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       # taz.de -- Debütalbum „Die Mausis“: Mundwinkel in die Höhe treiben
       
       > Das Duo Die Mausis stellt sich mit dem Album „In einem blauen Mond“ vor.
       > Sie kontrastieren wohlige Zweisamkeit zu Ängsten und anderen Fiesheiten.
       
   IMG Bild: Ohne Zweifel, die Mausis
       
       Die durchschnittliche Entfernung der Erde zum Mond beträgt 384.405
       Kilometer. Luftlinie Deutlich näher zusammen liegen da die pfälzische
       Gemeinde Herxheim und der nordfriesische Sehnsuchtsort St. Peter-Ording mit
       etwa 575 Kilometern Distanz. Von letztgenannter Gemeinde bis nach
       Eckernförde, bei Kiel an der Ostsee sind es wiederum nur etwa 80 Kilometer.
       Sollte man diesen überschaubaren Weg auf sich nehmen, könnte dort das
       „Mauseum“, ein Museum der Maus in Kunst und Kitsch, besucht werden.
       
       Damit sind die wichtigsten Punkte abgesteckt, die es zur geografischen
       Einordnung des Debütalbums „In einem blauen Mond“ des Duos Die Mausis
       bedarf. Die Mausis, [1][das sind Stella Sommer, die zuletzt vor allem
       solistisch unterwegs] war (bekannt aber auch als Sängerin und Komponistin
       der Band Die Heiterkeit), [2][sowie der Künstler Max Gruber alias
       Drangsa]l. Musikalisch lässt sich die unterschiedliche Ausrichtung der
       beiden Musiker:innen nur schwer in Kilometern messen, aber man kann
       ihre je eigenen Entwürfe ja beschreiben.
       
       „Exit Strategy“ heißt das zuletzt erschienene, dritte Album von Drangsal.
       Hymnisch und schlageresk, gespickt mit eingängigen Wave und NdW-Sounds und
       textlich – egal ob auf Deutsch oder Englisch – immer gut. „Silence Wore A
       Silver Coat“ heißt der ebenfalls dritte Langspieler von Stella Sommer.
       
       Darauf zu hören sind 24 größtenteils tieftraurige Songs, die von einer
       Wärme getragen werden, die im hiesigen Indieschaffen nur wenige so erzeugen
       können, wie es Stella Sommer kann.
       
       Für „In einem blauen Mond“ rücken nun die beiden Musiker:innen nah
       zusammen und bündeln ihre Songwriting-Talente harmonisch zu einem intimen
       Werk, das sich so anfühlt, als würde man beim Hören mit ihnen im Studio
       sitzen. Oder im „Mauseum“. Ob sie das mal gemeinsam besucht haben, ist
       nicht bekannt, die Vorstellung ist aber eine schöne.
       
       ## Alles in Ordnung bringen?
       
       Diese seltsam heimelige Atmosphäre entsteht gleich zu Beginn des Albums.
       Nämlich dann, wenn sie die Hörerinnen im Intro mit ein paar Hallos begrüßen
       und sich erst einmal vorstellen. „Wir sind die Mausis / Von Herxheim nach
       St. Peter-Ording / Vom Süd-Westen bis in den Norden.“
       
       Fast ist man geneigt, sich danach auch noch selbst vorzustellen, aber dann
       singen sie auch schon weiter. „Wir bringen es in Ordnung / für euch.“ Gut,
       dann eben keine Vorstellungsrunde. Dass wer hier mal wieder alles in
       Ordnung bringt, ist sowieso wichtiger.
       
       Wobei sie dieses Versprechen nur bedingt einlösen. Viel mehr nehmen Die
       Mausis die Hörerin mit in ihre wohlige Zweisamkeit, in der sie von Ängsten,
       von Fieslingen, vom nahenden „Supergouda“ singen und konstatieren: „Jedes
       Jahr ist gleich schlimm.“
       
       Immer wieder finden sich Stellen, die einem die Mundwinkel kurz nach oben
       ziehen, mal lacht man auch mal länger auf – je nach Humorgrad: Wenn
       beispielsweise von einer „Mausweiskontrolle“ die Rede ist, dann reißt sich
       das dynamische Duo aber gleich wieder zusammen. Man will die Mausis ja
       nicht verschrecken.
       
       „In einem blauen Mond“ ist damit so etwas wie die Vertonung von Camus’
       [3][„Mythos des Sisyphos“] in einfacherer Sprache. Es ist ein Werk, das so
       nur von Künstler:innen kommen kann, die sich eine gewisse Freiheit
       erspielt haben, niemandem mehr etwas beweisen müssen und es dann doch tun.
       
       Bis auf einen Gastauftritt von Dirk von Lotzow hat man auf promotaugliche
       Features verzichtet. Wie schön (also beides, der Song und diese
       Entscheidung)! Eine weitere goldrichtige Entscheidung: [4][Max Rieger (von
       Die Nerven) ist für die Produktion verantwortlich].
       
       Ergoogelt man übrigens die Entfernung von der Erde zum Mond, taucht in den
       Suchvorschlägen weit oben der Eintrag „Wird der Mond eines Tages auf die
       Erde stürzen?“ auf. Falls dem so wirklich mal sein sollte, bitte einfach
       Die Mausis und den Raclette-Grill anwerfen und dem drohenden Weltende mit
       Käse, schöner Musik und Gelassenheit entgegensehen. In etwa so wie beim
       Finale von „Don’t Look Up“.
       
       8 Aug 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Neues-Album-von-Saengerin-Stella-Sommer/!5903292
   DIR [2] /Debuetalbum-von-Drangsal/!5299102
   DIR [3] https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Mythos_des_Sisyphos
   DIR [4] /Neues-Album-von-Rockband-Die-Nerven/!5887697
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Johanna Schmidt
       
       ## TAGS
       
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