# taz.de -- Blogger über Krieg in der Ukraine: Grenzwertige Gedankenspiele
> Russlands Angriff auf eine Kyjiwer Kinderklinik führt zu erregten
> Debatten. Soll die Ukraine nicht doch den Krieg beenden, zu welchem Preis
> auch immer?
IMG Bild: Kyjiw, 9. Juli: Zwei Angestellte beobachten die Aufräumarbeiten nach einem russischen Raketenangriff auf ein Kinderkrankenhaus
Kyjiw taz | Nastja Umka, mit über 600.000 Followern eine der bekanntesten
ukrainischen Instagram-BloggerInnen, muss sich erklären. Gegenüber dem
ukrainischen Inlandsgeheimdienst SBU. Dieser hat die Zahnärztin aus
Winnizja zu einem klärenden Gespräch für den heutigen Freitag eingeladen.
Umka selbst hat die Öffentlichkeit über diese Vorladung informiert – auf
ihrem Instagram-Account.
Umka, die auf ihrem Instagram-Account viel über Kosmetik, Beziehungen,
Kochen, Fitness und den Umgang mit ihrem Baby textet, sich dort viel in
unterschiedlichen Outfits zeigt, hatte zuvor nie mit politischen Aussagen
von sich reden gemacht.
Umso verwundeter waren viele ihrer Follower, dass sie [1][nach dem
russischen Angriff auf die Kinderkrebsklinik Ochmadyt am 8. Juli] auf
Instagram zu einem Ende des Krieges bei einem gleichzeitigen Verzicht auf
die Grenzen von 1991 aufgerufen hatte. Die Ukrainer seien des Krieges müde,
niemand brauche die Grenzen von 1991, so die Bloggerin.
Auch andere BloggerInnen wollen sich nicht an die offiziellen
Erklärungsmodelle zur Genese des Krieges halten. So sieht die ukrainische
Schauspielerin Natalia Denisenko den 8. Juli, als die Kyjiwer
Kinderkrebsklinik beschossen worden ist, als einen kritischen Punkt im
Spiel „Opfer – Tyrann“.
## Eine einzige Frage
Es sei negative Energie, die zu diesem großen Krieg geführt habe, zitiert
focus.ua die Frau. „Um das Spiel zu stoppen, müssen wir aus diesen Rollen,
aus der Opferrolle herauskommen. Wir müssen uns verändern und etwas
unternehmen“, so die Schauspielerin. „Die Energie von Aggression und Hass
zerstört uns. (…) Liebt, fühlt nur die besten und hellsten Gefühle“,
zitiert sie der Focus.
Leider erkläre die Schauspielerin nicht, so Artem Kalnitschenko im
focus.ua, wie man Liebe und helle Gefühle empfinden könne, während
russische Raketen auf friedliche Ziele abgeschossen werden und Kinder
töten. Für den focus.ua hat Timur Sawin einige Reaktionen aus dem Netz
zusammengetragen.
So fragt sich eine „Kesena.Blog“: „Stellen Sie sich nur eine einzige Frage,
eine einzige Frage. Und beantworten Sie sie ehrlich. Sind Sie bereit, das
Leben Ihrer Kinder, Ihrer Verwandten gegen die Grenzen von 1991 zu
tauschen? Das ist alles. Wenn Sie nicht bereit sind, warum sollten es dann
andere sein?“
„Es lässt sich gut reden, wenn dein Haus nicht in einem besetzten Gebiet
ist“ meint eine „Ok.Olyakinash“ auf Instagram. „[2][Ich brauche die Grenzen
von 1991], weil ich nach Hause will.“ „Vereinbarungen mit Russland sind das
Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben sind“, meint die Bloggerin
Ekaterina Polischtschuk. „Die Jungs tragen den ganzen Schmutz des Krieges,
erleben den Tod ihrer Nächsten“, schreibt ein Leutnant Alex. Nun sei
wirklich keine Zeit für „so einen Zirkus“, meint er.
Und ein Maxim Schorin, stellvertretender Kommandeur der 3. Sturmbrigade,
ist der Meinung, für Aufrufe zum Frieden um jeden Preis sollte man
entsprechend zur Verantwortung gezogen werden. Zumindest sollten besorgte
Bürger hier erzieherische Maßnahmen vornehmen. Außerdem solle man die
Rechtsschutzorgane einschalten. Nach einem ersten aufklärenden Gespräch
müsste im Wiederholungsfall eine Gefängnisstrafe verhängt werden.
12 Jul 2024
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## AUTOREN
DIR Bernhard Clasen
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