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       # taz.de -- Radwegeausbau in Berlin: Spätfolgen eines Bremsmanövers
       
       > Die Bezirke arbeiten immer noch die Radinfrastruktur-Projekte ab, die die
       > CDU-Verkehrsverwaltung im vergangenen Jahr vorübergehend auf Eis gelegt
       > hat.
       
   IMG Bild: Schwarz-rote Prioritäten: Im ersten Halbjahr 2024 sind erst 10,6 Kilometer neue Radwege fertiggestellt worden
       
       Berlin taz | Berlin kommt weiter nur schleppend voran beim Bau neuer
       Radwege. In den Bezirken schlägt dabei bis heute der im vergangenen Jahr
       vom schwarz-roten Senat verhängte [1][temporäre Planungsstopp für
       Radverkehrsprojekte] durch. Das geht aus einer noch unveröffentlichten
       Antwort der Verkehrsverwaltung auf eine parlamentarische Anfrage der
       Grünen-Abgeordneten Oda Hassepaß hervor.
       
       Demnach entfallen von den 75 Radverkehrsprojekten der Bezirke, deren
       Finanzierung im ersten Halbjahr 2024 vom Senat bewilligt wurde, ganze 68
       auf sogenannte Erneuerungsbescheide – also auf Maßnahmen, die bereits im
       Vorjahr angeleiert worden waren.
       
       Das heißt im Gegenzug: Es kommen kaum neue Projektanmeldungen nach. Manche
       Bezirke wie Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf oder Reinickendorf haben bis
       Ende Juni keinen einzigen Finanzierungsantrag für neue Radinfrastruktur
       gestellt.
       
       „Es ist jetzt genau das eingetreten, wovor wir beim Radwegestopp 2023 immer
       gewarnt haben“, sagt Oda Hassepaß zur taz. Zahlreiche Projekte, die im
       vergangenen Jahr aufgrund des von [2][der damaligen Verkehrssenatorin Manja
       Schreiner (CDU)] durchgedrückten Planungsstopps liegen geblieben seien,
       würden nun nachgezogen. Für das Anschieben neuer Projekte wiederum fehle in
       den Bezirken häufig das Personal. Das Fazit der grünen Radverkehrsexpertin
       Hassepaß: „Wer stoppt, kommt nicht voran.“
       
       ## Ressourcenfressende Umplanungen
       
       Tatsächlich bestätigt Lichtenbergs Verkehrsstadträtin Filiz Keküllüoğlu
       (Grüne) auf taz-Nachfrage, dass die Kapazitäten in ihrer Verwaltung
       überwiegend „mit Projekten aus den Vorjahren gebunden“ seien. Schreiners
       Radwegestopp, die geforderten Einsparungen, die Infragestellung von
       Finanzierungszusagen: Das alles sorge dafür, dass ihre
       Mitarbeiter:innen nach wie vor damit beschäftigt seien, „die teilweise
       bereits fertig geplanten Projekte zu überarbeiten“.
       
       Beispiel [3][Siegfriedstraße, unweit des S-Bahnhofs Lichtenberg]: Auch den
       hier geplanten Radweg stellte die Verkehrsverwaltung 2023 in Sorge um
       wegfallende Parkplätze auf den Prüfstand. Nach der Aufhebung des
       Radwegestopps folgten zusätzliche Auflagen, die Mitarbeiter:innen
       mussten umplanen, das fraß Zeit. „Diese personellen Ressourcen fehlen dann
       natürlich an anderen Stellen“, sagt Keküllüoğlu.
       
       Immerhin: „Ab Mitte August wird der Bau der lang ersehnten
       Radverkehrsanlage in der Siegfriedstraße starten.“ Noch 2024 könnte sie
       eröffnet werden, der genaue Zeitpunkt hänge aber auch von den
       Witterungsbedingungen ab, weshalb verlässliche Voraussagen noch nicht
       möglich seien, so Keküllüoğlu. Ob mit oder ohne den Radweg an der
       Siegfriedstraße: Sonderlich viele Projekte dürften auch in diesem Jahr
       insgesamt nicht fertiggestellt werden.
       
       ## Radverkehrsplan von 2021 ist Makulatur
       
       Der noch vom rot-grün-roten Vorgängersenat 2021 aufgestellte
       [4][Radverkehrsplan ist inzwischen jedenfalls Makulatur]. Schon 2023 wurden
       von den in dem Plan angepeilten 60 Kilometer neuen Radwegen nur 22,3
       Kilometer fertig. Längst kein Thema mehr ist das ursprüngliche Ausbauziel
       von 100 Kilometern für das laufende Jahr.
       
       Im April verkündete die Verkehrsverwaltung, dass man derzeit mit 38,7 neuen
       Radwegkilometern plane. „Ob die sich realisieren lassen, hängt von vielen
       Faktoren ab“, dämpfte die neue Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) vor gut
       einem Monat im Tagesspiegel die ohnehin nicht hohen Erwartungen.
       
       Tatsächlich sind im ersten Halbjahr 2024 erst bescheidene 10,6 Kilometer
       fertiggestellt worden, wie der aktuelle „Radnetz-Monitor“ des
       Verkehrswende-Vereins Changing Cities zeigt.
       
       Die neuen Zahlen zu den Finanzierungszusagen für die Bezirke passen für
       Changing-Cities-Sprecherin Ragnhild Sørensen da ins trostlose Gesamtbild.
       „Wenn heute aber nichts geplant wird, können 2025 und 2026 keine neuen
       Radwege gebaut werden. Das kann sich Berlin nicht erlauben“, so Sørensen
       zur taz.
       
       22 Jul 2024
       
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