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       # taz.de -- Timing bei den Olympischen Spielen: Zur falschen Zeit am falschen Ort
       
       > Bei den Olympischen Spielen finden so viele Events gleichzeitig statt,
       > dass unser Kolumnist immer zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein
       > scheint.
       
   IMG Bild: Die mit dem „Wichtigtuerbändchen“: Journalisten auf einer Pressetribüne
       
       Bei [1][Olympischen Spielen] ist man doch ziemlich oft am falschen Ort. Es
       gibt einfach zu viele Spiele, Wettkämpfe und Entscheidungen. Schon zwei
       Tage vor der Eröffnungsfeier konnte man sich vertun mit der Auswahl des
       Events, das man besucht.
       
       So war kaum ein Kollege beim Fußballspiel von [2][Marokkos Männern gegen
       Argentinien]. Und weil die auf prüde programmierte Bildregie nur
       unverfängliche Aufnahmen zeigt statt Zuschauer, die auf den Platz laufen
       oder eine Feuerwerksrakete Richtung argentinische Bank schießen, ist vieles
       nur vom Hörensagen her überliefert, was an jenem Mittwochabend in St.
       Étienne passiert ist.
       
       Statt dort auf der Tribüne zu sitzen und der Dinge zu harren, die nach der
       stundenlangen Spielunterbrechung geschehen würden, saß ich in Marseille auf
       der Tribüne und habe mich beim Auftaktspiel der Franzosen gegen die USA
       gelangweilt.
       
       Aber so ist das eben bei Olympischen Spielen. Ein Imbissbetreiber in
       Marseille, der mich anhand des Wichtigtuerlätzchens, das ich wie die
       anderen Akkreditierten und den Hals trage, als Olympiajournalisten erkennt,
       fragt mich am Tag nach dem Auftakt des Fußballturniers, ob ich das Spiel
       gesehen hätte. Nein, ich war ja nicht in St. Étienne. Nein, nicht das. Er
       meine das Spiel in Lyon. Lyon? Wer soll denn da gespielt haben? Na, die
       Ukraine gegen den Irak, werde ich aufgeklärt. Ja? Und wie ist es
       ausgegangen? Ob ich das denn nicht wisse. Das sei die größte Überraschung
       des Turniers.
       
       Er schüttelt den Kopf und hält mich wahrscheinlich für völlig fehl am Platz
       bei Olympia. Der Irak habe zurückgelegen und am Ende noch mit 2:1 gewonnen.
       Ob das nicht Wahnsinn sei? Ja, schon, gebe ich ihm recht. Dann erzählt er
       mir noch von den ausbleibenden Touristen. Früher sei sein Lokal unten an
       der Canebière immer voll gewesen. Und jetzt? Lauter freie Plätze. Niemand
       interessiere sich für Olympia. Hmm. Wer am Samstag in Paris die
       Begeisterung über das Rugbygold der Franzosen aus jeder Kneipe hat schallen
       hören, wird das gewiss anders sehen.
       
       Nach dem Imbiss mache ich mich jedenfalls auf ins Segelrevier, um ein wenig
       von der Trainingsstimmung vor den ersten Regatten einzufangen. Doch in der
       brütenden Hitze in der Marina von Marseille war nicht viel einzufangen. Am
       Vortag hatte noch ein kräftiger Wind über die Küste geblasen, jetzt
       herrschte absolute Flaute. Ich war also wieder mal zur falschen Zeit am
       falschen Ort. So wie ich es am Samstag versäumt habe, aus Paris
       rauszufahren ins olympische Schießzentrum nach Châteauroux, um den Kampf um
       Bronze zu verfolgen, den das deutsche Schützenpaar Maximilian Ulbrich und
       Anna Janßen gegen Islam Satpajew und Alexandra Le aus Kasachstan leider
       dann doch verloren hat.
       
       Aber vielleicht ist das alles halb so schlimm, denke ich mir, und mache
       mich auf den Weg zum Einzelzeitfahren der Radlerinnen. Wird schon falsch
       sein.
       
       29 Jul 2024
       
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