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       # taz.de -- Klimaschutz-Aktion in Kopenhagen: Ein Frühstück fürs Müllsammeln
       
       > Kopenhagen startet eine Art Spiel, um TouristInnen zu klimafreundlichem
       > Verhalten zu motivieren. Gleichzeitig wächst die Kritik an den
       > BesucherInnen.
       
   IMG Bild: Werden für die Wahl des Verkehrsmittels belohnt: radelnde TouristInnen in Kopenhagen
       
       Stockholm taz | Leih dir ein Fahrrad und fahre damit zum CopenHill, zeige
       dort ein Foto von dir auf deiner kleinen Radtour, und du wirst belohnt für
       die klimafreundliche Anfahrt: Mit 20 Gratis-Extraminuten auf der Skipiste,
       die sich seltsamerweise auf einem der markantesten Gebäude Kopenhagens
       befindet. Während du den Hang heruntersaust, wird in der Anlage unter dir
       aus Müll Energie gewonnen: Ein Urlaubstag in der dänischen Hauptstadt in
       diesem Sommer kann wie ein hygges Ökoversprechen aussehen.
       
       Der Tourismusorganisation „Wonderful Copenhagen“ hat in dieser Woche
       [1][eine Art Spiel gestartet], mit dem möglichst viele TouristInnen dazu
       bewegt werden sollen, sich klimafreundlich zu verhalten. Grüne
       Entscheidungen sollen so in eine Art Tourismus-Währung umgewandelt werden.
       
       Der Energieproduzent ARC mit seinem Skipisten-Dach ist einer von insgesamt
       24 Akteuren, die mitmachen. Wer sich lieber mit Kunst beschäftigt, kann
       beispielsweise mit Plastikmüll ins Staatliche Kunstmuseum gehen und in
       einem Workshop daraus ein Kunstwerk basteln. Und wer umsonst frühstücken
       will, kann das gegen eine kleine Müllsammelaktion vorab tun.
       
       Mikkel Aarø-Hansen, Chef von „Wonderful Copenhagen“, spricht von einem
       „experimentellen und kleinen Schritt, um die Denkweise von Touristen zu
       verändern“. Die Organisation stützt sich auf Umfragen, wonach sich zwar 82
       Prozent der Reisenden nachhaltig verhalten wollen, aber nur 22 Prozent
       tatsächlich etwas an ihrem Verhalten ändern. Die Leute bräuchten Anreize,
       um die Lücke zwischen Wunsch und Wirklichkeit zu schließen, sagt
       Aarø-Hansen.
       
       ## Kopenhagen: eine der nachhaltigsten Städte
       
       Kopenhagen stand 2023 wieder auf Platz zwei der Economist-Liste der
       lebenswertesten Städte der Welt, auch in der Kategorie Nachhaltigkeit
       spielt die Stadt ganz vorne mit – mit Platz drei auf dem [2][Global
       Destination Sustainability Index], nur übertroffen von Göteborg und Oslo.
       
       In all den positiven Aussagen zur Initiative schwingt vor allem bei einem
       Thema [3][Kritik am Verhalten von Touristen mit]: Sie schmeißen zu viel
       weg. Ihren Müll einzusammeln, wird etwa mit Gratis-Kajak-Touren belohnt –
       oder eben mit einem Frühstück im ökologisch betriebenen Öko-Projekt
       Banegaarden. Von montags bis mittwochs können Gäste sich dort einen
       Müllsack aushändigen lassen und ihn füllen, dafür gibt es einen Gutschein.
       
       „Wir sind umgeben von anderthalb Hektar wilder Natur, es ist selten, dass
       man eine grüne Oase in der Stadt hat. Das wollen wir gerne bewahren“,
       begründet Ida Marie Banke André von Banegaarden im Rundfunksender DR ihre
       Teilnahme. Natürlich seien sie im Prinzip selbst dafür verantwortlich, ihr
       Gelände in Ordnung zu halten. „Aber egal, wie viele Hände wir einsetzen, es
       wird immer Müll zu sammeln geben.“ Wie sauber das Touristenspiel die Stadt
       gemacht hat, soll im Herbst bilanziert werden.
       
       Zahlen der Branchenorganisation VisitDenmark zeigen: In der
       Hauptstadtregion wächst der Tourismus landesweit besonders stark: Bereits
       2022 war er wieder auf Vor-Corona-Niveau mit rund 6 Milliarden Euro Umsatz
       (44,8 Milliarden Kronen) – 2023 stieg er erneut um 12 Prozent. Im ganzen
       Land hängen derzeit 146.000 Jobs direkt oder indirekt mit dem Tourismus
       zusammen.
       
       ## Skepsis gegenüber Tourismusabgabe
       
       Die wirtschaftliche Bedeutung ist bislang auch das Hauptargument des
       dänischen Wirtschaftsministers gegen eine zweite Idee aus Kopenhagen: die
       [4][Einführung einer Tourismusabgabe für die Stadt] mit 600.000
       EinwohnerInnen. Vier Modellvorschläge, die sich in Zielgruppen und Vorgehen
       unterscheiden, sehen eine Abgabe von einem Euro pro Übernachtung vor.
       
       Die Einkünfte daraus sollen den Plänen zufolge zum Beispiel für mehr
       öffentliche Toiletten und die Instandhaltung der Radwege genutzt werden –
       doch bislang stellt sich Wirtschaftsminister Morten Bødskov
       (Sozialdemokraten) quer – eine Abgabe würde Jobs und Wachstum in dem
       Bereich kosten.
       
       Wie weit das Wachstum gehen kann, darüber wird auch in Kopenhagen
       diskutiert. Proteste von Einheimischen gegen den Massentourismus in
       Barcelona oder auf den Balearen wurden interessiert beobachtet – und ein
       Modell der Tourismusabgaben-Pläne passt dazu: Dabei würde sie in den stark
       frequentierten Stadtteilen höher ausfallen als in weniger belasteten.
       
       17 Jul 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.visitcopenhagen.com/copenpay
   DIR [2] https://www.gds.earth/index/top-40-cities/
   DIR [3] /Proteste-gegen-Tourismus-auf-Mallorca/!6010077
   DIR [4] /Venedig-verlangt-Eintritt/!6006804
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anne Diekhoff
       
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