# taz.de -- Neonazi-Angriff am Ostkreuz: Unbehelligte Prügelattacke
> Die Gefahr durch Neonazis war der Polizei bewusst. Trotzdem schützte sie
> die Anreisenden zu einer Antifa-Demo im Juli nicht, zeigt eine
> Senatsantwort.
IMG Bild: Protest gegen einen Aufmarsch der Neonazi-Partei „Der Dritte Weg“. Archivbild von Oktober 2020
Berlin taz | Die Gefahr durch gewaltbereite Neonazis war bekannt, trotzdem
unternahm die Berliner Polizei Anfang Juli nichts, um die Anreisenden zu
einer antifaschistischen Demo zu schützen. Das geht aus einer [1][Antwort
der Senatsinnenverwaltung] auf eine Anfrage des Linken-Abgeordneten Ferat
Koçak hervor.
Der Hintergrund: Am ersten Juliwochenende [2][griff eine Gruppe von 15 bis
20 vermummten Neonazis vor dem Bahnhof Ostkreuz mit Knüppeln, Schlagstöcken
und Pfefferspray mehrere Personen an], die sich dort für die gemeinsame
Anfahrt zur Demonstration „Nach den Rechten schauen“ in Kaulsdorf
verabredet hatten.
Der Überfall dauerte nur eine halbe Minute, mehrere Antifaschist*innen
wurden verletzt, zwei mussten mit Kopfverletzungen ins Krankenhaus. Auch
zwei Bundespolizist*innen, die einschreiten wollten, wurden leicht
verletzt. Die Täter, die der Neonazipartei „[3][Der Dritte Weg]“ und deren
Nachwuchsorganisation „Nationalrevolutionäre Jugend“ (NRJ) zugerechnet
werden, konnten vorerst fliehen.
Wie die Innenverwaltung nun einräumt, war den Behörden das Szenario eines
Neonazi-Angriffs durchaus bewusst. Staatssekretärin Franziska Becker (SPD)
schreibt, es „lag für die Polizei Berlin im Bereich des Wahrscheinlichen,
dass Kleingruppen der rechten Szene vor und nach der Versammlung, den
Kontakt zu (mutmaßlichen) Mitgliedern der linken Szene für eine körperliche
Auseinandersetzung suchen würden“.
## Keine „polizeiliche Begleitung der Anreise“ – warum?
Das sei in der Einsatzplanung und -durchführung auch berücksichtigt worden,
heißt es weiter. Wie genau – das bleibt unklar, denn: „Eine polizeiliche
Begleitung der Anreise von Versammlungsteilnehmenden durch die Polizei
Berlin erfolgte nicht“, stellt Becker klar. Auf eine Nachfrage der taz am
Montag, warum trotz der Bedrohungslage darauf verzichtet wurde, antwortete
die Polizei bis Redaktionsschluss nicht.
So durfte der Schlägertrupp die Prügelattacke am helllichten Tag, mitten in
Friedrichshain, ohne nennenswerte Gegenwehr verüben. Zur Unterstützung
herbeigerufene Streifen der Berliner Polizei konnten nur noch die Umgebung
nach den Tätern absuchen. Erst später nahmen Beamte in Kaulsdorf die
Personalien von drei mutmaßlichen Neonazis auf, die dort Anreisende
beobachteten.
Ferat Koçak, Fraktionssprecher für antifaschistische Politik, zeigt sich
fassungslos: „Seit Monaten fallen der ‚Dritte Weg‘ und die NRJ auf mit
[4][Kampfsporttrainings] in öffentlichen Parks und Sportanlagen,
[5][Rekrutierungsversuchen an Schulen] und auch mit [6][körperlichen
Auseinandersetzungen]. Trotzdem konnte es zu diesem gewaltsamen Angriff
kommen.“ Die Tat müsse umfassend aufgeklärt werden, fordert Koçak – und ob
sie „durch Unterlassungen bei der polizeilichen Einsatzplanung begünstigt
wurde“
Noch unklar ist, wie sehr eine [7][Großrazzia von Mitte Juli] zur
Aufklärung beiträgt. 9 Verdächtige im Alter von 17 bis 21 Jahren wurden
festgenommen sowie Waffen sichergestellt.
5 Aug 2024
## LINKS
DIR [1] https://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/19/SchrAnfr/S19-19733.pdf
DIR [2] /Neonazi-Attacke-auf-Antifas/!6019369
DIR [3] /Der-III-Weg/!t5420776
DIR [4] https://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/19/SchrAnfr/S19-19779.pdf
DIR [5] /Rechtsextreme-Vorfaelle-an-Schulen/!6025879/
DIR [6] /Rechtsextreme-Vorfaelle-in-Berlin/!6003290
DIR [7] /Razzia-bei-Neonazipartei-Dritter-Weg/!6020758
## AUTOREN
DIR Hanno Fleckenstein
## TAGS
DIR Schwerpunkt Neonazis
DIR Schwerpunkt Antifa
DIR Der III. Weg
DIR Polizei Berlin
DIR Social-Auswahl
DIR Rechte Gewalt
DIR Schwerpunkt Neonazis
DIR Longread
DIR Schwerpunkt Neonazis
DIR Nazis
DIR Der III. Weg
DIR Der III. Weg
## ARTIKEL ZUM THEMA
DIR Rechte Gewalt: Neues rechtes Selbstbewusstsein
Die Kriminalitätsstatistik von 2024 zeigt: Rechtsextreme Straftaten sind
weiter gestiegen. Linke Straftaten sind dagegen zurückgegangen.
DIR Neonazi-Kampftrainings in Berlin: Pankows Kampf gegen rechte Räume
Militante Neonazis trainieren seit Jahren in Pankow in bezirklichen
Sportanlagen. Der Skandal beschäftigt auch die
Bezirksverordnetenversammlung.
DIR Rechtsextreme Aufmärsche in England: Bristol trotzt dem rechten Mob
In der Hafenstadt randalierten Rechtsextreme und Wutbürger. Ob
Polizeiknüppel die Antwort darauf sind, zweifelt auch die Antifa an.
DIR Rechtsextreme auf Berliner Sportplätzen: Geduldete Neonazis
Seit Jahren trainieren Rechtsextreme in Pankow in einer bezirklichen
Sportanlage. Die jeweiligen Stadträt:innen schauen ebenso lange einfach
weg.
DIR Rechtsextreme Jugend: Rückkehr der Springerstiefel
Von der Propaganda auf Tiktok zur Aktion auf der Straße: Eine rechte
Jugendkultur breitet sich aus und bringt neue Gruppen zum Vorschein.
DIR Razzia bei Neonazipartei Dritter Weg: Ein Übergriff zu viel
Die Berliner Staatsanwaltschaft ermittelt gegen 9 Neonazis wegen eines
Überfalls auf Antifas – und Polizisten. Zahlreiche Waffen werden
beschlagnahmt.
DIR Neonazi-Attacke auf Antifas: Weg der Gewalt
Antifaschisten werden auf der Anreise zu einer Demo am Ostkreuz von
Neonazis attackiert. Die Täter gehören mutmaßlich zur Partei „Der Dritte
Weg“.