# taz.de -- Nennung der Nationalität durch Polizei: FDP will Täter-Herkunft wissen
> FDP-Generalsekretär Djir-Sarai will, dass die Nationalität von
> Verdächtigen in Polizeimeldungen auftaucht. In NRW hat die CDU das schon
> beschlossen.
IMG Bild: Fordert von der Polizei, die Herkunft von Verdächtigen immer zu nennen: FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai
Berlin taz | FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai fordert, dass die Polizei
routinemäßig die Nationalität von Tatverdächtigen nennt. In den
Pressemitteilungen der Behörden müsse „die notwendige Transparenz“
geschaffen werden, sagte er der Bild am Sonntag. Abgeordnete der Linken
widersprachen heftig, die Grünen schwiegen. Zuletzt hatte der Innenminister
Nordrhein-Westfalens, Herbert Reul (CDU), eine solche Regelung für die
Polizei in seinem Bundesland angekündigt.
Djir-Sarai begründete seinen Vorstoß damit, dass die Behörden der
Wahrnehmung entgegentreten müssen, „dass Probleme unter den Teppich gekehrt
werden“. Das „ehrliche Benennen von Ausländerkriminalität“ sei notwendig,
um „die bestehenden Herausforderungen entschlossen anzugehen und das Thema
nicht den Populisten zu überlassen“. Beim NRW-Innenministerium klang das
Anfang letzter Woche ganz ähnlich: Die Polizei wolle „Spekulationen
vorgreifen sowie dem Vorwurf, etwas verschweigen zu wollen,
entgegentreten“.
Bisher sind die Pressestellen der Polizei angehalten, die Nationalität der
Tatverdächtigen nur dann zu nennen, wenn diese für die Tat relevant ist.
Damit folgen sie dem Pressekodex des Deutschen Presserats. Darin heißt es:
„Die Zugehörigkeit soll in der Regel nicht erwähnt werden, es sei denn, es
besteht ein begründetes öffentliches Interesse.“ Es sei „zu beachten, dass
die Erwähnung Vorurteile gegenüber Minderheiten schüren könnte.“ Es ist zu
erwarten, dass die Nennung der Nationalität aus den Polizei-Pressemeldungen
von zahlreichen Medien übernommen wird.
Unterstützung für Djir-Sarai kam am Sonntag von CDU und CSU. Der
parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten
Frei, sagte, es sei „sinnvoll und notwendig“, die Nationalität von
Tatverdächtigen zu nennen. Das sei „ganz im Sinne von Transparenz und
Glaubwürdigkeit“. Was die Medien dann daraus machten, sei diesen
überlassen.
## Grüne und SPD schweigen
Die innenpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Martina Renner,
kritisierte den Vorstoß dagegen: „Die Kriminalitätsforschung weist seit
Jahren darauf hin, dass es keinen direkten Zusammenhang zwischen
Kriminalität und Herkunft gibt“, sagte sie. „Wenn man schon Risikofaktoren,
die Kriminalität wahrscheinlicher machen, nennen wollte, dann müssten es
[1][Armut, Bildung und soziale Kontexte] sein.“ Aus der Grünen-Fraktion
wollte sich am Sonntag auf Nachfrage der taz niemand äußern. Auch aus der
SPD-Fraktion gab es auf Anfrage zunächst keine Reaktionen.
Hintergrund der Debatte ist [2][die Kriminalitätsstatistik 2023], die
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) im April vorgestellt hatte.
Demnach wurden im vergangenen Jahr in 41 Prozent der Fälle ausländische
Personen als Tatverdächtige ermittelt – ein deutlich höherer Anteil als
zuvor. Auch wenn Straftaten herausgerechnet werden, die nur
Ausländer*innen begehen können, etwa „unerlaubter Einreise“, bleibt es
bei einem Anstieg sowohl bei der Zahl der Taten als auch bei deren Anteil
am gesamten erfassten Kriminalitätsgeschehen.
Für diese Entwicklung gibt es mehrere Erklärungen: Zum einen stieg die
Zahl der Ausländer*innen in Deutschland zuletzt deutlich, insbesondere
durch die Ankunft von rund einer Million Ukrainer*innen seit 2022.
Außerdem vereinen Ausländer*innen oft verschiedene Merkmale auf sich,
die das Risiko erhöhen, Täter*in oder Betroffene*r von Kriminalität zu
werden: Sie sind öfter arm, haben teils auf der Flucht Gewalterfahrung
gemacht und leben nun in Deutschland oft in prekären Verhältnissen, etwa
Sammelunterkünften im Falle von Asylbewerber*innen.
Laut Kriminalitätsstatistik stieg auch die Gesamtzahl aller erfassten
Straftaten. Dies wird von Expert*innen mit der massiven Inflation
2022/23 und einem „Nachholeffekt“ nach Ende der Coronapandemie erklärt.
SPD und Grüne leiteten aus den Zahlen vor allem Forderungen nach
konsequenter Strafverfolgung ab. Unionspolitiker*innen dringen
seitdem aber noch einmal vehementer auf eine Begrenzung von Migration – de
facto die Abwehr von Geflüchteten – sowie auf mehr Abschiebungen. Auch
FDP-Vize Wolfgang Kubicki forderte, über mehr Kontrolle bei der Zuwanderung
zu diskutieren.
4 Aug 2024
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## AUTOREN
DIR Frederik Eikmanns
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