URI: 
       # taz.de -- Zukunft der Berliner Zentralbibliothek: Die Lösung wäre da – auch das Geld?
       
       > Die Berliner Zentralbibliothek könnte die Gentrifizierung außer Kraft
       > setzen. Kultursenator Joe Chialo legt sich in der Akademie der Künste
       > fest.
       
   IMG Bild: Berlins Kultursenator Joe Chialo (CDU): Durch die ZLB in der Friedrichstraße könnte ein Ort „der Bildung und des Seins“ entstehen
       
       Ein Regenguss von der apokalyptischen Sorte ging neulich auf die Hauptstadt
       nieder, einer, wie sie jetzt im Klimawandel häufiger vorkommen werden. Die
       Auswirkungen in der [1][Berliner Stadtbibliothek, einer der beiden
       Standorte der Zentralbibliothek, waren dramatisch. Wasser drang in ein
       Buchlager ein]. Die Bibliothekar*innen bildeten eine Eimerkette, um es
       wieder herauszuschaffen.
       
       Deutlicher konnte die Nachrichtenlage kaum darauf hinweisen, dass
       Handlungsbedarf bei der Berliner Zentralbibliothek (ZLB) besteht. Außerdem
       fiel Joe Chialo (CDU) bei einer Veranstaltung der Akademie der Künste am
       Montagabend etwas auf.
       
       Üblicherweise, sagte der Berliner Kultursenator, würden die Künste einen
       Ort entdecken, der dann an Investoren weitergereicht werden muss, die viel
       Geld damit machen. Wenn die ZLB aber in die Galeries Lafayette zieht, wäre
       dieses gentrifizierungstheoretische Grundgesetz außer Kraft gesetzt. Ein
       Kaufhaus würde in ein Haus der Kultur verwandelt. „Charmante Idee“, rief
       Chialo.
       
       ## Neues Format an der Akademie der Künste
       
       Das neue Präsidium der Akademie der Künste hatte zum Akademiegespräch
       geladen, in einem neuen Format, der Moderator und seine Gäste gingen auf
       einem quer durch den Raum ausgelegten Teppich sich unterhaltend hin und
       her, das klappte ganz gut, der neue Akademiepräsident Manos Tsangaris hielt
       das Grußwort, der neue Vizepräsident Anh-Linh Ngo moderierte souverän.
       Geredet wurde eben über die Nachnutzung der Galeries Lafayette und den
       möglichen Einzug der ZLB in das Gebäude.
       
       Alle Beteiligten waren dafür. Wenn man Volker Heller, dem ZLB-Direktor,
       zuhörte, wusste man auch, warum. Die beiden derzeitigen Standorte der ZLB
       seien in einem „unwürdigen“ Zustand. Und die Gebäude in der Friedrichstraße
       würden sich perfekt für die ZLB eignen. Lichtdurchflutete Räume fürs
       Publikum, Räume mit ausreichend Tragelast für die Archive, 35.000
       Quadratmeter Fläche, Möglichkeiten, unterschiedliche Zonen für
       Kontemplation, Spiel und Begegnung zu schaffen.
       
       Dominique Alba drückte als Vertreterin des Architekten Jean Nouvel große
       Sympathien für die ZLB-Lösung in der Friedrichstraße aus. Katharina
       Schultens, Leiterin des Hauses für Poesie, zeigte auf, wie mit
       migrantischen Jugendlichen in den Räumen gearbeitet werden könnte. Und Joe
       Chialo legte sich für einen Politiker überraschend deutlich fest – und wird
       daran jetzt gemessen werden. Durch die ZLB in der Friedrichstraße könnte
       ein Ort „der Bildung und des Seins“ entstehen. Auch im Kulturausschuss
       seien sich alle einig, „dass das eine gute Idee ist“.
       
       ## 600 Millionen Euro
       
       Ein eindeutiger Abend. Nur klang alles so perfekt, dass man sich fragte:
       Warum macht Berlin das nicht einfach? Was spricht eigentlich dagegen? Nun,
       knapp 600 Millionen Euro würde der Umzug, Stand jetzt, auch nach
       Verhandlungen noch kosten, und Berlin hat kein Geld. Aber ein Neubau oder
       auch eine Renovierung würden auch nicht billiger werden – und irgendetwas
       muss halt geschehen.
       
       Aber das Geld ist nicht das einzige Hindernis. Die Gemengelage zwischen den
       Bezirken kann Berlin-typisch auch bei noch so wünschenswerten Projekten
       immer toxisch werden. Und wer sich einmal damit beschäftigt hat, warum
       bundesweit viele Bibliotheken sonntags nicht geöffnet haben, weiß, wie etwa
       eine Allianz von Gewerkschaften und Kirchen an sich wünschenswerte
       Reformprojekte im Bibliotheksbereich immer torpedieren können.
       
       Am Schluss des Abends fragte Anh-Linh Ngo Dominique Alba, wie viel Zeit für
       eine Entscheidung man denn noch habe. Sie sagte, dass es manchmal
       glückliche Momente gebe, in denen man zugreifen müsse, weil sie sonst
       wieder verschwänden. Ab Anfang August wird das Gebäude leer stehen.
       
       16 Jul 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Wasserschaden-in-der-Zentralbibliothek/!6019728
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dirk Knipphals
       
       ## TAGS
       
   DIR Akademie der Künste Berlin
   DIR Bibliothek
   DIR Berlin
   DIR Joe Chialo
   DIR GNS
   DIR Galeries Lafayette
   DIR Berlin
   DIR Stadtplanung
   DIR Antisemitismus
   DIR Galeries Lafayette
   DIR Literatur
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Zukunft der Galeries Lafayette Berlin: Das Zentrum als Labor und Salon
       
       Berlin muss entscheiden, was aus dem Kaufhaus Galeries Lafayette wird.
       Kommt hier die Zentralbibliothek rein? Oder eher Büros?
       
   DIR Zukunft der Warenhäuser: Nach dem Kaufhaus-Kapitalismus
       
       Umbau statt Abriss? Darüber wird gerade viel diskutiert, insbesondere bei
       leer stehenden Kaufhäusern in den Innenstädten.
       
   DIR Antidiskriminierungsklausel in Berlin: Viel Lärm mit Ablenkung
       
       Die Diskussionen über die Antidiskriminierungsklausel des Berliner
       Kultursenators Joe Chialo lassen bislang eines aus. Es geht doch um den
       BDS.
       
   DIR Gastbeitrag von Klaus Lederer: Die Friedrichstraße braucht die ZLB
       
       Die unausgesprochene Vision einer neuen Heimat für Wissen und Begegnung
       inmitten Berlins pulsierender Friedrichstraße.
       
   DIR Internationales Literaturfestival Berlin: Was Worte verschweigen
       
       Das Literaturfestival Berlin wurde am Mittwoch eröffnet. Es ging äußerst
       kulturbeflissen zu. Dabei hätte es Relevantes zu besprechen gegeben.