# taz.de -- Komische Oper Berlin bedroht: Nicht mehr komisch
> Dem Musiktheater droht das Aus der Sanierung seines Stammsitzes. Der
> ehemalige Intendant Barrie Kosky schlägt in einem offenen Brief Alarm.
IMG Bild: Ruth Brauer-Kvam bei den Proben zum Musical „Chicago“ in der Komischen Oper am Schillertheater, 25. Oktober 2023
Wer Skrupel hat, verliert!“, leuchtete ein Schriftzug im Dezember vorm
Schillertheater in Berlin-Charlottenburg. Das ehemalige Schauspielhaus
dient der Komischen Oper aktuell als Interimsbühne, da deren Bau in Mitte
saniert wird. Gezeigt wurde damals das Musical „Chicago“, ein Spektakel mit
viel Glitzer und Glamour, in dem die Charaktere keine Skrupel kennen, ihre
Interessen durchzusetzen.
Keine Skrupel kennt auch „Chicago“-Regisseur [1][Barrie Kosky, wenn es
darum geht, für seine einstige Wirkungsstätte] einzustehen. Auf
Überlegungen des Berliner Senats, die Sanierungsarbeiten des Mutterhauses
der Komischen Oper aus Kostengründen zu stoppen, reagierte deren ehemaliger
Intendant jetzt mit einem offenen Brief. In ihm zeigte er sich „schockiert
und empört“ über einen möglichen Baustopp, dieser würde das Ende für das
Opernhaus bedeuten.
[2][Vor einem Jahr musste das 1892 in der Behrenstraße eröffnete Haus
schließen, um generalsaniert zu werden]. Schon 2018 fiel dort der Stuck von
der Decke. Auch ein Neubau ist geplant, mit Dachterrasse, Shop, Café.
Eigentlich eine schöne Idee, um das Quartier um die Friedrichstraße neu zu
beleben. Scheitern könnte das Projekt an den Kosten: Diese sollen rund 500
Millionen betragen.
Das Land Berlin habe kein Geld und müsse sparen, so das Fazit bei der
Plenarsitzung des Abgeordnetenhauses Anfang Juli. Entschieden ist noch
nichts, Kultursenator Joe Chialo (CDU) ließ aber verlauten, man wolle die
Einsparziele von 10 Prozent erfüllen und müsse sich, so sein
Pressesprecher, alles anschauen.
## Untrennbar mit ihrem Haus verbunden
Darin, die Komische Oper dauerhaft im Bau des Schillertheaters
unterzubringen, sieht Kosky keine Lösung, es sei weder Heimat noch Zukunft
der Komischen Oper: „Würden Sie das Berliner Ensemble vom
Bertolt-Brecht-Platz wegholen? Würden Sie die Berliner Philharmoniker von
der Philharmonie trennen?“ Diese Institutionen seien, wie die Komische
Oper, untrennbar mit ihren Häusern verbunden.
Ähnlich sehen es die Co-Intendanten des Hauses, Susanne Moser und Philip
Bröking, die in Interviews die fehlenden Platz- und Lagerkapazitäten des
Schillertheaters bemängeln und auf einen logistischen Mehraufwand
hinweisen, den man auf Dauer finanziell nicht stemmen könne.
Schon oft wurde diskutiert, ob Berlin drei Opernhäuser bräuchte. Berlins
Finanzsenator Stefan Evers (CDU) formulierte es Anfang Juli so: „Was kann
sich Berlin leisten, was ist staatliche Daseinsvorsorge, und was ist nice
to have?“
Worunter nicht an Profit orientierte Unterhaltung fallen dürfte, ist nicht
schwer zu erraten. Aber ist nice to have nicht auch das, was die kulturelle
Vielfalt Berlins einst ausmachte?
20 Jul 2024
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## AUTOREN
DIR Sophia Zessnik
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