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       # taz.de -- Potsdamer Garnisonkirche: Wahrzeichen oder rechtes Symbol?
       
       > In zwei Wochen soll der Turm der Garnisonkirche in Potsdam eröffnet
       > werden. Für Kritiker steht sie für Militarismus und Nationalismus.
       
   IMG Bild: Der wiederaufgebaute Turm der Garnisonkirche in Potsdam
       
       Potsdam taz | Mit dem Turm [1][der Potsdamer Garnisonkirche] soll eines der
       umstrittensten Bauvorhaben der vergangenen Jahrzehnte in rund zwei Wochen
       seinen Abschluss finden. Bei der Eröffnung am 22. August wird unter anderem
       Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sprechen, wie Vertreter der
       Stiftung Garnisonkirche am Dienstag bei einer Pressekonferenz ankündigten.
       Kritiker*innen planen schon Protestaktionen gegen die Eröffnung des
       Gebäudes, das sie als Symbol für deutschen Militarismus und Nationalismus
       ablehnen.
       
       Der Verwaltungsvorstand der Stiftung Garnisonkirche, Peter Leinemann,
       sprach am Dienstag von einem „Turm für die Menschen“. Irritierenderweise
       erwähnte Leinemann in diesem Zusammenhang auch die kürzlich eröffnete Neue
       Potsdamer Synagoge – freilich „ohne irgendeinen Vergleich ziehen zu
       wollen“, wie er beteuerte.
       
       Tatsächlich könnte der Kontrast nicht größer sein. Die Anfang des 18.
       Jahrhunderts errichtete Garnisonkirche galt spätestens seit der
       Reichsgründung 1871 als Symbol für die enge Verbindung von protestantischer
       Kirche und aggressivem Militarismus, Autoritarismus und Nationalismus. 1933
       bildete sie [2][die Kulisse für einen Handschlag zwischen dem gerade neu
       gewählten Reichskanzler Adolf Hitler und Präsident Paul von Hindenburg]. Im
       Zweiten Weltkrieg bei einem Luftangriff der Alliierten schwer beschädigt,
       ließ die Potsdamer Stadtverordnetenversammlung die Ruinen der Kirche 1968
       sprengen.
       
       Die Initiative zum Wiederaufbau ging nach dem Mauerfall von dem
       Ex-Bundeswehroffizier Max Klaar aus, einem Rechtsradikalen. Nachdem der
       sich 2005 mit der evangelischen Landeskirche zerstritten hatte und seinen
       Verein aufgelöst hatte, übernahm die Fördergesellschaft für den
       Wiederaufbau der Garnisonkirche das Anliegen. 2008 wurde eine Stiftung
       gegründet, die den Aufbau des Turms insbesondere mit Geld des Bundes und
       Unterstützung der langjährigen Kulturstaatsminsterin Monika Grütters (CDU)
       vorantrieb. Pläne, auch das Kirchenschiff wieder aufzubauen, sind
       inzwischen weitgehend aufgegeben.
       
       ## Ausstellung in der Kirche soll beschwichtigen
       
       Die Stiftung hinter der Garnisonkirche gibt sich nun große Mühe, Bedenken
       zu zerstreuen. Auf einer Website, die am Dienstag online ging, werden
       Tourist*innen gelockt, „das Wow-Wahrzeichen“ zu erleben. Es wird aber
       auch auf die Ausstellung verwiesen, die im Gebäude ebenfalls am 22. August
       eröffnen soll. Unter dem Titel „Glaube, Macht und Militär“ solle „für
       Gefährdungen von Demokratien“ sensibilisiert werden. Verwaltungsvorstand
       Leinemann betonte, dass die AfD zur Eröffnung nicht eingeladen sei. Man
       wolle sich kritisch mit der Geschichte auseinandersetzen. „Wo nichts ist,
       wird auch nicht gefragt“, so seine Begründung, warum dafür der Wiederaufbau
       nötig gewesen sei.
       
       „Versöhnungsrhetorik“ nennt das [3][der Architekt Philipp Oswalt], einer
       der bekanntesten Gegner des Wiederaufbaus, die sich unter anderem in einer
       Bürgerinitiative zusammengeschlossen haben. „Natürlich“ werde man am 22.
       August gegen die Eröffnung demonstrieren. Er kritisiert den äußerlich
       originalgetreuen Wiederaufbau: „Es gibt kein Bemühen, die Symbolkraft des
       Gebäudes zu brechen“. Die aus seiner Sicht viel zu kleine Ausstellung auf
       einem unattraktiven mittleren Stockwerk des Turms ändere daran nichts,
       genauso wenig wie die Beteuerungen der Verantwortlichen, man stelle sich
       gegen Nazis. „Die Rechtsextremen kümmert nicht, was drinnen gepredigt
       wird“, so Oswalt.
       
       Auch die Behauptung, wonach die Stiftung sich stets eindeutig gegenüber Max
       Klaar abgegrenzt habe, stellt der Architekt infrage. „Das Geld, das Klaar
       gesammelt hatte, ist über Umwege in den Bau des Turms geflossen.“ Die
       Stiftung selbst führe bis heute in ihrer Satzung geschichtsrevisionistische
       Behauptungen zu den Luftangriffen der Alliierten an. Dass Bundespräsident
       Steinmeier die Schirmherrschaft für den Wiederaufbau übernahm und zur
       Eröffnung sprechen wird, sei deshalb „indiskutabel“, so Oswalt.
       
       6 Aug 2024
       
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       ## AUTOREN
       
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