstadt bereits jetzt über eine Million Quadratmeter
       Bürofläche leerstehen und Wohnraum dringend benötigt wird. Doch der Senat
       stellte sich auf die Seite des Investors und zog die Planung an sich.
       
       Auch andere Bezirke sind von der autoritären Regentschaft betroffen: Im
       September vergangenen Jahres zog Schwarz-Rot ein Bebauungsplanverfahren in
       Neukölln an sich, damit ein privater Investor den 3,9 Hektar großen
       [5][„Emmauswald“ für Eigentumswohnungen] roden kann. Vor einem Monat
       übernahm der Senat die Planungen für den Olympiapark am Olympiastadion in
       Charlottenburg-Wilmersdorf, um auf eine Bewerbung für die [6][Olympischen
       Sommerspiele 2036] vorbereitet zu sein – ein weiteres Projekt gegen den
       Willen der Mehrheit der Berliner Bevölkerung.
       
       Da fragt man sich schon: Wenn der schwarz-rote Senat seine beziehungsweise
       die Interessen von Investoren gegen die Bezirke und die Bürger*innen
       durchsetzt – ist das noch Demokratie oder kann das weg?
       
       19 Jul 2024
       
       ## LINKS
       
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