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       # taz.de -- Schnellstraßen-Projekt im Osten Berlins: Jetzt sägt auch der Bund an der TVO
       
       > Anders als bislang behauptet, stehen für den Bau der Tangentialverbindung
       > Ost kaum Fördermittel des Bundes zur Verfügung. Die CDU ficht das nicht
       > an.
       
   IMG Bild: Protest in den Bäumen: Im Frühjahr 2023 besetzten Gegner:innen der TVO einen Teil der Wuhlheide
       
       Berlin taz | Die umstrittene Tangentialverbindung Ost (TVO) wird Jahr für
       Jahr teurer. Inzwischen geht die Senatsverkehrsverwaltung für den Bau der
       Straße zwischen Marzahn und Köpenick von Gesamtkosten in Höhe „von über 400
       Millionen Euro“ aus – immerhin schlappe 250 Millionen mehr als vor fünf
       Jahren.
       
       Aber keine Sorge, so das Mantra von Schwarz-Rot: Die Kosten für den Bau der
       7,2 Kilometer langen Betonpiste durch die Wuhlheide müsste Berlin nicht
       allein stemmen, [1][einen Großteil der Summe würde ja der Bund übernehmen].
       Schon der rot-grün-rote Vorgängersenat glaubte fest daran.
       
       Netter Versuch, heißt es nun sinngemäß in einer aktuellen Stellungnahme des
       Bundeswirtschaftsministeriums, die am Dienstag von den [2][im Bündnis
       „Schiene vor TVO“ zusammengeschlossenen Gegner:innen des Projekts]
       präsentiert wurde. Denn tatsächlich kommt die vom Senat erhoffte
       90-prozentige Förderung der vierspurigen Straße über den Bund-Länder-Topf
       mit dem umständlichen Namen [3][„Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der
       regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW)] nur für den ersten von insgesamt
       acht Bauabschnitten infrage.
       
       Im Klartext: „Die weiteren sieben Bauabschnitte der TVO werden komplett aus
       Mitteln des Landes Berlin – ohne jegliche Beteiligung der GRW –
       finanziert.“ Begründet wird das damit, dass aus GRW-Mitteln nur die
       Anbindung von Gewerbegebieten finanziert werden könne, keinesfalls aber
       „reine Straßenbaumaßnahmen“.
       
       ## Ganzer Strauß an Argumenten gegen die TVO
       
       Matthias Oomen vom Fahrgastverband „Pro Bahn“ schlussfolgert daraus, dass
       die Finanzierung damit jetzt „auf sehr tönernen Füßen“ stehe. Was durchaus
       freundlich formuliert ist. Denn das Veto des Bundes bedeutet faktisch, dass
       Berlin die Baukosten fast zur Gänze allein tragen müsste – sofern keine
       anderen Fördertöpfe aufgetan werden. BUND-Geschäftsführer Tilmann Heuser
       wird mit Blick auf die TVO-Gesamtplanung dann auch deutlicher: „Als
       Finanzsenator würde ich sagen: Streichen.“
       
       In jedem Fall legte das Bündnis „Schiene vor TVO“ am Dienstag neben dem
       Finanzierungsargument einen ganzen Strauß weiterer Gründe vor, weshalb die
       Schnellstraße abzulehnen sei. Angefangen bei [4][den bedrohten
       Eichenmischwäldern] über die „fragwürdige“ Trassenführung bis zum
       „unhaltbaren“ Versprechen, die vom aktuellen Durchgangsverkehr genervten
       Anwohner:innen in Biesdorf oder Karlshorst würden durch die TVO
       entlastet.
       
       Zur Wahrheit gehört, dass die umwelt-, klima- und verkehrspolitischen
       Argumente die schwarz-rote Koalition auch bislang wenig beeindruckt haben.
       Selbst der Umstand, dass das Eisenbahnbundesamt (EBA) jüngst die Freigabe
       von für den Bau der Straße benötigten Flächen verweigert hatte, perlte mehr
       oder weniger an Verkehrssenatorin Ute Bonde ab. Die CDU-Politikerin sprach
       im Nachgang [5][lapidar von einer „Einwendung“], die man prüfen werde.
       Dabei sollte Bonde klar sein: „Wenn das EBA sagt, es geht nicht, geht's
       halt nicht“, so Tilmann Heuser vom BUND.
       
       ## CDU-Politiker Gräff: „Bedeutet überhaupt nichts“
       
       Doch ähnlich locker geht man in der CDU jetzt mit der Stellungnahme aus dem
       Haus von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) um. Folgt man
       Christian Gräff, dem wirtschaftspolitischen Sprecher der CDU-Fraktion im
       Abgeordnetenhaus, gibt es jedenfalls keinen Grund, das Papier allzu wichtig
       zu nehmen. „Das bedeutet überhaupt nichts“, sagt Gräff am Dienstag
       gegenüber der taz zum vorläufigen Aus für die GRW-Träume.
       
       Er sei da zum jetzigen Zeitpunkt „total entspannt“, so der vehemente
       Verfechter der Trasse durch die Wuhlheide. Zunächst müsse doch das Ende des
       im November 2023 gestarteten Planfeststellungsverfahren für die TVO
       abgewartet werden. Im Anschluss kämen dann noch die zu erwartenden Klagen
       gegen das Projekt, bevor frühestens 2027 mit dem Bau begonnen werden könne.
       
       Bis dahin sei noch genug Zeit, um sich nach Finanzierungsmöglichkeiten
       jenseits der GRW-Mittel umzuschauen. Ob Gelder vom Bund oder von der EU:
       „Ich bin mir ganz sicher, dass wir die Mittel für die TVO akquirieren“,
       glaubt Gräff. Allein, die TVO ist bislang nicht einmal Teil des
       Bundesverkehrswegeplans: Für den Bund ist sie eine schnöde
       Stadtstraßenplanung.
       
       23 Jul 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.cdu-fraktion.berlin.de/Fraktionszeitung_p_171.html
   DIR [2] /Buendnis-gegen-Tangentialverbindung-Ost/!6007797
   DIR [3] https://www.berlin.de/rbmskzl/aktuelles/pressemitteilungen/2024/pressemitteilung.1416308.php
   DIR [4] /Umstrittenes-Strassen-Projekt-TVO/!6019366
   DIR [5] https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2024/07/berlin-tvo-eisenbahnbundesamt-zweifel-verkehrsprojekt.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Rainer Rutz
       
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