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       # taz.de -- Berufsbildung in Hamburg: Mehr Hilfe für die Jugend ohne Plan
       
       > Hamburg will seine Jugendberufsagentur neu aufstellen. Berater sollen die
       > Jugendlichen nun aufsuchen und auch bei anderen Lebenssorgen helfen.
       
   IMG Bild: In den vergangenen Jahren haben sich die Berufswünsche junger Menschen verändert, das will Hamburg mehr in den Blick nehmen
       
       Hamburg taz | Die vor zwölf Jahren in [1][Hamburg gegründete
       Jugendberufsagentur] sei schon ein Erfolgsmodell, schwärmten
       Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer (SPD) und Schulstaatsrat Rainer Schulz
       am Dienstag vor der Presse. Spätestens nach einem Jahr hätten in Hamburg
       zwei Drittel der Jugendlichen eine Ausbildung begonnen, im
       Bundesdurchschnitt dauere das vier Jahre. Doch nicht zuletzt infolge der
       [2][Cornonapandemie] war die [3][Zahl der Ausbildungsstellen] und die der
       Jugendlichen, die [4][eine Ausbildung machen] wollen, zuletzt rückläufig.
       Darum will Hamburg nach den Ferien das Projekt „Jugendberufsagentur 2.0“
       starten.
       
       Schon jetzt arbeiten an den sieben Standorten der JBA, wie die Einrichtung
       abgekürzt heißt, Mitarbeiter aus Jugendhilfe, Jobcenter, Arbeitsagentur und
       Schule zusammen. Sie bemühen sich, den Verbleib aller Schulabgänger zu
       erfassen, was im vergangenen Jahr bis auf drei Ausnahmen auch gelang.
       Früher wussten Behörden jedes Jahr von 700 bis 800 Schulabgängern nicht,
       was die im Anschluss taten.
       
       2012 kam heraus, dass nur rund [5][25 Prozent der abgegangenen
       Zehntklässler] einen Ausbildungsplatz hatten. Inzwischen sind es mehr als
       44 Prozent. Fast ebenso viele beginnen ein elftes Schuljahr an den
       Berufsschulen in einer mit Praktika ergänzten
       [6][„Ausbildungsvorbereitung-Dual]“, die wiederum dazu führt, dass etwa die
       Hälfte nach einem Jahr eine Lehre beginnt.
       
       ## Auch Beratung bei Sucht oder Obdachlosigkeit
       
       Nun wolle man auch jene mehr in den Fokus nehmen, die „multiple
       Vermittlungshemmnisse oder psychosoziale Probleme“ haben, so Schulstaatsrat
       Schulz. Auch an die Gruppe junger Geflüchteter von 18 bis 25 Jahren, die
       nicht mehr schulpflichtig sind, wolle man gezielter herantreten. Ab 2026
       soll es zusätzlich ein zentrales „Kompetenzcenter“ geben, in dem Schuldner-
       oder Suchtberatung, Beratung rund um Fluchtfragen oder Eingliederungshilfe
       für Menschen mit Behinderung angeboten werden. Die Hilfe solle praktisch
       sein. Und sei ein junger Mensch obdachlos, wolle man ihm zu einem Wohnplatz
       verhelfen.
       
       Die bisher aus mehreren freiwillig zusammenarbeitenden Behörden
       verschiedener Rechtskreise soll [7][zudem eine fachliche Leitung] bekommen.
       Das höre sich zwar technisch an, sei aber für staatliche Akteure etwas
       „unheimlich Zukunftsweisendes“, sagte Arbeitsagentur-Chef Sönke Fock. „Es
       gilt, einen ganzheitlichen Blick auf den jungen Menschen zu nehmen.“ Zudem
       sollen „Inklusionslotsen“ erprobt werden, die so lange an der Seite eines
       Jugendlichen bleiben, bis er eine Ausbildung hat.
       
       In den vergangenen zwölf Jahren haben sich die Berufswünsche der jungen
       Menschen „sehr verändert“, ergänzte Jobcenter-Chef Dirk Heyden. Man wolle
       moderne Strukturen aufbauen, auch über Instagram informieren, und zu
       Jugendzentren und anderen hoch frequentierten Aufenthaltsorten hingehen,
       „um die jungen Menschen zu erreichen, die ohne einen Plan sind“.
       
       ## Neue Möbel für die Filialen
       
       Auch an aufsuchende Beratung in Flüchtlingsunterkünften wird gedacht. Die
       JBA-Filialen sollen neue Möbel und eine andere Anmutung bekommen, „nicht
       mehr die einer Behörde“, so Heyden. Auch die Jugendhilfe solle früher
       eingebunden werden und deren Mitarbeiter auf digitalem Weg Zugang erhalten.
       
       Hamburgs JBA, für die seinerzeit erst gesetzliche Grundlagen zum
       Datenaustausch geschaffen werden mussten, war die Blaupause für zahlreiche
       Jugendagenturen im Bund, sagte Schlotzhauer. Laut Schulz gibt es über 360
       Nachahmungen im Land.
       
       ## Digitalisierungs-Gewinne statt neuer Stellen
       
       Das auf zwei bis drei Jahre ausgelegte 2.0-Projekt, [8][dessen Drucksache
       der Hamburger Senat] an diesem Dienstag beschloss, soll durch Veränderung
       der Arbeit der 370 Mitarbeiter und „Digitalisierungsgewinne“ realisiert
       werden. Zusätzliche Stellen seien nicht geplant, so die Senatorin.
       
       Verstärkt werden soll auch „präventiv und proaktiv“ der Einsatz der JBA in
       den Vorabgangsklassen der Schulen. Gelegentlich, so hört man, soll es
       [9][für junge Leute auch belastend] sein, zu einer Berufswahlentscheidung
       gedrängt zu werden. Gefragt, ob die JBA-Beratung freiwillig sei, sagte
       Schlotzhauer, Angebote, die sich im Rahmen der Schulpflicht abspielen,
       seien es nicht, die übrigen Beratungen aber schon.
       
       23 Jul 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Neue-Jugendberufsagentur/!5093751
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   DIR [7] https://www.hamburg.de/politik-und-verwaltung/behoerden/schulbehoerde/veroeffentlichungen/pressemeldungen/2024-07-23-bsb-die-zukunft-sichern-jugendberufsagentur-2-0-945294
   DIR [8] https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/88058/die_zukunft_sichern_jugendberufsagentur_2_0.pdf
   DIR [9] /Fuersorglicher-Staat/!5084977
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Kaija Kutter
       
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