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       # taz.de -- Jugendproteste in Afrika: Mühsamer Kampf gegen Korruption
       
       > Vielerorts in Afrika regt sich Protest gegen korrupte Führungen. Das
       > verbreitete Stehlen aus dem staatlichen Haushalt ist seit Jahrzehnten
       > Usus.
       
   IMG Bild: Protest gegen die Regierung: die „Generation Z“ in Kenia, kurz GenZ
       
       Noch wäre es zu früh, die anschwellenden Jugendbewegungen gegen Korruption
       in Afrika als Erfolg zu feiern. Zwar hat das Internet die Wissenslücke
       zwischen entwickelten und armen Ländern weitgehend geschlossen, aber der
       Sieg im Cyberspacekrieg der afrikanischen Jugend für Demokratie und bessere
       Regierungsführung ist noch in weiter Ferne.
       
       Der Arabische Frühling, der Ende 2010 in Tunesien begann und verknöcherte
       Autokratien im gesamten Nahen Osten herausforderte, mobilisierte vor allem
       über soziale Netzwerke, und ein Aufstand nährte den nächsten. Afrika hat
       noch kein ähnliches Erfolgsmodell gefunden, um grenzüberschreitend gegen
       Korruption und Machtmissbrauch mobilzumachen. Der Startschuss der
       [1][„Generation Z“ in Kenia], kurz GenZ, ist nach einem Monat Protesten
       und mehreren Dutzend Toten schon wieder am Verhallen.
       
       [2][Präsident William Ruto] musste zwar ein unbeliebtes Haushaltsgesetz mit
       neuen und höheren Steuern zurückziehen und seine gesamte Regierung feuern,
       aber jetzt holt er die politische Opposition ins Kabinett als Teil einer
       neuen „Regierung der nationalen Einheit“ und sagt der GenZ-Jugend
       sinngemäß, sie könne zur Hölle fahren. Andere afrikanische Regierungen
       igeln sich trotzig ein.
       
       Simbabwe hat ein 74-köpfiges Team zu den [3][Olympischen Spielen] nach
       Paris geschickt, aber nur sieben davon sind Sportler, die anderen 67 sind
       „Offizielle“, darunter Politiker mit ihren Geliebten. So selbstverständlich
       nimmt man das Recht in Anspruch, öffentliche Gelder zu stehlen.
       „Budgetierte Korruption“ heißt das neuerdings: Die fetten Reisebudgets der
       simbabwischen Olympiadelegation sind natürlich ordnungsgemäß im
       Staatshaushalt verbucht, können also rechtlich nicht infrage gestellt
       werden.
       
       ## Überlebensgrundlager vieler Regierungen
       
       Die spektakulären Auftritte der GenZ in Kenia haben nebenan in Uganda
       Nachahmer inspiriert. Ein mit Spannung erwarteter Marsch auf das Parlament
       endete am 23. Juli mit der Festnahme von rund 100 Protestierenden, zumeist
       Studenten, da die gut vorbereitete Staatsmacht alle Zugänge zum Parlament
       abgeriegelt hatte. Ugandas extrem korruptes Parlament – Präsident Yoweri
       Museveni höchstselbst behauptet, er könne beweisen, dass die Legislative
       gemeinsam mit dem Finanzministerium das Zentrum eines Korruptionsnetzes
       ist.
       
       Zugleich lehnt er Rufe nach dem Rücktritt der Parlamentspräsidentin Anita
       Among ab. Sie wurde wegen Korruptionsvorwürfen von Großbritannien und den
       USA mit Einreiseverboten belegt und darf mit niemandem aus diesen beiden
       wichtigen Geberländern Ugandas Geschäfte machen. Wieso richten Proteste
       gegen solche Korruption so wenig aus? Ganz einfach: In den sechs
       Jahrzehnten [4][seit Ende der Kolonialzeit] hat sich Korruption als
       Überlebensgrundlage vieler Regierungen etabliert.
       
       Sie ist eine tödliche Erkrankung, ein Krebsgeschwür, das zu weit
       fortgeschritten ist, um herausoperiert werden zu können. Regierungen können
       sie nicht bekämpfen und dabei andere Dinge beim Alten lassen. Selbst in
       demokratischen Parlamenten erweisen sich Oppositionsabgeordnete oftmals als
       die noch skrupelloseren Erpresser im Vergleich zu Regierungsabgeordneten.
       Korruption ist, wie Politik in Afrika heute funktioniert.
       
       Da ein Staat sich nicht einfach hinlegen und von Protestierenden überrennen
       lassen kann, sind Reformen, die das Übel angehen, weit entfernt. Frühere
       afrikanische Generationen verbrachten viel Zeit im Dschungel, um den
       Kolonialismus zu bekämpfen; der Kampf der neuen Generation im Internet
       gegen Korruption dürfte sich als nicht weniger schwierig und als sehr
       langwierig erweisen.
       
       Aus dem Englischen von Dominic Johnson
       
       28 Jul 2024
       
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